Automobilindustrie

Chinesischer Konzern greift nach deutschem Autozulieferer

Ein chinesischer Spezialist für Computer-Produkte soll die Mehrheit an dem Autozulieferer Leoni übernehmen. Alleineigentümer Stefan Pierer hat die Luxshare-Gruppe als Käufer ausgewählt.

Chinesischer Konzern greift nach deutschem Autozulieferer

Chinesischer Konzern greift nach Autozulieferer Leoni

Alleineigentümer Stefan Pierer will Mehrheit an Luxshare verkaufen – Spezialist für Computerkabel und Apple-Produkte

mic München

Leoni ist eine wichtige Adresse für die europäische Automobilindustrie. Das Unternehmen liefert unter anderem mit den sogenannten Bordnetzen ein zentrales Element von Autos, die Nürnberger sind in 26 Ländern aktiv. Die Kunden werden, wenn es nach den Plänen von Alleineigentümer Stefan Pierer geht, demnächst einen Ansprechpartner aus China mit bisher geringer Automobil-Expertise haben, sollten sie mit dem Eigentümer sprechen wollen.

Die Luxshare-Gruppe werde einen Anteil von 50,1% übernehmen, teilte Leoni mit. Darüber hinaus kaufe das neu gegründete Luxshare-Joint Venture Time Interconnect Singapore den Geschäftsbereich Automotive Cable Solutions vollständig. Nach dem Carve-out werde sich diese Kabelsparte als führender unabhängiger Hersteller von Fahrzeugleitungen positionieren. Luxshare Precision Industry gibt den gesamten Kaufpreis mit umgerechnet 525 Mill. Euro an.

Systemrelevant

Zum Leoni-Kundenkreis gehört das „Who’s who“ der Automobilbranche. Welche Bedeutung der Zulieferer hat, wurde beispielsweise zu Beginn des Großangriffs von Russland auf die Ukraine deutlich. Weil Leoni Anfang 2022 die Werke in der Westukraine stilllegen musste, unterbrachen hiesige Autobauer ihre Produktion. Leoni erlöste im vergangenen Jahr mit 95.000 Beschäftigten rund 5,5 Mrd. Euro.

Die Kundschaft von Audi über Mercedes bis BMW wird daher die Veränderungen in Franken aufmerksam beobachten. Erste Kunden seien informiert worden, heißt es in Unternehmenskreisen. Das Feedback sei positiv, es würden die Vorteile der Partnerschaft gesehen.

Verkäufe ins Ausland

Leoni-Vorstandsvorsitzender Klaus Rinnerberger streicht als Vorteil heraus, dass die Wettbewerbsfähigkeit nach vorne gebracht werde – von der Erweiterung des Portfolios über den Marktzugang bis hin zu den technologischen Fähigkeiten und der Produktion. Die Leoni-Präsenz in Osteuropa, Nordafrika und Amerika werde mit dem Luxshare-Produktionsnetzwerk in China und Vietnam kombiniert. „Die Partnerschaft beschleunigt auch die finanzielle Stabilisierung“, heißt es in der Leoni-Mitteilung.

Die 2004 gegründete Luxshare ist seit 2010 in Shenzhen börsennotiert. Im vergangenen Jahr seien 64 Mrd. Dollar erlöst worden, heißt es. Das Unternehmen hat Expertise in Computerkabeln und ist Apple-Zulieferer. Der Automobilsektor spielt eine untergeordnete Rolle. Laut Geschäftsbericht 2022 wurden knapp 3% der Erlöse mit dieser Branche erwirtschaftet.

Verkäufe deutscher Konzerne

Die geplante Mehrheitsübernahme von Leoni verlängert die Reihe von Verkäufen deutscher Konzerne ins Ausland. Einst wurde der Roboterbauer Kuka von Chinas Midea erworben, die Viessmann-Heizungssparte ging samt Wärmepumpentechnologie an den US-Konzern Carrier Global, die Bahn-Speditionstochter DB Schenker wird für fast 15 Mrd. Euro an den dänischen Logistiker DSV verkauft, mit Covestro soll zum ersten Mal ein Dax-Konzern von einem arabischen Staatskonzern übernommen werden, und die italienische Unicredit robbt sich an die Commerzbank heran. 

mic München
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