Kapitalaufstockung

Chinesische Nio wagt es, US-Börse anzuzapfen

Der chinesische Premiumwagenhersteller Nio Inc. wagt einen erneuerten Anlauf für eine Kapitalbeschaffungsmaßnahme an der New Yorker Börse. Nio will mit einer weiteren Aktienausgabe bis zu 2 Mrd. Dollar einsammeln.

Chinesische Nio wagt es, US-Börse anzuzapfen

nh Schanghai

Der für forsche Vorstöße im chinesischen Elektroautomarkt und harte Rivalität zu Tesla bekannte chinesische Premiumwagenhersteller Nio Inc. wagt einen erneuerten Anlauf für eine Kapitalbeschaffungsmaßnahme an der New Yorker Börse. Nio will mit einer weiteren Aktienausgabe bis zu 2 Mrd. Dollar (1,7 Mrd. Euro) einsammeln, was einer Aufstockung des Börsenkapitals um etwa 3% gleichkäme. In einer ersten Reaktion auf Aktienausgabepläne knickte der Nio-Kurs in New York um rund 6% ein, konnte sich aber am Donnerstag zunächst wieder leicht erholen.

Wie Nio in einer Prospekteingabe an die US-Wertpapieraufsichtsbehörde SEC mitteilt, soll es sich um eine sogenanntes „at-the-market offering“ handeln. Dies bedeutet, dass Nio die neuen Titel bis zur Ausschöpfung des geplanten Umfangs nach und nach zum jeweils vorherrschenden Preis in den Markt geben wird. Üblicherweise kommt es bei solchen Kapitalaufstockungen zu einer einmaligen Aktienplatzierung des Gesamtumfangs bei ausgewählten institutionellen Investoren, denen ein vorwegbestimmter Preisabschlag (Discount) auf den aktuellen Kurs eingeräumt wird.

Angegriffenes Klima

Die vorsichtige Vorgehensweise dürfte eng mit den gegenwärtigen Spannungen im Markt bezüglich US-gelisteter­ chinesischer Unternehmen stehen. Die seit September 2018 an der New York Stock Exchange (Nyse) gelistete Nio hat ihren Anlegern mit einer Vervierfachung des Kurses zwar bislang reichlich Freude bereitet, stößt nun aber auf ein abweisenderes Klima und hat im laufenden Jahr rund 25% eingebüßt. Schuld daran hat eine ausufernde chinesische Regulierungskampagne im Internet- und Technologiesektor, die in den zwei Monaten dramatische Kursverluste bei den US-Anteilscheinen von chinesischen Emittenten ausgelöst hat und bis auf weiteres auch neue chinesische IPOs an der Wall Street unterbindet. Abgesehen davon gibt es einige Unsicherheit über Nios weiteres Absatzpotenzial in diesem Jahr, nachdem die Gesellschaft kürzlich ihr Produktionsziel für 2021 zurückschrauben musste, weil es wie auch bei anderen Autobauern aufgrund einer weltweiten Knappheitssituation zu Disruptionen bei der Zulieferung von im Pkw-Bau unverzichtbaren Chipelementen ge­kommen ist. Zuletzt konnte Nio für ihre bislang nur im chinesischen Markt angebotenen Premium-Elektrofahrzeuge kräftige Absatzzuwächse von über 40% gegenüber Vorjahr verzeichnen, allerdings bewegen sich die monatlichen Verkäufe gegenwärtig noch in einem eher bescheidenen Rahmen von 6000 bis 8000 Fahrzeugen. Tesla kam zuletzt im August auf einen Absatz von gut 44200 in China produzierten Fahrzeugen, wobei allerdings mehr als 33000 für den Export nach Europa und Asien bestimmt sind.

Schuldenabbau

Dem Vernehmen nach wird Nio das mit der Aktienausgabe eingeworbene Kapital vor allem dazu verwenden, die Schuldenlast des Konzerns zu drücken, also die Bilanz zu stärken. Nio hat zwar bereits Pläne für ein Zweitlisting an der Hongkonger Börse ventiliert, doch dürfte sich das Vorhaben mit Blick auf das Marktumfeld in Hongkong bis zum nächsten Jahr verzögern. Zuvor hatten die ebenfalls in New York notierten Nio-Konkurrenten Xpeng und Li Auto mit ihren Hongkong-Zweitlistings im Sommer einen schweren Stand.