TV-Markt

Berlusconi-Konzern greift nach ProSiebenSat.1

Der italienische TV-Konzern MFE will mit der Übernahme von ProSiebenSat.1 ein Stück vorankommen bei der Bildung einer europäischen Senderfamilie. Doch mit einem Minimalangebot dürfte so gut wie kein Aktionär seine Aktien einbringen.

Berlusconi-Konzern greift nach ProSiebenSat.1

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Berlusconi-Konzern greift nach ProSiebenSat.1

Italienische Media for Europe bietet nur Mindestpreis und zielt nicht auf direkte Übernahme ab – Aktie gibt nach

Von Gerhard Bläske, Mailand
bl Mailand

Der von der Familie des früheren italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi kontrollierte TV-Konzern Media for Europe (MFE) hat ein offizielles Übernahmeangebot für den deutschen TV-Sender ProSiebenSat.1 vorgelegt. Doch die Offerte zielt nicht auf eine unmittelbare Akquisition ab. Denn MFE (früher Mediaset) will nur den gesetzlichen Mindestpreis für die angedienten Papiere bezahlen. Das wäre der volumengewichtete Dreimonatsdurchschnittskurs der ProSiebenSat.1-Aktie. Einen Aufschlag gibt es nicht. Details will MFE erst nach Autorisierung durch die BaFin bekannt geben.

Bei einem Stückpreis von etwa 5,70 Euro dürften nur wenige Aktionäre ihre Anteilscheine einbringen, zumal der Aktienkurs aufgrund der Übernahmespekulationen in den letzten Wochen stark gestiegen war. Am Donnerstag ging es für den Kurs um rund 2% auf 5,84 Euro abwärts.

Vereinbarung mit Aktionär

MFE will 78% in bar und den Rest in neu auszugebenden eigenen Aktien bezahlen. Das italienische Unternehmen teilte mit, dass mit einem nicht genannten ProSiebenSat.1-Aktionär eine Vereinbarung über eine Annahme für einen Teil seiner Papiere abgeschlossen worden sei. Dadurch sei sichergestellt, dass MFE nach Abschluss des Übernahmeangebots in jedem Fall mehr als 30% des Grundkapitals von ProSiebenSat.1 halte. Derzeit kontrolliert MFE 29,99% der Anteile. Bei Überschreiten der 30%-Schwelle wäre MFE ohnehin verpflichtet gewesen, ein Übernahmeangebot vorzulegen.

MFE-CEO Pier Silvio Berlusconi teilte mit, es sei „an der Zeit, einen Gang höher zu schalten. Wir glauben, dass ProSiebenSat.1 einen starken Aktionär braucht, der Expertise und Branchenerfahrung bieten kann und damit aktiv zu seinem Wachstumskurs beiträgt.“ Es gehe darum, Wert für alle ProSieben-Aktionäre zu schaffen, „bevor es zu spät ist“. ProSiebenSat.1 erklärte, Vorstand und Aufsichtsrat würden das Angebot sorgfältig prüfen. Bis es vorliegt, kann es aber noch einige Wochen dauern. An der Börse ist ProSiebenSat.1 knapp 1,5 Mrd. Euro wert.

Mehr Mitsprache sichern

Der italienische Medienkonzern kann sich mit dem Angebot noch mehr Mitsprache bei ProSiebenSat.1 sichern und weitere Anteile erwerben – ohne das Unternehmen übernehmen zu müssen. MFE war 2019 mit zunächst 9,6% eingestiegen und drängt das deutsche Unternehmen seither, sich auf das Kerngeschäft Fernsehen zu konzentrieren. Vor wenigen Tagen hatte ProSiebenSat.1 den Verkauf des Vergleichsportals Verivox für 232 Mill. Euro an die italienische Moltiply bekanntgegeben. Die Berlusconi-Holding hat nun freie Hand, nach und nach weiter aufzustocken. Die Mittel für eine Übernahme hätte MFE: Bereits vor Monaten hatten die Italiener mit diversen Banken ein Finanzierungspaket im Volumen von 3,4 Mrd. Euro ausgehandelt.

MFE will in Zukunft „aktiver zur Entwicklung der strategischen Ausrichtung von ProSieben beitragen, um das Management von ProSieben bei der Bewältigung der industriellen Herausforderungen zu unterstützen und die Chancen zu nutzen, die sich aus den laufenden Veränderungen in der Branche ergeben“. Die Italiener, die außer in Italien auch in Spanien zu den führenden TV-Konzernen gehören, streben die Bildung eines länderübergreifenden europäischen Fernsehkonzerns an. Außer auf den deutschen Markt schielen sie dabei auch nach Großbritannien und Frankreich.

Paneuropäische Gruppe

Berlusconi erklärte, nachdem über Jahrzehnte italienische Unternehmen von ausländischen Multis gekauft worden seien, sei die Offerte von MFE „einer der wenigen Fälle, in denen es ein italienisches Unternehmen ist, das den Mut hat, in einem so relevanten Markt wie dem deutschen zu investieren. Es gehe darum, eine paneuropäische und crossmediale Gruppe als Alternative zu crossmedialen und digitalen internationalen Kolossen sowie Wert zu schaffen für MFE, aber auch für die ProSiebenSat.1-Aktionäre.

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