Analysten kappen Kursziele für Zalando
hek Frankfurt – Nach der drastischen Gewinnwarnung haben Analysten ihre Kursziele für den Online-Modehändler Zalando reihenweise gekürzt. So senkt die Deutsche Bank den Zielwert von 76 auf 42 Euro, während die US-Bank J.P. Morgan auf 32 (vorher 55) Euro kommt und die britische Barclays auf 30 (48) Euro. Die meisten Kursziele liegen allerdings noch deutlich über der aktuellen Notierung. Eine Ausnahme ist Bank of America, die weiteres Abwärtspotenzial ausmacht und dem Wertpapier statt bisher 28 Euro nur noch 18 Euro zubilligt.
An der Börse geriet die im Dax vertretene Aktie am Freitag zunächst stark unter Druck. Im Tief sackte die Notierung auf Xetra unter 21 Euro, ein Minus von 18% im Vergleich zum Vortagesschlusskurs. Damit wurde sogar der Ausgabepreis von 21,50 Euro beim Börsengang im Herbst 2014 unterschritten. Im Verlauf erholte sich die Aktie und schloss mit 25,14 Euro (minus 1,6%).
Zalando hatte am Donnerstag nach Xetra-Handelsschluss die Jahresprognose für den um Sondereinflüsse bereinigten Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) auf 180 Mill. bis 260 Mill. Euro halbiert. Beim Umsatz rechnet das Management bestenfalls noch mit einer Ausweitung von 3%, hält aber auch eine Stagnation für möglich. Im Startquartal 2022 waren die Erlöse erstmals seit Firmengründung 2008 geschrumpft. Zalando geht davon aus, dass die Analystenschätzungen für das zweite Quartal 2022 deutlich verfehlt werden. Der Berliner Konzern reagiert mit einer Kürzung der Marketingausgaben, einer Anpassung der Investitionen in die Logistik und Mindestbestellwerten in weiteren 15 Ländern, die Miniorders unattraktiver machen.
Zalando rechnet nach eigenen Angaben nicht mehr mit einer kurzfristigen Erholung der Verbraucherstimmung, doch liegt auch der gekappten Prognose die Erwartung zugrunde, dass sich das Wachstum in der zweiten Jahreshälfte beschleunigt und die Profitabilität deutlich steigt.
Die Deutsche Bank führt die Herabstufung des Gewinnausblicks zu 90% auf den verringerten operativen Hebel infolge des niedrigeren Umsatzausblicks zurück und zu 10% auf eine schwächere Bruttomarge als erwartet. Die neue Prognose hält Analyst Adam Cochrane für realistisch. Anleger könnten jetzt zu einer günstigen Bewertung in einen Qualitätstitel investieren. Beim Börsengang 2014 habe die Umsatzbasis gerade einmal 3 Mrd. Euro betragen. Für 2022 erwartet Zalando nun 10,4 Mrd. bis 10,7 Mrd. Euro Umsatz.
Die Schweizer Großbank UBS verweist auf die Prognosesenkung des britischen Online-Modehändlers Asos vor einer Woche. Daher hätten Investoren für Zalando durchaus mit einer Gewinnwarnung gerechnet. Diese stuft die DZ Bank als „heftig“ ein. Auch für Bank of America fällt die Gewinnwarnung „massiver als befürchtet“ aus. Das zweite Quartal habe mit Blick auf das über die Plattform abgewickelte Bruttowarenvolumen und das Ebit nicht die erhoffte Verbesserung gebracht.
Das Wachstum dürfte über längere Zeit belastet sein, befürchtet Analyst Geoffroy de Mendez. Die Entscheidung, die Ausgaben für Marketing und Service zu verringern, um Kosten zu sparen, könne das Wachstum zusätzlich bremsen, und aufgestockte Lagerbestände dürften nach Einschätzung des Bank-of-America-Analysten zu mehr Rabattaktionen führen und damit die Marge drücken.