BaFin wirft 1&1 Bilanzmängel vor
hei Frankfurt – Die United-Internet-Tochter 1&1 ist aufgrund von „Fehlern“ im Abschluss 2019 ins Visier der BaFin geraten. Die Behörde bemängelt die Informationen der Anleger im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Lizenz für den Mobilfunkstandard der 5. Generation (5G), die 1&1 im Sommer des Jahres erworben hatte. Aus Sicht der BaFin hat der Telekomanbieter nicht ausreichend über eine mögliche Dividenden-Anpassung informiert, obwohl eine Überprüfung der Ausschüttungspolitik für den Fall der Ersteigerung von 5G-Frequenzen angekündigt worden war. Die Dividendenpolitik von 1&1 hatte sich zuvor an der Entwicklung des operativen Ergebnisses orientiert und sah vor, 80% davon auszuschütten. Aufgrund der für den Aufbau des 5G-Netzes nötigen Investitionen wurde die Ausschüttung praktisch gestrichen.
Die BaFin bemängelt außerdem in der Risikoberichterstattung, dass die Gesamtrisikolage des Unternehmens als gegenüber Vorjahr unterverändert dargestellt wurde. Dies sei unzutreffend, „da aus der Investitionsentscheidung zum Aufbau eines 5G-Netzes neue wesentliche Chancen und Risiken für den Konzern ergeben“, heißt es in der Mitteilung der Aufsicht. Den Abschluss prüfte EY.
Die 1&1-Aktie zeigte sich von den Vorgängen unbeeindruckt und stieg gestern um knapp 2% auf 12,46 Euro. Seit Jahresbeginn hat sie 6% gewonnen, was für längerfristige Anleger allerdings ein schwacher Trost ist, da das Papier seinen Wert binnen Jahresfrist praktisch halbiert hat. Der Aktienkurs wird nicht nur den anhaltenden Dividendenausfall belastet, sondern auch durch eine anhaltende Unsicherheit über die tatsächlichen Kosten für den 5G-Netzausbau, bisherige Fortschritte und die strategischen Zielsetzungen. 1&1 hatte dazu seit langem einen Kapitalmarkttag geplant, der allerdings immer wieder verschoben wurde. Nun soll er dem Vernehmen nach noch in diesem Frühjahr stattfinden, nach dem 30. März, wenn United Internet und die börsennotierten Konzerntöchter 1&1 sowie Ionos die Ergebnisse für 2022 vorlegen.
Bisher ist nur bekannt, dass 1&1 ihr 5G-Netz mit der virtualisierten Netztechnologie des japanischen Partners Rakuten bauen will. Rakuten soll die aktive Netztechnologie liefern, die auf dem neuen Standard Open RAN basiert, und das Netz zugleich betreiben. Die Japaner betreiben bereits ein entsprechendes Netz im Heimatmarkt. Allerdings ist die Open RAN-Technologie, die prinzipiell von allen Netzbetreibern begrüßt wird, weil sie in technischer Hinsicht Unabhängigkeit von einem einzelnen Lieferanten verspricht, noch wenig erprobt. Bei der Konkurrenz befindet sich Open RAN vielfach noch in der Experimentierphase.
Beim Netzausbau liegt 1&1 derzeit deutlich hinter dem ursprünglichen Plan, denn die von der Bundesnetzagentur vorgegebenen Ziele bis Ende 2022 wurde klar verfehlt. 1&1 ist es nicht gelungen, die notwendigen Funktürme zu finden, um die 1000 Antennenstandorte ans Netz zu nehmen. Vantage Towers, das Gros der Mobilfunktürme bereit stellen sollte, hatte im September mitgeteilt, nur einen Bruchteil tatsächlich stellen zu können. Seither arbeitet 1&1 mit Hochdruck daran, Ersatzlieferanten für die Standorte zu finden und hat dazu auch schon Verträge geschlossen. Dennoch ist die Investoren nicht klar, was der Netzaufbau tatsächlich kosten wird, wann mit einem kommerziellen Betriebsstart zu rechnen ist, welche Anlaufverluste zu erwarten sind. Bisher ist jedenfalls vorgesehen, dass 1&1 die Kosten primär aus dem Cashflow stemmt und keinen (üppigen) Fremdkapitalbedarf hat. Dafür müssen die Aktionäre auf längere Sicht den Gürtel enger schnallen.