Chaos an den Flughäfen spitzt sich zu
hei Frankfurt
Die chaotische Situation im Luftverkehr spitzt sich zu und droht die durchgreifende Erholung der von der Pandemie schwer gebeutelten Branche zu gefährden. Die Deutsche Lufthansa storniert im Juli und August weitere 2200 Flüge. Eine Welle von Coronainfektionen in der Belegschaft hat den schon grassierenden Personalmangel noch weiter verschlimmert. Zuvor hatte das Unternehmen bereits 900 Flugstreichungen für Juli angekündigt. Die Aktie fiel am Freitag um bis zu 3,4%.
Zu großer Ansturm
Angesichts der Tatsache, dass der Höhepunkt des sommerlichen Reiseverkehrs in der Ferienzeit noch bevorsteht, schwant allen Beteiligten in der Branche nichts Gutes. Flughäfen und Fluglinien waren während der Pandemie gezwungen, in erheblichem Umfang Personal abzubauen, um zu überleben. Nun können sie die Beschäftigtenzahl nicht schnell genug wieder hochfahren, um den Ansturm zu bewältigen.
Während die Airlines beim fliegenden Personal zu knapp sind, um auch noch höhere Krankenstände zu verkraften, fehlt es an den Flughäfen an Sicherheitspersonal und sämtlichen Bodendiensten. Stundenlange Staus in der Abfertigung, Flugverspätungen und Ausfälle, die das ganze System aus den Fugen geraten lassen, sind die Folge. Lufthansa hatte ursprünglich darauf gehofft, im Sommer mit 75% der Vorkrisenkapazität zu operieren. Vorstandschef Carsten Spohr hatte die Krise bereits „gedanklich abgehakt“. Nun sehen sich die Airlines nicht nur mit Personalmangel, sondern auch mit Machtkämpfen angesichts hoher gewerkschaftlicher Tarifforderungen konfrontiert.
Das Problem dehnt sich europaweit aus. Besonders hart getroffen sind britische Flughäfen und Fluggesellschaften. Angestellte bei Ryanair und der IAG , der Mutter von British Airways, streiken oder haben angedroht zu streiken. Aufgrund der hohen Inflation fordern sie entsprechend mehr Geld. Bei Ryanair dürfte es über das ganze Wochenende zu Problemen kommen, da in Frankreich, Portugal, Italien und Belgien gestreikt wird. Bei British Airways will das Personal am Check-in im Flughafen London Heathrow streiken, obwohl noch kein Termin dafür festgelegt wurde. Der Londoner Flughafen Gatwick hatte vor kurzem die Streichung von Hunderten von Flügen wegen Personalmangels angekündigt, und auch Amsterdam Schiphol hat ähnliche Probleme. Easyjet, an beiden Flughäfen prominent vertreten, könnte das bis zu 200 Mill. Pfund kosten. Der Billigflieger ist seit Wochen immer wieder zu Flugstreichungen gezwungen, die teilweise sehr kurzfristig angekündigt wurden. British Airways hatte bereits angekündigt, bis Oktober 10% ihrer Flüge zu streichen, um den Sommerflugplan stabiler zu machen.
Technische Panne
Probleme gibt es indes auch in der Flugsicherung, die ebenfalls mit Personalmangel zu kämpfen hat. Aufgrund der hohen Qualifikationsanforderungen an Fluglotsen lassen sich diese nicht über Nacht rekrutieren. Darüber hinaus hatten technische Schwierigkeiten bei der Flugüberwachung in der Schweiz zuletzt schwere Turbulenzen in ganz Europa ausgelöst.