Digitalisierung

Bitkom fürchtet um Wettbewerbsfähigkeit

Die IT- und Telekommunikationsunternehmen in Deutschland sind weiter auf Wachstumskurs, allerdings gibt es innerhalb der Branche große Unterschiede. Der Digitalverband Bitkom sorgt sich insbesondere um die Stellung im internationalen Wettbewerb.

Bitkom fürchtet um Wettbewerbsfähigkeit

Bitkom fürchtet um Wettbewerbsfähigkeit

IT- und Telekommunikationsumsätze legen in USA und Indien deutlich stärker zu – Sorge vor zu viel Regulierung in Deutschland

sar Frankfurt

Die deutsche Digitalbranche präsentiert sich zwar krisenfest, sorgt sich aber darum, im internationalen Wettbewerb den Anschluss zu verlieren. Für 2023 erwartet der Digitalverband Bitkom für die Unternehmen der IT und Telekommunikation (ITK) hierzulande ein Umsatzwachstum von 2,1% auf 213,2 Mrd. Euro. 2024 sollen 223,2 Mrd. Euro erreicht werden.

Das größte Wachstum innerhalb der Branche entfällt auf den Bereich Informationstechnik, der im laufenden Jahr voraussichtlich 143,6 Mrd. Euro umsetzen wird (+3%). Die Umsätze mit IT-Hardware sind dabei nach drei Jahren, in denen die Unternehmen während der Corona-Pandemie stark in die technologische Ausstattung investiert haben, wieder rückläufig. Als Wachstumstreiber erweist sich der Bereich Infrastructure-as-Service mit gemieteten Servern, Netzwerk- und Speicherkapazitäten.

| Quelle:

Der Markt für Telekommunikation dürfte laut Bitkom in diesem Jahr dagegen nur minimal um 0,4% auf 69,6 Mrd. Euro Umsatz zulegen. Auch in diesem Bereich schrumpft das Geschäft mit Endgeräten wie Mobiltelefonen, während der Bereich Infrastruktur zulegt.

Internationale Aufstellung schwach

Zwar ist die Branche in Deutschland insgesamt im Wachstumsmodus, der Vergleich mit anderen Ländern fällt dennoch wenig schmeichelhaft aus. „Im weltweiten Wettbewerb kommen wir nicht vorwärts, sondern fallen tendenziell noch zurück“, mahnte Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst bei der Vorstellung der aktuellen Branchenzahlen am Mittwochvormittag vor Journalisten. Wintergerst wurde Ende Juni zum neuen Bitkom-Präsidenten gewählt und ist Nachfolger von Achim Berg, der die laut Satzung maximal möglichen drei Amtszeiten erreicht hatte. Wintergerst ist Group CEO des Sicherheitstechnologiekonzerns Giesecke+Devrient und seit 2019 Teil des Bitkom-Präsidiums.

USA haben die Nase vorn

Für 2023 rechnet der Bitkom mit einem weltweiten Umsatz im ITK-Bereich von 4,67 Bill. Euro, das ist ein Plus von 4%. Das Umsatzwachstum in Europa werde mit 2,8% voraussichtlich jedoch deutlich darunterliegen. Stark überdurchschnittlich wächst der ITK-Umsatz dagegen in Indien (+7,5%) und den Vereinigten Staaten (+4,4%). Die USA liegen auch in der internationalen Verteilung der ITK-Umsätze vorn: Im laufenden Jahr prognostiziert der Bitkom für die USA mit 37,5% den mit Abstand größten Marktanteil. Auf China entfallen 11,6%. Indiens rasches Wachstum bringt dem Land einen Umsatzanteil von immerhin 2,4% ein.

Auf Deutschland entfällt laut Bitkom ein Umsatzanteil von 4%. Das Argument, dass Deutschland deutlich kleiner als die USA oder China ist, dürfe dabei keine Ausrede sein, meint Wintergerst. Er verweist auf das Vereinigte Königreich: Mit einem prognostizierten Marktanteil von 4,3% liegt es vor Deutschland, und auch das Umsatzwachstum dürfte mit 4,3% im laufenden Jahr überdurchschnittlich stark ausfallen.

Der Branchenverband, der nach eigenen Angaben 2.200 Mitglieder mit zwei Millionen Beschäftigten in Deutschland repräsentiert, fordert „massive Investitionen in Forschung und Entwicklung“, damit die Digitalwirtschaft den Anschluss im internationalen Wettbewerb nicht verliert. Parallel müsse die Cybersicherheit gestärkt werden, um das Vertrauen in neue Technologien zu stärken.

Investitionen gefordert

Die Digitalbranche sei zu Investitionen bereit: Laut Bitkom will rund die Hälfte der Unternehmen gleich viel investieren wie im Vorjahr, gut ein Drittel will die Investitionen sogar steigern. Allerdings entfallen nur 29% der Summe auf Forschung und Entwicklung. Hier sollten Unternehmen mehr in Zukunftsthemen investieren und nicht nur in den Bestand, fordert Wintergerst. Allerdings müssten auch die Rahmenbedingungen stimmen. „Die Bürokratie ist aktuell der größte Bremsklotz für das digitale Deutschland“, sagt Wintergerst. Zu viel Regulierung sei schädlich – dies gelte auch mit Blick auf die frühzeitigen Regulierungsüberlegungen zum Thema Künstliche Intelligenz.

Digitalbranche fehlen Fachkräfte

Laut Bitkom-Präsident Wintergerst könnte die Digitalbranche in Deutschland stärker wachsen, wenn Fachkräfte verfügbar wären. Derzeit gibt es laut Bitkom in Deutschland 137.000 offene Stellen für IT-Fachkräfte. „Das Problem wird sich tendenziell weiter verschärfen“, prognostiziert Wintergerst. Um Abhilfe zu schaffen, brauche es kurzfristig eine Zuwanderung von Fachkräften. Perspektivisch plädiert er dafür, die Ausbildung im ITK-Bereich zu intensivieren, etwa indem Programmieren auch an Schulen gelehrt wird.

Insgesamt hat die Branche in Deutschland in den vergangenen 20 Jahren mehr als eine halbe Million zusätzliche Jobs geschaffen, errechnet der Bitkom. Die Zahl der Arbeitsplätze stieg von rund 806.000 im Jahr 2004 auf voraussichtlich 1,35 Millionen Stellen in Jahr 2024. „Das Job-Wachstum würde noch sehr viel stärker ausfallen, wenn ausreichend Fachkräfte zur Verfügung stünden“, sagt Wintergerst.

Wertberichtigt Seite 2

Die IT- und Telekommunikationsunternehmen in Deutschland sind auch im laufenden Jahr weiter auf Wachstumskurs, allerdings gibt es innerhalb der Branche große Unterschiede. Der Digitalverband Bitkom sorgt sich insbesondere um die Stellung der deutschen Unternehmen im internationalen Wettbewerb.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.