Comeback-Versuch eines Giganten
Von Heidi Rohde, Barcelona
Der chinesische Technologiekonzern Huawei setzt nach einem von Rückschlägen geprägten Jahr auf ein Comeback und nutzt die Bühne auf dem Mobile World Congress (MWC), um eine breite Palette neuer Produkte vorzustellen. Um den Absatzeinbruch bei Smartphones außerhalb Chinas zu kompensieren, setzt die Consumer-Sparte auf die Wachstumspotenziale anderer Geräte wie PCs, Tablets, Wearables, Smart Screens und weitere, die Huawei zufolge auf eine durchaus robuste Nachfrage stoßen. Deutschland, als einer der wichtigsten Märkte in Europa, bleibt zwar hinter der globalen Wachstumsdynamik zurück – die auch den chinesischen Heimatmarkt umfasst. Allerdings kletterte immerhin der Absatz von PCs 2021 hierzulande um 39%, von Wearables um 35%, Tablets um 140% und Monitoren um 240%.
Verzahnung ist das Thema
Weitere Impulse erhofft sich Huawei nun unter anderem von den „Smart-Office-Lösungen“, die auf dem MWC vorgestellt wurden. Sie richten sich an eine neue Klientel von Kunden bei kleinen und kleineren mittelständischen Unternehmen (SME), für die eine bessere Verzahnung unterschiedlicher Geräte und Softwaresysteme angeboten wird, insbesondere was die Kompatibilität zwischen Windows-PC und Smart Devices mit eigenen proprietären Betriebssystemen angeht. Colin Kong, Deutschlandchef der Consumer-Division, gibt sich optimistisch, was das neue Kundensegment angeht.
Allerdings hat sich auch Hauptwettbewerber Samsung auf das Konzept der vernetzten Geräte eingestellt und stellte auf dem MWC ebenfalls neue Notebooks vor, die ein nahtlos verbundenes „Ökosystem“ in den Mittelpunkt stellen. Dabei hat der koreanische Konzern einen entscheidenden Vorteil: das 5G-Flaggschiff-Smartphone Galaxy S22 ist Teil des Systems. Samsung hofft, den Anteil am deutschen PC-Markt auf 10 bis 15% auszubauen. Das ist ein ambitioniertes Ziel, Marktführer Lenovo liegt bei gut 20%.
Gartner-Expertin Annette Zimmermann sprach von einer „wirklich starken Innovationsfähigkeit“ Huaweis, die allerdings nicht das Kernproblem löse: die US-Sanktionen, die Huawei von wichtigen Lizenzen für das Google-Betriebssystem Android abgeschnitten haben und den Nutzern damit Bestseller-Apps wie Google Maps vorenthalten. In der ersten Hälfte des zurückliegenden Jahres war der Umsatz der Consumer Business Group (CBG) konzernweit auf 21,4 Mrd. Dollar zusammengeklappt. Im vierten Quartal hat Huawei Gartner zufolge nur noch 10% des Volumens vor Jahresfrist verkauft.
Der Konzern stellt sich insgesamt nach früheren Aussagen des rotierenden Vorstandsvorsitzenden Guo Ping für 2021 auf einen Umsatzrückgang von rund 30% auf 634 Mrd. Yuan (100 Mrd. Euro) ein, der hauptsächlich auf den Absatzeinbruch in der CBG zurückgeht. Diese hatte im Vorjahr noch allein für einen Konzernumsatz von 74 Mrd. Dollar gestanden. Nach dem Regierungswechsel in den USA hofft Huawei indes, dass wieder Bewegung in die verhärteten Fronten kommt.
Neue Hoffnungen
„Wir sprechen regelmäßig mit allen relevanten Stakeholdern“, betont Kong, ohne die Google-Mutter Alphabet direkt zu nennen. Es ist indes kein Geheimnis, dass der US-Konzern nicht glücklich über den Verlust seines zeitweilig größten Android-Lizenzpartners vor Samsung ist. Allerdings wurde der Bann gegen Huawei in den USA von einer breiten politischen Mehrheit getragen. Unterdessen streckt Huawei die Fühler nach neuen Wachstumsfeldern aus. Dazu zählen Kong zufolge neben Smart Office und Smart Home auch Lösungen im „Gesundheitsbereich sowie Entertainment und Easy Travel“. Auch für 4G-Handys sei noch viel Raum.