Mit Whirlpool könnte Bosch einen großen Sprung machen
Mit Whirlpool könnte Bosch großen Sprung machen
Hausgerätesparte angeblich an Konkurrent interessiert – Konzernführung erwägt generell Zukäufe in den USA
jh München
Die Sonderkonjunktur während der Corona-Pandemie ist abgeflaut. Zudem leidet die Hausgerätebranche darunter, dass weniger Häuser und Wohnungen gebaut werden. Die Nachfrage nach Einbaugeräten für die Küche sinkt. Der europäische Marktführer BSH machte im Frühjahr keine Hoffnung auf eine rasche Trendwende: „Der Hausgerätemarkt wird auch 2024 unter Druck bleiben.“
Das ist die Ausgangslage, in der der BSH-Mutterkonzern Bosch sich womöglich für einen ziemlich großen Zukauf interessiert: Der US-amerikanische Konkurrent Whirlpool erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von umgerechnet knapp 18 Mrd. Euro, BSH kam auf 14,8 Mrd. Euro. Bosch prüfe eine Übernahme von Whirlpool, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters und beruft sich auf „drei mit den Plänen vertraute Personen“. Es habe Gespräche mit Beratern gegeben.
Passend zur Strategie
Dass die Berichterstattung von Reuters aus New York und Frankfurt kommt, deutet darauf hin, dass wie oft in solchen Fällen die Information von Investmentbanken stammt. Auch fehlt nicht der häufige Zusatz, es stehe noch nicht fest, ob es zu einem Übernahmeangebot komme. Eine Sprecherin von Bosch sagte auf Anfrage lediglich: „Wir kommentieren Marktgerüchte grundsätzlich nicht.“
Zur Strategie von Bosch würde eine Akquisition in den USA gut passen. Stefan Hartung, der Vorsitzende der Geschäftsführung, bekräftigte erst vor zwei Wochen im Internationalen Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten, dass die USA ein regionaler Schwerpunkt für das angestrebte Wachstum seien. Bisher ist Bosch dort verglichen mit Europa und auch Asien unterrepräsentiert. Im vergangenen Jahr machte der Umsatz von 15,2 Mrd. Euro in Nordamerika rund 17% des Konzernerlöses aus. Zudem will sich der Stiftungskonzern besonders außerhalb des Automobilgeschäfts verstärken, um nicht nur regional Risiken stärker zu streuen.
Kurs von Whirlpool zieht an
Hartung hatte in Frankfurt auch Börsengänge einzelner Segmente als Option erwähnt, um so Kapital für Akquisitionen zu gewinnen. Mit der bisher größten Anleihe des Unternehmens erreichte Bosch im Mai des vergangenen Jahres ein Emissionsvolumen von 4,5 Mrd. Euro. Begründet hat der Konzern den Schritt mit „finanziellem Spielraum, um sein Wachstumstempo in Regionen und Geschäftsbereichen zu erhöhen sowie Vorleistungen für Zukunftstechnologien zu finanzieren“. Bisher hat Bosch dieses Geld nicht ausgegeben. Whirlpool wird nach einem Kurssprung um 17% an der New Yorker Börse mit 5,5 Mrd. Dollar bewertet.
Die BSH Hausgeräte GmbH mit Sitz in München war bis 2015 ein Gemeinschaftsunternehmen von Bosch und Siemens mit gleichen Anteilen. Seitdem ist Bosch alleiniger Eigentümer. Die Marke Siemens darf das Unternehmen weiter verwenden. Insgesamt sind es elf Marken, darunter Bosch, Neff und Gaggenau im Luxussegment sowie lokale Marken wie Constructa und Junker.
Umsatzrückgang in den USA
In den USA produziert BSH an zwei Standorten Koch- und Spülgeräte. Der Umsatz in Nordamerika sank im vergangenen Jahr um gut 11% auf einen vom Unternehmen nicht genannten Wert. Den Rückgang begründet die BSH mit einer sehr schwachen Nachfrage und Rabattschlachten. Die eigenen Marktanteile seien aber stabil geblieben.
Whirlpool hat im vergangenen Jahr die Mehrheit des Geschäfts in Europa an den türkischen Wettbewerber Arcelik verkauft. Dazu gehört die deutsche Marke Bauknecht. Das Geschäft im Nahen Osten und in Nordafrika hat Beko Europe, die Tochterfirma der Türken, vollständig erworben. Damit reduziert sich der Konzernumsatz von Whirlpool um 2,6 Mrd. Dollar.