Im GesprächNikolas Bullwinkel

Circus will Küchenroboter in Uni-Kantinen bringen

Mit seinen Küchenrobotern will das Hamburger Start-up Circus dem Personalmangel in der Systemgastronomie begegnen. Erstmals im großen Maßstab sollen die Geräte künftig in China zum Einsatz kommen. In Europa und den USA strecke man aber auch die Fühler aus, sagt CEO Nikolas Bullwinkel.

Circus will Küchenroboter in Uni-Kantinen bringen

Im Gespräch: Nikolas Bullwinkel

Circus bringt Küchenroboter in Universitätskantinen

Hamburger Gastro-Start-up schließt Vereinbarung zur Einführung tausender Food-Roboter in Pekinger Bildungseinrichtungen – Europa und USA auch im Fokus

Mit seinen vollautomatischen Küchenrobotern will das Hamburger Start-up Circus dem Personalmangel in der Systemgastronomie begegnen. Erstmals im großen Stil sollen die Geräte nun künftig in chinesischen Universitätskantinen zum Einsatz kommen. In Europa und den USA strecke man aber auch die Fühler aus, sagt Gründer Nikolas Bullwinkel.

Von Karolin Rothbart, Frankfurt

Sich schnell mal einen Kaffee aus dem Automaten zu ziehen, gehört unbestreitbar zu den wichtigsten berufsvorbereitenden Lerninhalten von Studierenden. Wenn es nach dem Hamburger Foodtech-Start-up Circus geht, sollte dieses Wissen künftig aber noch erweitert werden – denn mit seinen Foodtruck-ähnlichen Küchenrobotern will der Gründer Nikolas Bullwinkel Studis und andere Personengruppen bald auch schon in großem Still vollautomatisch bekochen lassen.

Den Start macht das seit Januar börsennotierte Unternehmen in China, wo es vor kurzem eine Absichtserklärung über die Einführung von 5.400 Küchenrobotern in Pekinger Bildungseinrichtungen unterzeichnet hat. Das geschätzte Umsatzpotenzial liegt laut Circus in den kommenden Jahren kumuliert im niedrigen einstelligen Milliarden-Euro-Bereich. Der Aktienkurs legte am Tag der Ankündigung um fast 10% zu.

„Wir haben schnell gesehen, dass das Potenzial in China aufgrund der reinen Marktgröße enorm ist“, sagt Bullwinkel. „Wir waren auf einem Campus, der über 70.000 Studierende beherbergt, die in 40 Kantinen versorgt werden. Deutsche Universitäten haben eine, vielleicht zwei Kantinen. Die Herausforderungen sind aber letztlich überall die gleichen.“

Das Hauptproblem, das Circus mit seinen Küchenmaschinen angehen will, ist der Personalmangel in der Gastronomie. Nach Angaben des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga vom Juli 2023 fehlten der Branche hierzulande zuletzt 65.000 Mitarbeitende. Neben dem demografischen Wandel hatte zuletzt auch die Corona-Pandemie die Engpässe verschärft, da sich viele Köche und Kellner in den Lockdowns andere Berufe gesucht haben.

Software allein nicht ausreichend

Das Robotermodell von Circus soll bei der Zubereitung und Verpackung von Speisen nun komplett ohne menschliches Zutun auskommen – dafür helfen ihm zwei Roboterarme, 50 Motoren sowie 25 Lichtschranken. Nach früheren Angaben soll es Gerichte innerhalb von wenigen Minuten zubereiten können. Die Firma ist mit ihrem Roboter am Markt nicht allein. Eine halbe Stunde Autofahrt von Circus entfernt befindet sich in Hamburg beispielsweise auch der Konkurrent Goodbytz, der mit seinen Küchenrobotern zuletzt im Oktober 12 Mill. Euro Wagniskapital eingesammelt hatte.

Die Küchenmaschinen von Circus sollen in China künftig jeden Tag Millionen von Schülern und Studenten bekochen.
Quelle: Circus SE

Bullwinkel, der einst auch an der Gründung des Lieferdienstes Flink beteiligt war, hatte Circus 2021 zunächst als weiteren Essenslieferdienst an den Start gebracht. Der Fokus lag damals auf sogenannten Geisterküchen, also Restaurants, die Gerichte ausschließlich zur Abholung oder Lieferung zubereiten, nicht aber selbst im Haus servieren. Das Ziel lautete schon damals, die Systemgastronomie umzukrempeln: „In der Branche gibt es eine maximale Ineffizienz, wo viel Personal auf großen Flächen eingesetzt wird und wo Prozesse kaum digitalisiert sind“, sagt Bullwinkel. „Wir wollten dafür Lösungen anbieten und haben irgendwann festgestellt, dass Software allein nicht ausreicht. Was es braucht, ist Automatisierung.“

So übernahm Circus im vergangenen Jahr das Berliner Küchenroboter-Start-up Aitme, dessen Maschinen ursprünglich nur für Unternehmenskantinen vorgesehen waren. Bullwinkel sieht darin heute aber nur eines von mehreren denkbaren Einsatz-Szenarien. „Wir sehen viele Anwendungsmöglichkeiten in der öffentlichen Bildungs- und Verkehrsinfrastruktur, also in Universitäten, Schulen, Krankenhäusern, Flughäfen oder Bahnhöfen, aber auch im Lebensmitteleinzelhandel. Wir wollen überall da stattfinden, wo sich Menschen im Alltag bewegen und Hunger haben – und das rund um die Uhr.“

„Kampf um Talente“

In Deutschland hat das Start-up derzeit neben Hamburg noch Standorte in Berlin und München. Der Heimatmarkt sei spannend und biete viele Möglichkeiten, genauso wie die USA, sagt Bullwinkel. „Es ist nicht so, dass wir unseren vollen Fokus jetzt auf den asiatischen Raum legen, nur weil wir da unseren ersten Ankerpartner gefunden haben. Im Gegenteil, das ist jetzt der Startpunkt unserer globalen Strategie.“ Er sei „sehr zuversichtlich“, noch in diesem Jahr weitere Partner ankündigen zu können, so Bullwinkel.

Die Nachfrage will das Unternehmen vornehmlich mit jeweils kleineren Fabriken vor Ort bedienen. „Sowohl in den USA als auch in Europa und in Asien sind Produktionsstätten geplant, wobei wir grundsätzlich auf der Suche nach Partnern mit großen Abnahmemengen sind, um die Kosten niedrig zu halten“, sagt Bullwinkel. Je nach Konfiguration und Markt koste ein Küchenroboter zwischen 100.000 und 250.000 Euro.

Für den frühen Börsengang habe man sich zum einen entschieden, um künftig auch Möglichkeiten für ein anorganisches Wachstum mithilfe von Übernahmen zu haben. Zum anderen ging es dem Unternehmen darum, Mitarbeitenden Aktienoptionen bieten zu können und sich damit am Arbeitsmarkt attraktiv zu machen. „In der Robotik herrscht aktuell ein Kampf um Talente und jeder braucht die besten Leute“, sagt Bullwinkel.


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