US-AUTOZÖLLE

Autobauern droht spürbare Belastung

Von den deutschen Herstellern ist Audi am stärksten betroffen - BMW und Daimler können Zusatzkosten mit Werken vor Ort abfedern

Autobauern droht spürbare Belastung

Hohe US-Einfuhrzölle dürften die deutsche Premium-Autohersteller empfindlich belasten. Audi spürte das am deutlichsten, während BMW und Daimler die Mehrkosten aufgrund ihrer US-Werke abfedern könnten. Der Zollabbau in China würde aber den negativen US-Effekt sogar überkompensieren.Von Stefan Kroneck, MünchenDie Drohung von US-Präsident Donald Trump, hohe Zölle auf importierte Autos zu erheben, hat die Anleger abermals in Aufregung versetzt. Am Donnerstag gerieten an den Börsen Autowerte unter Druck. Die Aktien der japanischen Produzenten Toyota, Mazda und Nissan verloren bis zu 5 %, die Papiere der deutschen Autokonzerne gaben ebenfalls deutlich nach. Mit Kurseinbußen von über 3 % führten die Aktien von BMW, Daimler und Volkswagen zeitweise die Verliererliste im Dax an. Anlass für die Befürchtungen der Investoren war die Nachricht, dass Trump das US-Handelsministerium anwies zu prüfen, ob die Pkw-Einfuhren die nationale Sicherheit bedrohten. Obgleich aus Sicht von US-Handelsminister Wilbur Ross, der darüber bereits seinen Amtskollegen James Mattis vom Verteidigungsministerium informierte, die Frage mit ja zu beantworten wäre, wird es noch Monate dauern, bis ein Ergebnis der Untersuchung vorliegt. Bis dahin wird am Markt weiterhin Unsicherheit darüber herrschen, ob Trump seinen Plan tatsächlich umsetzt oder nicht. Faktor Importquote Ungeachtet dessen ist es Fakt, dass US-Importzölle die Hersteller je nach Umfang und Struktur des Nordamerika-Geschäfts unterschiedlich stark träfen. Dabei gilt: Je höher die Importquote unter den verkauften Fahrzeugen ist, desto größer fällt die Belastung für die Unternehmen aus. Hierbei fallen die japanischen und die deutschen Produzenten ins Gewicht, gehören sie doch zu den bedeutenden ausländischen Pkw-Anbietern auf dem US-Markt.In Bezug auf die drei deutschen Autokonzerne, die sich auf das Segment der teuren Oberklassefahrzeuge (Premium) spezialisiert haben, würden die Mehrkosten unterschiedlich stark ausfallen. Dabei können vor allem BMW und Daimler die Belastungen abfedern, fertigen sie doch für den US-Markt vor Ort mit eigenen Werken. Audi hingegen stände im Regen. Die Ingolstädter VW-Tochter hat keine eigene Fertigung in den USA. Das lässt sich an einem Fallbeispiel verdeutlichen. Dabei wird angenommen, dass Trump die Autozölle auf 25 % ansetzt, wie zuletzt in US-Medien spekuliert wurde. Pro abgesetztem Fahrzeug wird ein durchschnittlicher Preis von 45 000 Dollar angesetzt. Das kommt der Realität recht nahe, bedienen die deutschen Hersteller doch vor allem das hochpreisige Segment der sportlichen Geländewagen (SUVs). Unter diesen Voraussetzungen trifft Trumps Protektionismus Audi mit ihrer Importquote von 100 % voll. Die von den Ingolstädtern im vergangenen Jahr ausgelieferten 226 511 Fahrzeuge brachten einen Bruttoerlös von geschätzten 10,2 Mrd. Dollar. Mit dem Zolltarif erhöht sich der Durchschnittspreis pro Pkw auf über 56 000 Dollar. Dadurch stiegen die US-Erlöse auf 12,7 Mrd. Dollar. Der Staat würde die Differenz von 2,5 Mrd. Dollar einstreichen. Für BMW wäre die Belastung geringer, obwohl der Konzern in den USA deutlich mehr Autos verkauft. Da die Münchner aber vor Ort fertigen (Werk Spartanburg in South Carolina), liegt ihre Importquote bei 66 %. Das betraf im vergangenen Jahr 202 201 Fahrzeuge von insgesamt 353 819 abgesetzten. Mit dem Zoll stiegen die Bruttoeinnahmen in den USA um 25 % auf 11,3 Mrd. Dollar. Der Staat schöpft die Differenz von 2,2 Mrd. Dollar ab. Die US-Importquote von Daimler (Werk Tuscaloosa in Alabama) dürfte ähnlich hoch sein wie die von BMW. Ob der Schaden tatsächlich so hoch ausfällt, hängt unter anderem davon ab, wie die amerikanischen Kunden auf die Zölle reagieren. Mancher Finanzexperte rechnet mit “massiven Absatzeinbußen” für die deutschen Autokonzerne in den USA. China bringt EntlastungDas wäre der Fall, wenn die Verbraucher sich sehr preissensibel verhalten. Allerdings handelt es sich in der Premiumklasse um ein Segment, das gut situierte Abnehmer bedient. Das heißt, diese Kundengruppe dürfte ihre Nachfrage im Fall von Preiserhöhungen weniger stark drosseln als allgemein angenommen. Hinzu kommt, dass die betroffenen Unternehmen aufgrund ihres weltweiten Produktionsnetzes flexibel auf Strafzölle reagieren können. Großkonzerne wie BMW, Daimler und Volkswagen könnten ihre Fertigung und Warenströme in Regionen verlagern, die weniger stark oder sogar überhaupt nicht von den Maßnahmen der US-Regierung betroffen wären. Dies wäre der Fall, wenn die Trump-Administration auf Zölle für Autoeinfuhren aus Mexiko weiter verzichtet. Das südliche Nachbarland hat sich wegen seiner Mitgliedschaft in der Nordamerikanischen Freihandelszone (Nafta) und aufgrund zahlreicher bilateraler Freihandelsabkommen (darunter mit der EU) zu einem Eldorado für die Autoindustrie entwickelt. Alle großen Hersteller beliefern den US-Markt großteils von Mexiko aus. Trump zeigte bisher eine Beißhemmung bei seinem Versuch, das Nafta-Abkommen zu kippen. Ungeachtet dessen spielen die USA ohnehin nicht mehr die Rolle für die deutschen Autobauer wie noch ein Jahrzehnt zuvor. China ist mittlerweile der größte Automarkt der Welt. Die USA sind auf Platz 2 zurückgefallen. Für die Branche spielt in der Volksrepublik die Musik. China ist für das deutsche Trio der größte Einzelmarkt. Pekings Senkung der Importzölle für Autos dürfte deren Geschäft zusätzlich befeuern. Gut möglich, dass sie dadurch die Belastungen durch US-Zölle mehr als kompensieren können.