China krempelt den Gasversorgungsmarkt um

Preisliberalisierung in Sicht - Versorger unter Margendruck - Petrochina gilt als großer Gewinner

China krempelt den Gasversorgungsmarkt um

nh Schanghai – Die chinesische Regierung setzt eine Reihe von länger anstehenden Reformvorhaben im heimischen Gasversorgungsmarkt um, die mit einer Liberalisierung der Abnahmepreise für die Erdgasversorgung von privaten Haushalten einhergehen. Dabei werden die bislang künstlich niedrig gehaltenen Erdgaspreise für private Verbraucher an das Benchmark-Niveau von Industriekunden angepasst. Gleichzeitig steigen mit der neuen Verordnung auch die von städtischen Versorgern an die staatlichen Erdöl-und Gasförderkonzerne gezahlten Preise. Heftige Reaktion an der BörseDie Verkündung der am 10. Juni in Kraft tretenden Maßnahmen hat am Montag für Wirbel bei einer Reihe von an der Hongkonger Börse notierten chinesischen Unternehmen der Branche gesorgt. Dabei sind die Aktien von großen Versorgern wie China Resources Gas, China Gas Holdings und ENN Energy Holdings schwer unter Druck geraten und büßten in der Spitze um bis zu 8 % ein. Demgegenüber kletterten die Notierungen von chinesischen Ölförderern, allen voran beim Staatsriesen Petrochina, dessen Aktie in Hongkong mit einem Tagesgewinn von 6,5 % aus dem Handel ging. In einer Mitteilung der staatlichen Wirtschaftsplanungskommission National Development and Reform Commission (NDRC) heißt es, dass die jetzt avisierten Reform- und Liberalisierungsschritte in erster Linie der Aufrüstung und Unterstützung der Gasversorgungsindustrie auf Ebene von Produktion, Angebot, Lagerung und Verteilungsmechanismen dienen sollen. Für Peking gab es Handlungsbedarf nach den im vergangenen Jahr virulent gewordenen Anpassungsschwierigkeiten bei der Wärmeversorgung von privaten Haushalten, die aus umweltpolitischen Gründen zunehmend von kohlebefeuerten Fernwärmesystemen auf den saubereren Energieträger Erdgas umgestellt werden soll. Im Winter war es im Zuge eines erheblichen Anstiegs der Erdgasnachfrage für die privaten Haushalte zu chinaweit für Aufregung sorgenden Angebotslücken und Versorgungsengpässen gekommen. In Chinas kalten nordöstlichen Gebieten mussten dabei zeitweilig auch Gaslieferungen an die Industriekunden gedrosselt werden, um eine Versorgungskrise bei privaten Haushalten zu vermeiden. Gleichzeitig geht es Peking auch darum, einige problematische Anreizaspekte des bisherigen Preisregulierungsmechanismus abzustellen, die den chinesischen Ölkonzernen hohe Defizite im Erdgasgeschäft beschert und damit einen Aufbau von neuen heimischen Kapazitäten erschwert haben.Als größter Gewinner des neuen Maßnahmenpakets gilt nun zweifelsohne Petrochina als mit Abstand größter Produzent und Importeur von Erdgas. Die erfolgten Anpassungen der Benchmark werden es erlauben, 20 bis 25 % höhere Abnahmepreise bei den städtischen Versorgern durchzusetzen. Dies dürfte dabei helfen, das in den vergangenen Jahren meist defizitäre Gasgeschäft zu stabilisieren. Hohe ImportquoteSo war Petrochina bislang dazu angehalten, angesichts einer begrenzten heimischen Förderkapazität hohe Mengen an Erdgas zu importieren und zu einem niedrigeren Niveau als den Beschaffungspreisen im heimischen Markt weiterzuverkaufen. Im vergangenen Jahr musste China rund 40 % des heimischen Erdgasbedarfs über Lieferungen aus dem Ausland abdecken. Analysten gehen davon aus, dass die Anpassungen der Benchmarks in der Gasversorgung das Ergebnis um mindestens 4,2 Mrd. Yuan (rund 600 Mill. Euro) und damit um etwa 5 % stärken könnten. Im nächsten Jahr könnte dann ein Plus von gut 13 % anstehen, heißt es in der Researchnotiz von Sanford C. Bernstein. Bei den Gasversorgern allerdings muss eine etwas andere Rechnung aufgemacht werden. Sie erhalten durch die anstehenden Liberalisierungsschritte größere Freiheiten bei der Gestaltung der Gasversorgungspreise. An private Haushalte können die Verteuerungen bei den Bezugspreisen aber nur schrittweise weitergegeben werden. Saisonale FlexibilitätSeitens der NDRC heißt es, dass die neue Flexibilität vor allem zu einer Anpassung der Gaspreise an saisonale Nachfrageschwankungen und damit zu Senkungen in den Sommermonaten führen soll. Dies wiederum könnte sich auf das Gaslagergeschäft positiv auswirken beziehungsweise die Anbieter zu einer Erhöhung von Lagerkapazitäten animieren, um von einer saisonalen Preisarbitrage zu profitieren. Analysten erwarten, dass die drei Gasversorger China Resources Gas, ENN Energy und China Gas zunächst mit Margeneinbußen konfrontiert werden, und rechnen mit einer Gewinnbeeinträchtigung im laufenden Jahr von 2 bis 6 %. Dabei dürfte China Resources Gas aufgrund eines relativ hohen Anteils von Privatkunden am Gasgeschäft am stärksten negativ betroffen sein.