Aktionärsschützer prangern an

Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger legt das Schwarzbuch Börse 2016 vor

Aktionärsschützer prangern an

dm Frankfurt – Alle Jahre wieder, kurz vor Weihnachten, legt die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) ihr Schwarzbuch Börse vor, in dem “Skandale, Missstände und Pleiten” am Kapitalmarkt an den Pranger kommen. Das Buch blickt auch auf die Bankenkrise in Italien und den Energiesektor in den USA – ein Sammelsurium an Aufregern durch die Brille der Anlegerschützer. Ratings fehlt AussagekraftBesonders ernüchternd falle die Bilanz 2016 bei den Mittelstandsanleihen aus, schreibt die SdK. Zum Beginn des vierten Quartals 2016 seien in diesem Segment bereits 45 der 220 seit 2010 getätigten Emissionen ausgefallen. Nach Erhebung von Euler Hermes Rating im August 2016 liege dabei die Ausfallquote bei den Investment-Grade-Bonds bei 40 %, bei den hochverzinsten Anleihen mit hohem Ausfallrisiko nur bei 15 %. “Da mehr als die Hälfte der Emissionen mit einem Investment-Grade-Rating versehen war, ist die Rating-Industrie einmal mehr zu einem Teil des Problems und nicht der Lösung geworden”, schreibt die SdK.Insolvenzträchtige Branchen waren Mode, regenerative Energien und Finanzdienstleistungen. Zu den vielen Pleiten zählte etwa Steilmann, die kurz nach dem Börsengang in die Pleite rutschte. Im Fall des Holzpelletanbieters German Pellets hatten 17 000 Privatanleger seit 2008 über 270 Mill. Euro in Genussrechte und Anleihen im Feuer. Den größten Flop legte die KTG-Gruppe hin. KTG Agrar konnte ihre im Juli 2017 fällige Anleihe mit 250 Mill. Euro Volumen nicht mehr bedienen. Unternehmenschef Peter Leibold habe “dank einer trickreichen Gestaltung des Firmenimperiums weiterhin die Kontrolle über wesentliche Vermögenswerte”, so die SdK.Im Aktiensegment ist unter anderem das Verlagshaus Bastei Lübbe unerfreulich aufgefallen. Nach einem Medienbericht, wonach es bilanzielle Unstimmigkeiten im Zusammenhang mit der Entkonsolidierung der E-Book-Plattform Oolipo und dem Spieleentwickler Daedalic gebe, trat der gesamte Aufsichtsrat zurück. Die Ergebnisse der Geschäftsjahre 2014/15 und 2015/16 mussten korrigiert werden, der Aktienkurs brach von 7,50 Euro auf unter 5,50 Euro ein.Aus Sicht des Privatanlegers kein Ruhmesblatt war auch der Machtkampf zwischen zwei Großaktionärsgruppen um die strategische Ausrichtung der Constantin Medien. Auch das Thema Delisting – der Rückzug aus einem regulieren Börsensegment – bot 2016 Stoff für die Aktionärsschützer. Ein besonders schlimmer Fall, so die SdK, sei KWG Kommunale Wohnen, ein Unternehmen mit zufriedenstellender wirtschaftlicher Entwicklung, das überraschend Anfang März das Delisting aus dem Entry Standard Frankfurt angekündigt habe. Der Großaktionär Conwert Immobilien habe ein freiwilliges Angebot über 10,80 Euro je Aktie vorgelegt, die Papiere blieben an der Börse Hamburg handelbar. Prüfe, wer prüftIm Oktober sollte dann auf einer außerordentlichen Hauptversammlung die Umwandlung in eine GmbH beschlossen werden, wobei ausstiegswilligen Aktionären eine Barabfindung von 11,08 Euro angeboten wurde, basierend auf dem Nettovermögenswert (NAV). Das Landgericht Berlin habe zwar mit der Aios Wirtschaftsprüfungsgesellschaft einen Umwandlungsprüfer bestellt, um die Angemessenheit des Barabfindungsangebots zu prüfen.”Dieser war aber unserer Meinung nach in keiner Weise unabhängig, da die Bestellung auf Vorschlag von KWG erfolgte und der Prüfer bereits vorher für KWG tätig war”, urteilt die SdK. Die Aktionärsschützer folgern: “Wie beinahe durchgängig üblich, machte sich das zuständige Gericht keine Mühe, selbstständig einen wirklich unabhängigen Prüfer von sich aus zu bestimmen, und offenbarte damit eine der vielen Gesetzeslücken beim Anlegerschutz.”