Ausfinanzierungsgrad auf höchstem Stand seit 2007
md Frankfurt
Die erste Jahreshälfte 2021 hat ganz im Zeichen der wirtschaftlichen Erholung gestanden, nachdem das Coronajahr 2020 auch die Pensionswerke der Dax- und MDax-Unternehmen beeinflusst hatte. Während der Rechnungszins seit Jahresanfang um 40 Basispunkte auf 1,20% stieg, sank der Umfang der Dax-Pensionsverpflichtungen in den ersten sechs Monaten um 7,2% auf 379,6 Mrd. Euro, wie die Unternehmensberatung Willis Towers Watson in einer Modellberechnung, dem German Pension Finance Watch, ermittelte. Demnach sank das Volumen der MDax-Pensionsverpflichtungen seit Ende Dezember um 7% auf 115,8 Mrd. Euro.
Aktienrally hilft
Gleichzeitig erreichten einige Aktienindizes Rekordstände. In der Folge wuchsen gemäß der Kalkulation die Pensionsvermögen der Dax-Konzerne um 2,6% auf 272,8 Mrd. Euro; bei den MDax-Unternehmen habe das Plus 3,9% auf 77,1 Mrd. Euro betragen. Dadurch stieg der Ausfinanzierungsgrad, also das Verhältnis von Pensionsvermögen zu Pensionsverpflichtungen, auf 71,9% im Dax und 66,6% im MDax.
„Einen so hohen Ausfinanzierungsgrad erreichten die Pensionswerke der Dax-Unternehmen zuletzt vor der Lehman-Krise im Geschäftsjahr 2007“, berichtet Heinke Conrads, Leiterin Retirement Deutschland und Österreich bei Willis Towers Watson. Die Expertin für betriebliche Altersversorgung (bAV) betont: „Seitdem ist es den Dax-Unternehmen – trotz aller zwischenzeitlichen Kapitalmarktschwankungen – durchgehend gelungen, den Ausfinanzierungsgrad stabil bei meist etwa 65% zu halten. Dies war möglich, weil Pensionspläne und ihre Finanzierungsstrategien frühzeitig ‚wetterfest‘ aufgestellt wurden.“
„Dass die Pensionswerke gerade jetzt ‚Rückenwind‘ bekommen, ist für die Unternehmen erfreulich“, meint Conrads. „Sie profitieren nun sowohl von einem langjährigen vorausschauenden Management ihrer Pensionswerke als auch vom guten wirtschaftlichen Umfeld – und haben den Kopf frei für das Kerngeschäft.“
Volatile Inflationserwartung
Willis Towers Watson weist darauf hin, dass gestiegene Inflationserwartungen und Renditen Mitte des ersten Kalenderviertels vorübergehend für Unsicherheiten bei den Marktteilnehmern gesorgt hatten. Diese flachten jedoch zum Ende des ersten Quartals wieder etwas ab, nachdem die Notenbanken ihre geldpolitischen Ausrichtungen bekräftigt und keine kurzfristigen Veränderungen ihrer Strategien in Aussicht gestellt hatten. Dies stabilisierte die langfristige Inflationserwartung per Ende Juni auf dem Niveau von Ende 2020.
In ihrer Sitzung am 8. Juli verkündete die EZB allerdings ihre Absicht, künftig anstelle von „knapp unter 2%“ ein mittelfristiges Inflationsziel von 2% zu verfolgen. Welche Auswirkungen dies auf die tatsächliche Inflation bzw. die längerfristige Inflationserwartung und damit auch auf die Pensionsverpflichtungen haben wird, bleibt nach Ansicht der Berater abzuwarten.