LiveEO

Berliner Erdbeobachtungs-Start-up erhält Geld vom Bund

Mit seiner Satellitenbildanalyse will das Software-Start-up LiveEO, das gerade 25 Mill. Euro eingesammelt hat, Firmen bei der Einhaltung einer neuen EU-Entwaldungsverordnung helfen. Internationale Forderungen nach einer Verschiebung der Verordnung betrachten die Berliner eher gelassen.

Berliner Erdbeobachtungs-Start-up erhält Geld vom Bund

Berliner Erdbeobachtungs-Start-up erhält Geld vom Bund

LiveEO sammelt 25 Mill. Euro – Deep Tech & Climate Fonds beteiligt sich – Hoffnung auf Schub durch Entwaldungsverordnung

kro Frankfurt

Das Software-Start-up LiveEO, das Unternehmen die Möglichkeit zur Analyse von Satellitenbildern bietet, hat in einer Finanzierungsrunde frisches Kapital eingesammelt. Bei dem Series-B-Funding seien 25 Mill. Euro zusammengekommen, wie die 2018 gegründete Firma am Dienstag in Berlin mitteilte. Als Hauptinvestoren seien die japanisch-nordeuropäische Wagniskapitalgesellschaft Nordic Ninja sowie der Deep Tech & Climate Fonds (DTCF) der Bundesregierung aufgetreten. Insgesamt habe man damit nun schon knapp 52 Mill. Euro von Investoren erhalten.

LiveEO kauft Satellitendaten von privaten und öffentlichen Satellitenbetreibern und wertet diese mit einem KI-gestützten Softwaretool aus. Die Abkürzung EO steht für Earth Observation. Der Fokus des Unternehmens lag anfangs auf dem Infrastruktursektor, in dem das Start-up beispielsweise Schienennetz-Betreibern wie der Deutschen Bahn bei der Vegetationspflege und bei der Gefahrenerkennung entlang der Trassen helfen will.

Mit den Bestrebungen der Europäischen Union, die globale Rodung von Waldflächen zur Rohstoffgewinnung einzudämmen, hat sich der potenzielle Kundenkreis und damit auch die Produktpalette von LiveEO aber erweitert. Kunden, die mit Rohstoffen handeln, können mit der Satellitenbildanalyse jetzt beispielsweise auch überprüfen, ob es auf den Anbauflächen ihrer Zulieferer in der Vergangenheit zu Abholzung gekommen ist oder nicht. Wenn es beim Anbau bestimmter Erzeugnisse wie etwa Palmöl, Holz oder Kaffee nach dem 31. Dezember 2020 zu Rodungen gekommen ist, dürfen diese Erzeugnisse gemäß einer neuen Verordnung nicht mehr in die EU eingeführt werden.

USA fordern Aufschub der Regeln

Die EU-Verordnung, die vor einem Jahr in Kraft getreten ist und die für betroffene Unternehmen mit entsprechenden Nachweispflichten einhergeht, sorgt in Übersee allerdings für Kritik. Die US-Regierung um Präsident Joe Biden hatte Ende Mai in einem Brief an die EU-Kommission einen Aufschub der Verordnung gefordert, da sie US-amerikanischen Produzenten schaden würde. Über die Vorgänge hatte die „Financial Times“ berichtet.

Demnach würden US-amerikanische Holzhändler bereits eine Beendigung von Exportverträgen mit der EU in Erwägung ziehen, da sie nach eigener Darstellung technisch gar nicht in der Lage seien, eine entwaldungsfreie Lieferkette nachzuweisen. Neben der Holzindustrie sei auch die US-Papier- und Zellstoffindustrie stark von der Verordnung betroffen. Die Verfasser des Briefs, zu denen die US-Handelsministerin Gina Raimondo, der US-Landwirtschaftsminister Thomas Vilsack und die US-Handelsbeauftragte Katherine Tai gehören, bezeichneten die neuen Dokumentationspflichten als „unpraktisch“. Sie würden den Handel mit Produkten aus Ländern mit geringem Risiko wie den USA unnötig einschränken, hieß es.

Andere Handelspartner wie Indonesien und Malaysia, die zu den wichtigsten Palmöllieferanten weltweit gehören, hätten bei der EU ebenfalls bereits auf eine Verschiebung der Verordnung gedrungen. Selbst innerhalb der EU werden diese Forderungen erhoben – allen voran von der EU-Kommissarin für internationale Partnerschaften, Jutta Urpilainen, und vom EU-Landwirtschaftskommissar Janusz Wojciechowski. Die Verordnung sieht für große Firmen eine Übergangsfrist von 18 Monaten vor. Kleine Unternehmen bekommen 24 Monate Zeit.

Keine größeren Auswirkungen erwartet

Als Mitgründer und Co-CEO von LiveEO hält Daniel Seidel das Argument der technischen Hürde beim Nachweis entwaldungsfreier Lieferketten allerdings für vorgeschoben. „Die Lösungen sind da“, sagt er. „US-Produzenten sollten alle Zugang zu Internet, Smartphone und Computer haben.“ Der finanzielle Aufwand liege laut LiveEO zudem bei den Einkäufern und nicht bei den Kleinbauern. Diese müssten lediglich die Geodaten ihrer Flächen erfassen oder erfassen lassen.

Selbst wenn es zu einer Verzögerung der Verordnung kommen sollte, rechnet Seidel nicht mit großen Auswirkungen auf sein Geschäft, zumindest nicht langfristig. „Eine Verzögerung heißt nicht, dass Unternehmen sich mit der Geolokalisation jetzt mehr Zeit lassen können – denn sie sind jetzt schon spät dran, und Strafen wird es so oder so geben“, sagt er.

Mit den frisch eingesammelten Mitteln will das Start-up nun seine Vertriebsmannschaft ausbauen. Im vergangenen Jahr hat sich der Umsatz von LiveEO nach Unternehmensangaben verdreifacht und soll Ende 2024 im „zweistelligen Millionenbereich“ liegen, wie Seidel sagt. In zwei Jahren will das Start-up zudem die Gewinnschwelle erreichen.


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