Raffinerie Schwedt

Bundesregierung prüft Rosneft-Enteignung

Im März läuft die Treuhandverwaltung bei der Großraffinerie PCK in Schwedt aus. Die Bundesregierung erwägt jetzt, den Mehrheitseigner zu enteignen. Der russische Rosneft-Konzern kündigt Widerstand an.

Bundesregierung prüft Rosneft-Enteignung

Bundesregierung prüft Verstaatlichung der Raffinerie Schwedt

Sorge um Versorgungssicherheit – Rosneft kündigt Widerstand gegen mögliche Enteignung an – Moskau droht mit Vergeltungsmaßnahmen

ahe Berlin

Das Bundeswirtschaftsministerium prüft kurzfristig eine Verstaatlichung der Großraffinerie PCK im brandenburgischen Schwedt durch eine Enteignung des bisherigen Mehrheitseigentümers Rosneft. Das Ministerium hat den staatlichen russischen Ölkonzern zu einer Anhörung zu diesem Thema eingeladen. Eine Entscheidung sei noch nicht gefallen, hieß es hierzu in Berlin. Oberstes Ziel bleibe es, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und den Geschäftsbetrieb von Rosneft Deutschland „verlässlich und auf Dauer zu sichern“.

Hintergrund der aktuellen Prüfung ist, dass die Treuhandhandverwaltung, unter die die viertgrößte deutsche Raffinerie nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine gestellt wurde, am 10. März ausläuft. Dazu muss eine Nachfolgeregelung gefunden werden. Ohne "anschließende staatliche Maßnahme" drohe Rosneft Deutschland seinem Versorgungsauftrag nicht mehr nachkommen zu können, hieß es warnend im Bundeswirtschaftsministerium.

Zu den Details des weiteren Verfahrens wollte sich das Wirtschaftsministerium nicht äußern. Es geht bei dem Verfahren auch um die Raffinerien MiRO in Karlsruhe und Bayernoil in Vohburg. Eine Sprecherin erklärte in Berlin, PCK laufe aktuell mit guter Auslastung.

Standort wird ausgebaut

Die Versorgungssituation sei seit Beginn der Treuhand stets gewährleistet und der Standort mit seinen Arbeitsplätzen gesichert gewesen. Der Standort solle zudem weiter ausgebaut werden. Dazu trage auch der Zukunftsfonds für die Region bei, der bereits mit zahlreichen Maßnahmen gestartet sei. Zur weiteren Rohölversorgung laufen nach Angaben der Sprecherin derzeit insbesondere Gespräche mit Unternehmen aus Polen und Kasachstan.

Rosneft reagierte auf die anstehende Anhörung und kündigte an, sich mit allen juristischen Mitteln gegen eine Enteignung stemmen zu wollen. Die vom Unternehmen beauftragte Berliner Kanzlei Malmendier Legal kritisierte, erst die Anordnung einer staatlichen Treuhand im September 2022 sowie die Anweisung, ab Januar 2023 kein Rohöl mehr aus Russland zu beziehen, habe den Raffineriebetrieb überhaupt erst in die heutige Schieflage gebracht. Es bleibe „ein Kuriosum, wie der Staat selbst oder ein eilig herbeigerufener Dritter die Raffinerien besser betreiben könne als in der heutigen Konstellation“.

Nach Einschätzung der Kanzlei wäre eine Enteignung von Rosneft eine Maßnahme, „die in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland beispiellos bliebe und auf immer der Investitionssicherheit schaden würde“. Rosneft werde als börsennotierte Aktiengesellschaft alle Maßnahmen ergreifen, um die Rechte ihrer Aktionäre zu schützen.

Nach Angaben von Malmendier Legal hat das Wirtschaftsministerium als Begründung für die Prüfung angeführt, dass Vertragspartner von PCK eine Zusammenarbeit mit Rosneft ablehnten. Laut Ministerium sei daher der Betrieb der Raffinerien im Falle des Wiedererlangens der russischen Kontrolle über die deutschen Rosneft-Gesellschaften gefährdet. 

PCK-Partner gegen Rosneft

Zugleich habe das Ministerium ausgeführt, dass aufgrund des fortdauernden Kriegs in der Ukraine nicht erkennbar sei, dass sich die Lage ändern würde, so die Kanzlei. Auch die politische Führung in Moskau reagierte und kündigte an, sich für den Fall einer Enteignung von Rosneft eine Vergeltung offenzuhalten. Man werde keinen Schritt ausschließen, um russische Interessen zu verteidigen, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Donnerstag auf die Frage, ob im Gegenzug deutsches Vermögen in Russland konfisziert werden könnte. Peskow nannte die deutschen Erwägungen illegal. Sie würden das Vertrauen in Investitionssicherheit in Europa untergraben.

Der russische Konzern, der erfolglos auch schon gegen die Treuhandschaft geklagt hatte, kontrolliert insgesamt 12% der deutschen Erdölverarbeitungskapazitäten. In Schwedt hält Rosneft Deutschland 54% der Anteile, die aktuell von der Bundesnetzagentur gemanagt werden. Minderheitsaktionäre sind der Shell-Konzern, der seine 37% verkaufen will, sowie die italienische Eni (8%). Über Schwedt werden vor allem Ostdeutschland und Teile Westpolens mit Benzin versorgt.

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