Birkenstock-Desaster verdirbt die IPO-Stimmung vollends
Birkenstock-Desaster verdirbt IPO-Stimmung vollends
Nach der Absage von Renk stoppt auch die französische Unternehmenssoftwarefirma Planisware ihren Börsengang
cru Frankfurt
Gerade erst hat sich die Stimmung für IPOs aufgehellt – da verdüstert sie sich auch schon wieder. Erst die kurzfristige Absage des Panzergetriebeherstellers Renk, dann das Desaster von Birkenstock zum Handelsstart am Mittwoch – und am selben Tag stoppte auch noch die Softwarefirma Planisware ihr Debüt.
Das Jahr 2023 dürfte das schlechteste Jahr für Börsengänge seit der Finanzkrise im Jahr 2008 werden. Dazu trägt auch der verdorbene Handelsstart von Birkenstock in New York bei. Der Kurs der deutschen Traditionsfirma ist am Mittwoch an der Nyse um fast 13% im Vergleich zum Ausgabepreis von 46 Dollar abgestürzt, der schon knapp unterhalb der Mitte der Preisspanne lag, die von 44 bis 49 Dollar reichte. Federführend betraut waren mit dem IPO Goldman Sachs, J.P. Morgan und Morgan Stanley.
Gerade erst hatte sich die Stimmung für IPOs im September mit den Debüts von Arm, Instacart und Klaviyo aufgehellt – da verdüstert sie sich auch schon wieder. Erst kam die IPO-Absage in letzter Minute vom Panzergetriebehersteller Renk, dann das Desaster von Birkenstock zum Handelsstart am Mittwoch – und am selben Tag stoppte auch noch die französische Unternehmenssoftwarefirma Planisware ihr IPO, nachdem der finale Angebotspreis schon am untersten Ende der Spanne festgelegt worden war.
Der Emissionserlös für Planisware, der vollständig an die Gründer und den französischen Finanzinvestor Ardian gehen sollte, hätte bei 240 Mill. Euro liegen sollen. BNP Paribas und Citigroup waren gemeinsame globale Koordinatoren und gemeinsame Bookrunner mit Bank of America und Berenberg. Rothschild war beratend tätig.
Fragezeichen hinter DKV Mobility, Douglas und Flix
Damit sieht es auch für die nächsten IPO-Kandidaten in Deutschland schlechter aus. Der Finanzinvestor CVC will zu Jahresbeginn 2024 den Tankkartenanbieter DKV Mobility und die Parfümeriekette Douglas an die Börse führen. Zudem plant der Growth-Equity-Investor General Atlantic ein IPO für den Fernbusanbieter Flix.
Zwei Brüder werden Milliardäre
Das Debüt von Birkenstock, das 1,5 Mrd. Dollar Emissionserlös einspielte und das Vermögen der Brüder Alex und Christian Birkenstock zumindest auf dem Papier auf 3,4 Mrd. Dollar anschwellen ließ, war für die neuen Aktionäre äußerst unerfreulich. Der Handelsstart der Aktie ist mit einem Minus von 13% gemäß Bloomberg-Daten der schlechteste Handelsstart eines IPOs in den USA mit einem Volumen von mehr als 1 Mrd. Dollar seit zweieinhalb Jahren. Von den mehr als 300 Börsengängen in den Vereinigten Staaten dieser Größenordnung im vergangenen Jahrhundert schnitten nur 13 schlechter ab, zuletzt die Onlinemarketingfirma Applovin, die im April 2021 am ersten Handelstag rund 19% unter den Ausgabepreis fiel.
Vierter Test ging daneben
Beim vierten großen Test des US-Marktes innerhalb eines Monats – nach Arm, Instacart und Klaviyo – eröffneten die Aktien des deutschen Schuhherstellers den Handel am Mittwoch bei 41 Dollar pro Aktie, nachdem sie beim Börsengang für 46 Dollar verkauft worden waren. Der Preis für den Börsengang selbst lag unter der Mitte der angekündigten Preisspanne von 44 bis 49 Dollar, wobei Birkenstock am Dienstag etwa 32 Millionen Aktien verkaufte – davon zwei Drittel bestehende Aktien des Birkenstock-Haupteigentümers, der Private-Equity-Firma L Catterton.
Die endgültigen Konditionen bewerteten Birkenstock mit dem 17,5-Fachen des erwarteten Ebitda im Jahr 2024. Das ist im Vergleich zu Nike (17), Lululemon (16) und dem Hoka-Schuhhersteller Deckers Outdoor (13) sehr hoch. Als Argumente für Birkenstock galten das hohe Umsatzwachstum von 20% und die starke Ebitda-Marge von 35%. Doch der Kurs stürzte am Mittwoch bis Handelsschluss in New York auf 40,20 Dollar. Damit erreichte das Unternehmen einen Marktwert von 7,55 Mrd. Dollar – deutlich weniger als die erhofften 9 Mrd. Dollar. Einschließlich der Aktien, die für Führungskräfte, Direktoren und Mitarbeiter reserviert sind, liegt der Wert bei 8,2 Mrd. Dollar.
Zu den Cornerstone-Investoren zählte neben Norwegens Staatsfonds der französische Milliardär Bernard Arnault mit 325 Mill. Dollar. Als Eigentümer des Luxuskonzerns LVMH ist Arnault zugleich mit 40% maßgeblich an L Catterton beteiligt. Sein Sohn Alexandre soll nun in den Verwaltungsrat von Birkenstock einrücken. L Catterton ist ein Joint Venture zwischen LVMH und Arnaults Holding Financière Agache (zusammen 40%) und den Partnern der Private-Equity-Gesellschaft Catterton (60%).
Ausnahme Schott Pharma
In Deutschland bleibt Schott Pharma der größte Börsengang des Jahres 2023. Der Kurs des Medikamentenverpackers steigt und lag bei Börsenschluss am Mittwoch mit knapp 35 Euro um fast 30% über dem Ausgabepreis von 27 Euro. Auch europaweit ist Schott Pharma damit die große Ausnahme.