Automesse im Zeichen der Rivalität
Rivalität überschattet Automobilmesse
Stellantis-Chef Tavares warnt vor chinesischer Reaktion auf Strafzölle der EU
wü Paris
Nach einer Minimalschau im Zeichen der Corona-Krise vor zwei Jahren meldet sich die Pariser Automobilmesse Mondial de l'Auto jetzt mit zahlreichen Ausstellern aus aller Welt zurück. Vor dem Hintergrund einbrechender Absatzzahlen in Europa buhlen dort vor allem europäische und chinesische Hersteller um Kunden. Überschattet wurde der Auftakt auch von den drohenden Strafzöllen der EU von bis zu 35,3% auf Elektroautos, die aus China in die Europäische Union importiert werden.
„Ich glaube nicht, dass die Chinesen das so einfach hinnehmen werden“, erklärte Stellantis-Chef Carlos Tavares im Gespräch mit Journalisten. Es müsse zwar nicht unbedingt sein, dass sie im Gegenzug mit Zollabgaben für die Automobilindustrie reagieren, doch sie könnten dies bei anderen europäischen Exporten und Investitionen tun. „Bisher wissen wir nicht, wie die Chinesen reagieren werden“, sagte er. „Ich glaube, dass die Europäer überrascht sein werden.“
Werksschließungen nicht ausgeschlossen
Strafzölle seien zwar ein gutes Kommunikationsmittel, doch sie könnten die chinesischen Autobauer auch dazu bringen, selber Werke in Europa zu errichten, meint Tavares. Dadurch könnte sich das Problem der Überkapazitäten in Europa weiter verschärfen. Einige chinesische Hersteller haben wie BYD bereits angekündigt, Produktionsstandorte in Europa zu planen, um die Strafzölle zu umgehen.
Angesichts der Absatzkrise in der Automobilindustrie und der Konkurrenz aus China hat Tavares in einem Interview mit der Wirtschaftszeitung „Les Echos“ Werksschließungen in Europa nicht ausgeschlossen. Wenn die Chinesen am Ende ihrer Offensive einen Marktanteil von 10% in Europa erreichten, bedeute dies ein Volumen von 1,5 Millionen Autos. „Das entspricht sieben Montagewerken. Die europäischen Hersteller müssten diese dann entweder schließen oder an die Chinesen übergeben.“ Nach Angaben von Tavares ist die Aktivität der Werke von Stellantis in Frankreich und Italien jedoch bis 2032 definiert.
Chinesische Hersteller an europäischen Marken interessiert
Bereits jetzt haben seinen Angaben zufolge zahlreiche chinesische Autobauer bei ihm angeklopft, weil sie gerne eine europäische Marke kaufen möchten. „Aber ich habe abgelehnt“, erklärt Tavares. Der Stellantis-Chef, der letzte Woche seinen Rücktritt für 2026 angekündigt hat, schließt inzwischen den Verkauf unrentabler Marken nicht aus. Die Anfang 2021 aus der Fusion der Opel-Mutter PSA mit Fiat Chrysler entstandene Gruppe hat insgesamt 14 Marken im Portfolio und zusätzlich auch das Gemeinschaftsunternehmen mit dem chinesischen Elektroautobauer Leapmotor.
Opel sei sehr rentabel, sagte Tavares jetzt. Seines Wissens sei Maserati die einzige Marke aus dem Konzern, die unrentabel sei. Trotzdem will er sie nicht verkaufen. „Wir denken, dass wir die Probleme im Verkauf und Marketing identifiziert haben“, sagte er. „Wir werden ihr ihre Chance geben, das zu beheben.“ Dabei helfen soll auch der gerade berufene neue Chef Santo Ficili, der Davide Grasso am Ruder von Maserati ablöst und auch die Verantwortung für Alfa Romeo übernimmt.
Tavares will Probleme in Nordamerika bis Weihnachten lösen
Beheben will Tavares bis Weihnachten auch die Probleme auf dem amerikanischen Markt, wegen denen Stellantis gerade eine Gewinnwarnung abgeben musste. „Wir haben das Marketing angepasst“, sagte er. Das soll helfen, die Überkapazitäten abzubauen. Die Probleme hätten schneller behoben werden können, wenn er den Teams vor Ort weniger Freiheiten gelassen hätte.