BaFin-Geldbußen im Aufwärtstrend
Gastbeitrag
BaFin-Geldbußen im Aufwärtstrend
Zur Bußgeldpraxis der BaFin sind nur wenige aggregierte Daten öffentlich bekannt. Eine wichtige Informationsquelle sind die Jahresberichte der BaFin, denen beispielsweise eine seit Jahren abnehmende Zahl der Bußgeldverfahren entnommen werden kann. Wurden 2013 noch weit über 600 Bußgeldverfahren gegen juristische und natürliche Personen eingeleitet, waren es im Jahr 2023 weniger als ein Drittel. Auch die Gesamthöhe der festgesetzten Bußgelder ist aus den Jahresberichten ableitbar. Sie lag im Jahr 2023 bei etwas mehr als 10 Mill. Euro (gegenüber 33,5 Mill. Euro im Vorjahr). Für das nun endende Jahr werden die Zahlen mit dem Jahresbericht 2024 voraussichtlich im Mai 2025 veröffentlicht.
Die Jahresberichte enthalten allerdings keine näheren Angaben darüber, wie viele Bußgeldbescheide die BaFin in den verschiedenen Aufsichtsbereichen pro Jahr erlässt und wie hoch die Bußgelder gegen juristische oder natürliche Personen im Schnitt ausfallen.
Naming and shaming
Eine weitere Informationsquelle sind die Bekanntmachungen der einzelnen Geldbußen gegen Unternehmen und natürliche Personen auf der BaFin-Webseite (sog. naming and shaming). Nach dem Gesetz sind hierfür zwei Grundmuster vorgesehen. Entweder veröffentlicht die BaFin das Bußgeld unverzüglich nach der Festsetzung. In diesem frühen Verfahrensstadium können die Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid regelmäßig noch Einspruch einlegen, weshalb die BaFin im Falle eines Einspruchs die ursprüngliche Bußgeldbekanntmachung entsprechend aktualisiert. Im zweiten Fall veröffentlicht die BaFin das Bußgeld erst nach Eintritt der Rechtskraft und nach Abschluss eines etwaigen Gerichtsverfahrens.
Bußgeldrekord in Reichweite
Eine systematische Analyse der einzelnen Bußgeldbekanntmachungen ist zwar aufwändig, ermöglicht aber recht zuverlässige Rückschlüsse auf die Gesamthöhe der in einem Jahr festgesetzten Geldbußen. Wie aus der Grafik deutlich wird, entsprechen die einzelnen bekanntgemachten Bußgelder in Summe in etwa dem Gesamtbetrag der von der BaFin festgesetzten Bußgelder, der für das jeweilige Jahr in den BaFin-Jahresberichten ausgewiesen ist. Die verhältnismäßig geringen sichtbaren Differenzen dürften vermutlich darauf zurückzuführen sein, dass wegen laufender Einspruchsverfahren noch keine Veröffentlichung erfolgt oder dass bei bestimmten Entscheidungen keine Bekanntmachung vorgesehen ist.
Die Auswertung der bisher veröffentlichten Bekanntmachungen zeigt bereits jetzt, dass im Jahr 2024 bislang Geldbußen in Höhe von etwa 38 Mill. Euro festgesetzt wurden. Unter den Bekanntmachungen finden sich mit Bußgeldern über beinahe 13 Mill. Euro (Citi), 9,2 Mill. Euro (N26) sowie 6,5 Mill. Euro (Solaris) erneut verhältnismäßig hohe Spitzenbeträge. Ob in Summe der bisherige Höchstwert aus 2015 (circa 47,5 Mill. Euro) erreicht wird, zeigt sich allerdings erst mit der Veröffentlichung des Jahresberichts 2024.
Durchschnittswert verzerrt
Bei den Unternehmensgeldbußen reicht die Bandbreite der über die letzten fünf Jahre festgesetzten Bußgelder von 2.500 Euro bis knapp 13 Mill. Euro. Der sich bei über 180 identifizierten Bußgeldkomplexen ergebende Durchschnittswert von 560.000 Euro wird durch verhältnismäßig wenige Bußgelder im Millionenbereich stark nach oben verzerrt. Tatsächlich bewegten sich in den letzten fünf Jahren mehr als 75% der bekanntgegebenen Bußgelder unterhalb von 300.000 Euro und damit deutlich unter dem rechnerischen Durchschnittswert.
Wenig Einsprüche von Unternehmen
Soweit die Bekanntmachungen Angaben zu Einspruchsverfahren enthalten, lassen sie darauf schließen, dass über die letzten fünf Jahre nur etwa jedes sechste Unternehmen von der Möglichkeit eines Einspruchs Gebrauch gemacht hat. Da sich die mittleren 50% der festgesetzten Bußgelder sowohl bei den eingelegten Einsprüchen als auch bei den nicht angefochtenen Bußgeldentscheidungen etwa gleich verteilen, scheint die Einspruchsbereitschaft nicht von einem bestimmten Schwellenwert abzuhängen. Vielmehr wird gerade bei Bußgeldern im Millionenbereich nur selten Einspruch eingelegt. Als naheliegende Erklärung kommt eine frühzeitige Verständigung mit der BaFin (sog. Settlement) in Betracht. Daneben kann die Zurückhaltung in anderen Fällen schlicht damit zusammenhängen, dass bei einem Einspruchsverfahren die Anwaltsrechnungen leicht das eigentliche Bußgeld übersteigen können.
Höhere Einspruchsquote bei natürlichen Personen
Bei natürlichen Personen gab es über die letzten fünf Jahre deutlich weniger Bußgeldbekanntmachungen als bei Unternehmen. Bei 35 identifizierten Bußgeldkomplexen reicht die Bandbreite der Bußgelder von 2.500 Euro bis 360.000 Euro. Hieraus ergibt sich ein Durchschnittswert von grob 70.000 Euro, der weniger stark durch einzelne besonders hohe Bußgelder beeinflusst wird. Betrachtet man die Verteilung der Bußgelder, so liegen 50% unterhalb von circa 50.000 Euro.
Obwohl natürliche Personen deutlich seltener von Bußgeldverfahren betroffen sind als Unternehmen, stehen sie beinahe für die Hälfte aller bekanntgemachten Einsprüche. Dies ist ein Hinweis darauf, dass sie als Bußgeldadressaten eine viel stärkere persönliche Betroffenheit verspüren. Anders als bei Unternehmen zeigt sich bei natürlichen Personen zudem, dass sie niedrigere Bußgelder tendenziell eher hinnehmen und gegen höhere Bußgelder tendenziell eher Einspruch einlegen.
Mehr Offenlegung wünschenswert
Bei der Auswertung der einzelnen Bußgeldbekanntmachungen kann es sich naturgemäß nur um eine Momentaufnahme handeln. Um der interessierten Öffentlichkeit und nicht zuletzt den potentiellen Bußgeldadressaten eine fundierte und vor allem regelmäßige Orientierung zu geben, wäre es deshalb zu begrüßen, wenn die BaFin künftig wieder über mehr Einzelheiten ihrer Sanktionspraxis informieren würde.