Australien storniert Megaauftrag für Naval
wü Paris
Der von Australien mit den USA und Großbritannien geschlossene Sicherheitspakt hat in Frankreich für Wut und Empörung gesorgt. Denn in dessen Rahmen wollen die Vereinigten Staaten und Großbritannien Australien beim Bau von atomgetriebenen U-Booten helfen. Canberra hat deshalb die Stornierung des zuvor von der französischen Verteidigungsindustrie als „Jahrhundertvertrag“ gefeierten Abkommens bestätigt, das den Kauf von zwölf Angriffs-U-Booten von dem früher unter dem Namen DCNS bekannten französischen Militärschiffbauer Naval Group für die australische Marine vorsah.
Inklusive eines Wartungsvertrages für die U-Boote mit einer Laufzeit von 50 Jahren soll sich das Auftragsvolumen auf 34 Mrd. Euro belaufen haben. Der 2016 angekündigte Auftrag war 2019 besiegelt worden. Um ihn hatten sich auch Thyssenkrupp Marine Systems aus Deutschland und ein Konsortium um Mitsubishi und Kawasaki aus Japan bemüht.
„Große Enttäuschung“
Naval Group bezeichnete die Entscheidung Canberras als große Enttäuschung. Der Militärschiffbauer werde eine ordentliche Entschädigung fordern, kündigte ein Sprecher an. Von der geplanten Kooperation für atomgetriebene U-Boote könnten in den USA Electric Boats, eine Tochter von General Dynamics, und der 2011 von Northrop Grumman abgespaltene Schiffbauer Huntington Ingalls Industries profitieren.
Er sei sehr wütend, sagte Außenminister Jean-Yves Le Drian dem Radiosender „France Info“. Die Entscheidung Australiens sei wie ein Dolchstoß in den Rücken. „Das macht man nicht unter Alliierten.“ Es seien Klarifizierungen nötig, denn es gebe Verträge, so Le Drian, während dessen Amtszeit als Verteidigungsminister von Ex-Präsident François Hollande das Abkommen mit Australien eingefädelt worden war. Wegen des Großauftrages für die U-Boote arbeiten bereits Australier in Cherbourg bei Naval Group. Gleichzeitig befinden sich Mitarbeiter des französischen Militärschiffbauers in Adelaide.
Pierre Éric Pommellet, der seit März 2020 an der Spitze von Naval Group steht, reiste am Donnerstag nach Cherbourg, um mit Gewerkschaftsvertretern und den Teams zu sprechen, die an dem Auftrag für Australien mitwirken. Von den 3400 Mitarbeitern der Gruppe in der normannischen Stadt sind rund 500 in das australische U-Boot-Programm involviert.
Pommellet war im Februar nach Australien geflogen, um dort Sorgen hinsichtlich der australischen Beteiligung an dem Programm zu beruhigen. So versprach er die Schaffung von 1700 Arbeitsplätzen bis 2028 und die Realisierung von 60% des Auftragswertes vor Ort. Die australische Presse habe den Auftrag für Naval Group dennoch ständig kritisiert, heißt es jetzt in Frankreich.
Der Rüstungselektronik- und Luftfahrtkonzern Thales bestätigte nach der Stornierung des Auftrags durch Australien alle seine finanziellen Ziele für das laufende Jahr. Er hält 35% des Kapitals von Naval Group. Thales erwarte keine signifikanten Auswirkungen durch die Ankündigungen auf das Ergebnis vor Steuern (Ebit) über den Beitrag von Naval Group, erklärte der Konzern. 2019 hatte der Militärschiffbauer 65 Mill. Euro zum Ebit von Thales beigetragen, was 3% entspricht. Im letzten Jahr waren es mit 22 Mill. Euro 2%. Thales peilt für dieses Jahr einen Umsatz von 17,5 bis 18 Mrd. Euro, eine Book-to-Bill-Rate von über 1 und eine Ebit-Marge von 9,5% bis 10% an.
Noch reichlich zu tun
Naval Group soll bis 2030 noch fünf U-Boote des Typs Barracuda für Frankreich bauen. Die Werftengruppe muss zudem die Konzeption von vier künftigen, mit Sprengköpfen bestückten nuklearen U-Booten des Typs SNLE3G sowie des künftigen atomaren Flugzeugträgers Frankreichs vorbereiten. Die SNLE3G-U-Boote sollen von 2035 an die U-Boote des Typs Le Triomphant ersetzen. Der Militärschiffspezialist baut zudem sechs konventionelle U-Boote für Indien und vier für Brasilien. Er hofft nun auf neue Aufträge aus den Niederlanden und Indien.