Brenntag toppt das Gewinnziel
ak Köln – Globale Lieferengpässe und Logistikprobleme haben Brenntag nicht aufhalten können. Der weltgrößte Chemiedistributeur hat am Mittwoch Rekordzahlen vorgelegt und dabei das schon zweimal angehobene Ergebnisziel sogar noch übertroffen. Der Dax-Neuling meldete einen Zuwachs des operativen Ebitda von 27% auf 1,34 Mrd. Euro. Einen Beitrag von 120 Mill. Euro dazu lieferte das Effizienzprogramm „Project Brenntag“, das Vorstandschef Christian Kohlpaintner bald nach seinem Amtsantritt 2020 gestartet hatte. Damit ist bereits mehr als die Hälfte der angestrebten Ergebnisverbesserung geschafft. Brenntag hat 72 der angestrebten 100 Standorte geschlossen und 925 Stellen abgebaut.
Während es operativ bestens lief, hat sich ein Konflikt mit dem Zoll substanziell ausgeweitet. Die Behörden werfen zwei deutschen Töchtern von Brenntag vor, ihre Dokumentationspflichten für eigentlich steuerfreie Alkohole für technische Anwendungen nicht sauber erfüllt zu haben. Bereits im ersten Quartal war ein Steuerbescheid für eine Nachzahlung von Branntweinsteuer über 63 Mill. Euro eingegangen, im vierten Quartal folgte ein weiterer über 31 Mill. Euro, jeweils für die Jahre 2014 bis 2016. Für die Zeit danach bis 2018 hat Brenntag außerdem eine Rückstellung von 81,5 Mill. Euro gebildet, so dass das Ergebnis insgesamt mit rund 175 Mill. Euro belastet wurde. Der Vorstand sieht sich zu Unrecht zur Kasse gebeten und geht laut Kohlpaintner juristisch gegen die Steuerbescheide vor. Der Konzern-Nettogewinn 2021 ging jedoch erst einmal zurück. Die Dividende steigt trotzdem das elfte Jahr in Folge auf 1,45 Euro. Die Ausschüttungsquote liegt bei 50%.
Russland-Geschäft gestoppt
Der Krieg in der Ukraine wirkt sich unmittelbar nur gering auf die Brenntag-Geschäfte aus, da der Umsatz in Russland, der Ukraine und Belarus mit 100 Mill. Euro bei weniger als 1% des Konzernumsatzes liegt. Kohlpaintner kündigte an, alle Geschäfte in Russland und Belarus vorläufig einzustellen. Der Konzern will 0,5 Mill. Euro an Unicef und die Uno-Flüchtlingshilfe spenden.
Kohlpaintner beschrieb die indirekten Auswirkungen des Kriegs auf die energieintensiven Prozesse in der Chemieindustrie am Beispiel von Ammoniak. Erdgas werde dort sowohl als Energieträger als auch als Rohstoff benötigt. Die Produzenten könnten die gestiegenen Herstellkosten oft nicht so schnell an die Kunden weitergeben, wie es eigentlich nötig sei. Dadurch sei es bereits 2021 zu einer Drosselung der Produktion und einer Verknappung von Ammoniak-Produkten gekommen – zum Beispiel Düngemittel oder Harnstoff für das Ad Blue in Dieselmotoren.
Brenntag geht jedoch dennoch davon aus, sich mit dem Geschäftsmodell und der Präsenz in 78 Ländern gut behaupten zu können. Das Marktumfeld werde jedoch voraussichtlich weiterhin extrem schwierig bleiben, sagte Kohlpaintner. Mit einer gewissen Normalisierung rechne das Unternehmen erst im weiteren Verlauf des Jahres. Unter dieser Voraussetzung prognostiziert die Brenntag-Führung eine weitere Ergebnissteigerung auf 1,45 bis 1,55 Mrd. Euro für das operative Ebitda.
M&A auf der Agenda
Akquisitionen bleiben für den Konzern ein wichtiger Bestandteil des Geschäftsmodells. Genug finanzieller Spielraum sei auch nach den erheblichen M&A-Investitionen aus dem vergangenen Jahr vorhanden, betonte Kohlpaintner. Der Verschuldungsgrad (Nettofinanzschulden zu Ebitda) von 1,6 sei niedrig, auch mit einem Wert von 2 würde sich Brenntag noch wohlfühlen. Mit dem Kauf des US-Unternehmens JM Swank hat Brenntag 2021 das Geschäft mit Lebensmittelinhaltsstoffen erheblich ausgebaut und kommt jetzt auf einen Umsatz von rund 2 Mrd. Euro. In diesem Jahr hat der Konzern bereits in Israel eine kleinere Akquisition (Umsatz: 39 Mill. Euro) getätigt.
Brenntag | ||
Konzernzahlen nach IFRS | ||
in Mill. Euro | 2021 | 2020 |
Umsatz | 14382 | 11795 |
Rohertrag | 3379 | 2869 |
Operatives Ebitda | 1345 | 1058 |
Erg. aus Sondereinflüssen | –229 | –47 |
Konzerngewinn | 461 | 474 |
Ergebnis je Aktie (Euro) | 2,89 | 3,02 |
Dividende (Euro) | 1,45 | 1,35 |
Free Cashflow | 425 | 1055 |
Nettofinanzschulden | 2070 | 1340 |
Marktwert 9.3. (Mrd.) | 10,7 | |
Börsen-Zeitung |