Branicks will 2026 wieder kapitalmarktfähig sein
Im Gespräch: Sonja Wärntges
Branicks will 2026 wieder kapitalmarktfähig sein
Die Vorstandschefin des angeschlagenen Immobilienkonzerns zu geplanten Assetverkäufen, Umschuldung und den Bewertungsansätzen in der Bilanz
Von Helmut Kipp, Frankfurt
Der angeschlagene Gewerbeimmobilienkonzern Branicks will im Jahr 2026 wieder in der Lage sein, den Kapitalmarkt für unbesicherte Finanzierungen anzuzapfen. Dieser Gedanke liege der Drei-Jahres-Unternehmensplanung für die finanzielle Restrukturierung zugrunde, sagt Vorstandschefin Sonja Wärntges. Infolgedessen sei es „eine Option“, die im September 2026 fällige Anleihe durch einen neuen Bond oder andere Kapitalmarktinstrumente abzulösen. Die Schuldverschreibung ist 400 Mill. Euro schwer.
Laufzeitverlängerung
Die frühere DIC Asset hat sich im März mit Schuldscheingläubigern auf eine Laufzeitverlängerung bis 30. Juni 2025 verständigt. Es geht um 225 Mill. Euro. Auch für die Rückzahlung der Brückenfinanzierung für die überteuerte Übernahme der auf Logistikimmobilien spezialisierten VIB Vermögen haben die Frankfurter mehr Zeit. Der Restbetrag von 160 Mill. Euro muss nun Ende 2024 getilgt werden. Die Konditionen für die vereinbarten Laufzeitverlängerungen bezeichnet Wärntges als annehmbar: „Die Gläubiger haben vernünftig agiert.“ So beträgt der Zins der 2024er-Schuldscheine jetzt Euribor plus 2,75%, also aktuell grob 6,6%. Hinzu kommen Gebühren.
Die Schuldschein-Laufzeitverlängerung hat Branicks über ein vorinsolvenzliches StaRUG-Verfahren durchgesetzt. „Ohne Umsetzung des Restrukturierungsplans wird die Schuldnerin zahlungsunfähig und damit insolvenzantragspflichtig“, hieß es in den Unterlagen.
Nettozuflüsse 40 bis 45 Prozent
„Der für die Gläubiger aufgestellte Drei-Jahres-Plan zeigt, dass wir die Verbindlichkeiten mit Assetverkäufen zurückzahlen können und dementsprechend durchfinanziert sind“, sagt Wärntges im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Der Sanierungsberater FTI-Andersch habe die Plausibilität der Planung bestätigt. Sollten die notwendigen Verkäufe aber auf sich warten lassen, etwa weil die Transaktionsmärkte schwieriger als erwartet bleiben, könnte Branicks erneut in Bedrängnis geraten. Die Gesamtfälligkeiten belaufen sich 2024 auf 289 Mill. Euro, 2025 auf 431 Mill. und 2026 auf 624 Mill. Euro. In Summe 1,3 Mrd. Euro über drei Jahre.
Für das laufende Jahr plant Branicks mit Verkaufserlösen zwischen 500 Mill. und 600 Mill. Euro aus dem Eigenbestand. Die Nettozuflüsse nach Ablösung besicherter Bankkredite lägen bei 40 bis 45% des Erlöses, sagt Wärntges. Das reiche aus, um den Brückenkredit zurückzuzahlen. Zu den für 2025 geplanten Verkäufen macht die Vorstandschefin, die auch für Finanzen verantwortlich ist, keine Angaben. Sie betont lediglich: „Das Volumen wird ausreichend sein.“ Die geplanten Verkäufe beträfen Retail-, Büro- und Logistikimmobilien, also alle drei Assetklassen, in denen Branicks vertreten ist.
Verbreiterung des Geschäftsmodells
„Der Transaktionsmarkt hat sich wiederbelebt“, stellt Wärntges klar. Banken seien wieder bereit, Immobilienerwerbe mitzufinanzieren. Bei den Kaufinteressenten handele es sich vor allem um ausländische Investoren, etwa Fonds, die sich in Deutschland positionieren wollen. Diese Adressen gingen sehr professionell vor. Außerdem will sich die Tochter VIB mit Blick auf Assetklassen und Lokalitäten breiter aufstellen, sodass weitere Branicks-Immobilien an VIB veräußert werden könnten.
Die Erlöseinbußen durch den schrumpfenden Eigenbestand will Wärntges durch Verbreiterungen des Geschäftsmodells abfedern. Neben dem bereits kommunizierten Aufbau der neuen Assetklasse erneuerbare Energien kündigt Wärntges eine Ausweitung des Assetmanagement-Programms in den Bereichen ESG und Büroimmobilie der Zukunft an. Daraus wolle man ab 2025 „Erträge in einer gewissen Größenordnung“ generieren.
Derzeit keine Transaktionen im Drittgeschäft
Keine schnelle Erholung ist bei den transaktionsabhängigen Fees im Drittgeschäft in Sicht, in dem Branicks für institutionelle Investoren Immobilien an- und verkauft und managt. Diese lagen im Startquartal 2024 bei null. Auch im zweiten Quartal werde es wahrscheinlich keine Transaktionen im institutionellen Geschäft geben, sagt Wärntges. Erst gegen Jahresende seien hier wieder Deals geplant. Die Einnahmen aus Management Fees hätten sich im ersten Quartal mit 9,7 Mill. Euro auf dem vergleichbaren Niveau des Vorjahresquartals bewegt.
„Gut abgesichert“
Den Verschuldungsgrad in Relation zum Verkehrswert der Immobilien (LtV) will Branicks im Laufe des nächsten Jahres unter 50% drücken. Kapitalmarktteilnehmer halten das für ambitioniert, denn Ende März 2024 waren es 59,4% – ein im Branchenvergleich sehr hoher Wert. Der für den Bond maßgebliche LtV lag mit 57,3% ziemlich nahe am kritischen Grenzwert von 60%.
Zugute kommt Branicks, dass in den Jahren des Immobilienbooms die Bewertungsansätze in der Bilanz nur moderat erhöht wurden. „Jahrelang wurde ich gefragt, warum unsere Aufwertungen so niedrig sind. Nun dreht sich das Ganze um. Was nicht hochgeschrieben wurde, muss jetzt nicht abgewertet werden“, sagt Wärntges. „Falls die Zinsen nicht in die falsche Richtung gehen, also steigen, sind die Bewertungen gut abgesichert.“ Es zahle sich aus, dass Branicks ein granulares Portfolio habe, das gut vermietbar sei, und die Mieten seien nahezu alle indexiert, sodass sie mit den vereinbarten Raten steigen. In der Unternehmensplanung sei zwar auch für 2024 eine Abwertung vorgesehen, „aber eigentlich wollen wir die Werte halten“.
Gläubiger haben Branicks mehr Zeit eingeräumt für die Rückzahlung von Schuldscheinen und Brückenkredit. Um die Fälligkeiten künftig einhalten zu können, muss der Gewerbeimmobilienkonzern Assets veräußern. Zuversichtlich stimmt Vorstandschefin Sonja Wärntges die Wiederbelebung des Transaktionsmarktes.