Containerreeder auf der Konsolidierungswelle
Von Carsten Steevens, HamburgSeit 2014 dauert die aktuelle Konsolidierungswelle in der Containerschifffahrt an, ein Ende ist Einschätzungen in der Branche zufolge nach wie vor nicht in Sicht. Søren Skou, Vorstandschef des dänischen Møller-Mærsk-Konzerns mit dem Weltmarktführer Mærsk Line, geht davon aus, dass auf Dauer weltweit fünf bis sechs Linienreedereien im Wettbewerb bestehen werden. Fusionen und Übernahmen, die Synergien ermöglichen und Wettbewerber aus dem Markt nehmen, haben den Anteil der “Top 5” an der Gesamtkapazität der globalen Containerschiffsflotte von 44 % im Jahr 2013 auf 65 % steigen lassen. Laut dem Branchendienst MDS Transmodal kommen die zehn größten Reedereien aktuell auf etwa 84 % der Gesamtkapazität.Allein seit Beginn des laufenden dritten Quartals – der “Peak Season” in der Containerschifffahrt – haben weitere Projekte Konturen angenommen. So kündigte die chinesische Reederei Cosco im Juli eine 6,3 Mrd. Dollar schwere Offerte zur Übernahme von OOCL aus Hongkong an. Diese könnte das Staatsunternehmen mit einer Transportkapazität von 2,3 Mill. Standardcontainern (TEU) zur drittgrößten Containerreederei werden lassen. Vor rund drei Wochen vereinbarten 14 koreanische Linienreedereien in einer Absichtserklärung, mit Unterstützung der südkoreanischen Regierung und unter Leitung von Hyundai Merchant Marine (HMM) eine Korean Shipping Partnership zu gründen. Der ruinöse Preiskampf der vergangenen Jahre, der 2016 die koreanische Hanjin Shipping als ehemals siebtgrößten Carrier in die Insolvenz führte, lässt auch die drei japanischen Reedereien K-Line, MOL und NYK in einem Joint Venture zusammenrücken. Als Holdinggesellschaft wurde im Juli One Network Express gegründet, das Joint Venture soll im April 2018 seine Geschäfte aufnehmen. Frachtraten steigenSeit April sind die drei japanischen Gesellschaften gemeinsam mit der taiwanesischen Yang Ming sowie dem deutschen Branchenführer Hapag-Lloyd in einer der drei neu formierten Schifffahrtsallianzen – “The Alliance” – verbunden. Alle Mitglieder der Netzwerke, die sich Schiffe in einem Flottenpool teilen, setzen auf bessere Produkte für ihre Kunden bei zugleich geringeren Kosten. Die Kräftebündelung auf den Ozeanen ist zudem mit der Erwartung verbunden, dass es zu einem besseren Verhalten bei Schiffsbestellungen kommt. Überkapazitäten ließen die durchschnittlichen Frachtraten bis zu einem Tiefpunkt im zweiten Quartal erodieren. Seitdem ist eine schrittweise Erholung der Transportpreise zu beobachten.Hapag-Lloyd etwa verbuchte im zweiten Quartal einen Anstieg der durchschnittlichen Frachtrate im Vorjahresvergleich um 6,7 % auf 1 087 Dollar/TEU – ohne Berücksichtigung der zum 24. Mai übernommenen Geschäfte des Konkurrenten UASC vom Persischen Golf. Für das erste Halbjahr steht ein Plus von 2,5 % auf 1 068 Dollar/TEU in der Bilanz. Das erste Halbjahr entspreche im Wesentlichen den Erwartungen des Vorstands, wenngleich die Umsatzentwicklung aufgrund der nicht vollumfänglich auf allen Fahrtgebieten durchgesetzten Frachtratenerhöhungen leicht belastet worden sei, teilten die Hamburger mit. Weil UASC auf eine niedrigere durchschnittliche Frachtrate als Hapag-Lloyd kommt, rechnet man beim deutschen Branchenführer im Gesamtjahr nunmehr mit einem gegenüber 2016 unveränderten Niveau. Bislang war ein leichter Anstieg in Aussicht gestellt worden.Hapag-Lloyd, die für das zweite Quartal ein positives Betriebsergebnis (Ebit) von 84 (i.V. – 45) Mill. Euro und zudem unter dem Strich einen Gewinn von 16 (-99) Mill. Euro ausweist, erwartet im Zuge der UASC-Fusion ab 2019 zudem jährliche Einsparungen von 435 Mill. Dollar. Mittelfristige Ertragsziele will die Reederei, deren Aktie im bisherigen Jahresverlauf fast 70 % zugelegt hat, nach der im dritten Quartal weitgehend abgeschlossenen Integration der UASC-Geschäfte nennen. Marktdisziplin stabil?Die weitere Ergebnisentwicklung wird dabei neben Einsparungen, die schon mit der Übernahme der CSAV-Geschäfte Ende 2014 und mit zusätzlichen eigenen Maßnahmen in den vergangenen zwei Jahren einhergingen, wesentlich von der Frachtratenentwicklung abhängen. Mangelnde Marktdisziplin könnte wie schon in der Vergangenheit Erwartungen durchkreuzen. Dass nun offenbar der Branchendritte CMA CGM aus Marseille neun neue Mega-Frachter mit einem Fassungsvermögen von jeweils 22 000 TEU in China bauen lassen will, lässt ein erneutes Anwachsen der Überkapazitäten befürchten. Seit 2015 wurden keine weiteren Schiffe im Segment ab 18 000 TEU mehr bestellt, wie die Nord/LB in ihrer jüngsten Sektoranalyse konstatiert hat. Mit dem CMA-CGM-Auftrag könnte der verhängnisvolle Preiskampf neue Impulse erhalten.