Infrastruktur

Atlantia setzt radikalen Umbau fort

Der italienische Infrastrukturkonzern Atlantia setzt seinen radikalen Umbau fort. Nach dem Verkauf seiner wichtigsten Beteiligung, eines Anteils von 88% an dem Autobahnbetreiber Autostrade per l’Italia (Aspi), an ein Konsortium aus der mehrheitlich...

Atlantia setzt radikalen Umbau fort

bl Mailand

Der italienische Infrastrukturkonzern Atlantia setzt seinen radikalen Umbau fort. Nach dem Verkauf seiner wichtigsten Beteiligung, eines Anteils von 88% an dem Autobahnbetreiber Autostrade per l’Italia (Aspi), an ein Konsortium aus der mehrheitlich staatlichen Förderbank Cassa Depositi e Prestiti (CDP), Blackstone und Macquarie, der schnellstmöglich abgeschlossen werden soll, peilt CEO Carlo Bertazzo vor allem internationales Wachstum an.

Dabei will er auch durch Akquisitionen wachsen: Im Visier sind Übernahmen, die dazu beitragen, die Geschäftsfelder Autobahnkonzessionen, Flughäfen sowie digitale Zahlungssysteme zu stärken. So wurde kürzlich ein Anteil an dem deutschen Flugtaxihersteller Volocopter übernommen, für den in Rom eine Abflugstation gebaut wird.

Eine zentrale Rolle im Rahmen der neuen Strategie spielt die Mautgesellschaft Telepass. Sie hat 7 Millionen Kunden in Europa und ist mit einem Anteil von 35% Marktführer in Europa. Vor wenigen Monaten hat Atlantia für 1,1 Mrd. Euro einen Anteil von 49% an die Schweizer Private-Equity-Gesellschaft Partners Group verkauft mit der Option, Telepass 2024 an die Börse zu bringen.

Der Börsenkurs der zu 30% von der Familie Benetton kontrollierten Atlantia zeigte zuletzt zaghafte Erholungstendenzen. Seit dem 20. Juli stieg er von 14,43 auf jetzt 16 Euro. Das ist weit weg von den 28,40 Euro im Mai 2018. Dazwischen lagen jedoch der Einsturz der Autobahnbrücke von Genua, die zum Aspi-Netz gehörte, und die Corona-Pandemie. Analysten von SocGen raten zum Kauf der Atlantia-Aktie mit Kursziel 18 Euro. Zum Kursanstieg tragen sicher die Erholung an den Flughäfen Nizza, Cannes, Saint-Tropez und Rom, die allesamt von dem Infrastrukturkonzern betrieben werden, sowie die sich allmählich stabilisierenden Mauteinnahmen bei.

Bertazzo sieht Atlantia als Holding, deren Fokus im Bereich Infrastruktur liegt – mit neuen, innovativen Mobilitätsmodellen und Venture-Capital-Projekten, wo immer möglich in Allianzen und Partnerschaften. Nach der Trennung von Aspi hat Atlantia gerade auch den Verkauf einer Beteiligung an dem portugiesischen Brückenkonzessionär Lusoponte bekannt gegeben. Atlantia ist mit 50% plus einer Aktie an dem spanischen Infrastrukturunternehmen Abertis beteiligt und mit 16% zweitgrößter Anteilseigner am deutschen Baukonzern Hochtief.

Bertazzo will 2022 die seit 2018 unterbrochenen Dividendenzahlungen wieder aufnehmen und peilt Aktienrückkäufe im Volumen von 1 bis 2 Mrd. Euro an. Im ersten Halbjahr sind die Erlöse um 14% auf 2,8 Mrd. Euro gestiegen, und nach hohen Verlusten 2020 wurde wieder ein (Mini-)Gewinn von 14 Mill. Euro ausgewiesen. Für die Tochter Telepass muss nun eine Börsenstory geschrieben werden. Sie soll zu einer innovativen paneuropäischen Multi-Dienstleistungsplattform ausgebaut werden, die auch Dienstleistungen für Versicherungen erbringt und generell im Bereich Mobilität tätig ist. Telepass hat sich zuletzt an einem Start-up für Autowäsche beteiligt und ist eine Partnerschaft im Carsharing eingegangen.