Pharma- und Agrarchemie

Bayer schreibt erneut Milliardenverlust

Auch im dritten Quartal haben milliardenschwere Wertkorrekturen Bayer einen hohen Verlust beschert. Die Konzernstrukturen stehen auf dem Prüfstand.

Bayer schreibt erneut Milliardenverlust

Impairments drücken Bayer tief in die roten Zahlen

Konzernstruktur auf dem Prüfstand – Keine schnelle Lösung in Sicht – Schwacher Ausblick auf 2024

ab Düsseldorf

Das dritte Quartal hat Bayer abermals tiefrote Zahlen beschert, verursacht in erster Linie durch milliardenschwere Wertkorrekturen in der Pflanzenschutzsparte. Der mangelhaften Performance will der neue Bayer-Chef vor allem mit einer radikalen Neuausrichtung des Organisationsmodells begegnen.

Bayer hat ein weiteres Horrorquartal hinter sich, das in einem Konzernverlust von 4,6 Mrd. Euro mündete. Neben Ergebnisbelastungen aufgrund des fortgesetzten Preisverfalls für glyphosatbasierte Pflanzenschutzprodukte kam es erneut zu milliardenschweren Wertkorrekturen auf Geschäfts- und Firmenwerte in der Division Cropscience, wie der Konzern mitteilte. Gleichwohl halten die Leverkusener an der im Sommer drastisch reduzierten Prognose fest. „Wir wissen, dass dies ein starkes viertes Quartal erfordert“, räumte der seit Juni amtierende Vorstandschef Bill Anderson bei der Vorlage des Zwischenberichts ein.

 „Fast 50 Mrd. Euro Umsatz, aber null Cashflow – das ist einfach nicht akzeptabel“, brachte der Bayer-Chef seine Ernüchterung auf den Punkt. Mit einer radikalen Neuausrichtung des Arbeitsmodells will er die Schwächen beheben. Konkrete Zahlen zum geplanten Umbau blieb der Manager aber schuldig. Bis Ende kommenden Jahres werde Bayer „mehrere Führungsebenen streichen und Koordinationsprozesse vereinfachen“. Auch wenn sich durch den geplanten Umbau die Belegschaft „erheblich reduzieren werde“, handele es sich um kein traditionelles Kostensparprogramm, sagte Anderson.

Fast 50 Mrd. Euro Umsatz, aber null Cashflow – das ist einfach nicht akzeptabel.

Bayer-Chef Bill Anderson

Dennoch führe das „Dynamic Shared Ownership“ genannte System zu erheblichen Kostenersparnissen, „da ein Großteil der Management- und Koordinierungsaufgaben einfach nicht mehr benötigt werden“. Letztlich sollen Entscheidungen näher am Kunden getroffen werden. „Anstelle der Planung rückt Handeln in den Mittelpunkt“, hob der Bayer-Chef hervor. Das wirke sich auf jede Funktion, jeden Prozess und jede Aktivität im Unternehmen aus, umschrieb Anderson die tiefgreifenden Veränderungen.

Zu der von Investoren geforderten Aufspaltung blieb der Manager ebenfalls vage: „Wir analysieren unsere strukturellen Optionen sehr gründlich.“ Bayer befasse sich mit verschiedenen Möglichkeiten, die von der Beibehaltung von drei Divisionen bis hin zur Trennung von der Sparte Consumer Health oder dem Pflanzenschutzsegment reichten. Ein Expertenteam prüfe die Varianten auf ihre Auswirkungen hinsichtlich Wertschaffung, Kosten und Dissynergien, Cashflows u.a.  

Dringender Handlungsbedarf

Wie dringlich der Handlungsbedarf ist, zeigen die Ergebnisse des dritten Quartals. Zwar gelang es Bayer, den Umsatz mit 10,3 Mrd. Euro in währungs- und portfoliobereinigter Rechnung auf dem Vorjahresniveau zu behaupten. Das dazugehörige operative Ergebnis brach jedoch um fast ein Drittel auf 1,7 Mrd. Euro ein. Dabei steuerte die Pflanzenschutzsparte selbst ohne Sonderlasten einen kleinen Verlust bei. Hintergrund dafür ist der fortgesetzte Preisverfall für glyphosatbasierte Produkte im Zusammenspiel mit inflationsbedingt gestiegenen Herstellkosten.

Gleichwohl habe die operative Entwicklung im Quartal den Erwartungen entsprochen, sagte Finanzchef Wolfgang Nickl und betonte, im vierten Quartal „weiterhin ein starke Dynamik des Geschäfts, insbesondere in Lateinamerika“ zu erwarten. Das überrascht insofern, als Konkurrent Corteva erst kürzlich die Jahresprognose mit Verweis auf das schwierige Marktumfeld in Brasilien kappte.

Dämpfer im Chinageschäft

Auch in der Pharmasparte lief es nicht rund. Wenngleich sich der Umsatz bereinigt auf dem Vorjahresniveau bewegte, gab das bereinigte operative Ergebnis vor Abschreibungen (Ebitda) um 8,6% auf 1,4 Mrd. Euro nach. Dabei erfuhr vor allem das Geschäft in China einen deutlichen Dämpfer. Der Umsatz in der Volksrepublik verzeichnete einen prozentual zweistelligen Rückgang, wie Nickl ausführte. Dies sei auch dadurch bedingt, dass die Regierung eine Antikorruptionskampagne gestartet habe.

Selbst in der Division Consumer Health stand einem kleinen Umsatzplus ein Rückgang im bereinigten Ebitda von 6,8% auf 313 Mill. Euro gegenüber. Dahinter standen nach den Angaben in erster Linie negative Wechselkurseffekte. Für das Gesamtjahr rechnet Bayer im Konzernumsatz mit einer Belastung aus Währungseffekten von 1,7 Mrd. Euro und im Ebitda mit 200 Mill. Euro.

Für den milliardenschweren Quartalsverlust waren vor allem Wertkorrekturen von saldiert 4 Mrd. Euro verantwortlich, die im Wesentlichen auf immaterielle Vermögenswerte in der Sparte Cropscience entfielen. Die Firmenwertabschreibungen sind nach den Angaben auf die gestiegenen Kapitalmarktzinsen zurückzuführen, welche die Kapitalkosten erhöhen. Schon im zweiten Quartal hatte Bayer in der Pflanzenschutzsparte Impairments von 2,3 Mrd. Euro vorgenommen.

Hohe Verschuldung

Der freie Mittelzufluss bröckelte im dritten Quartal um knapp 3% auf 1,6 Mrd. Euro ab. Damit ergab sich auf Sicht der ersten neun Monate ein Mittelabfluss von 3 Mrd. Euro. Für das Gesamtjahr strebt Bayer aber unverändert einen freien Cashflow von null an. Entsprechend hoch liegt die Latte für das Schlussquartal.

Angesichts des milliardenschweren Mittelabflusses belief sich die Nettoverschuldung per Ende September auf 38,7 Mrd. Euro. Zum Jahresende sollen es 36 Mrd. Euro sein.

Doch damit nicht genug, sind die Aussichten auf den kommenden Turnus doch alles andere als rosig. „Unsere Wachstumsaussichten werden wohl eher schwach ausfallen, und wir erwarten weiterhin Herausforderungen für unsere Profitabilität“, sagte Nickl.

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