Corona-Chaos am Flughafen Heathrow

Einreisende müssen ab Montag negativen Sars-CoV-2-Test vorlegen - Luftfahrtbranche unter Druck

Corona-Chaos am Flughafen Heathrow

hip London – Wer in Großbritannien einreist, wird erst ab Montag einen negativen Sars-CoV-2-Test vorweisen müssen. Die britische Regierung hat die ursprünglich für Freitag vorgesehene Einführung der Maßnahme zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie verschoben, um Reisenden mehr Zeit für die Vorbereitungen zu geben. Für Lkw-Fahrer, Flugzeugbesatzungen und das Personal von Fernzügen gelten Ausnahmen, um den grenzüberschreitenden Verkehr nicht vollends zum Erliegen zu bringen.Die Regierung hatte verpflichtende Tests bei der Ankunft lange mit der Begründung abgelehnt, das sei ineffizient. Die Einführung von “Test to Release” – einem System, das Einreisenden die Möglichkeit geben sollte, ihre Quarantänepflicht durch einen freiwilligen Test zu verkürzen – war im Dezember chaotisch verlaufen, weil die Anbieter der Nachfrage nicht gerecht wurden. Nun dürfte der Andrang wieder zunehmen, denn der verlangte Test vor dem Abflug entbindet die ankommenden Passagiere nicht von der Pflicht, sich zehn Tage selbst zu isolieren, wenn sie kein negatives Testergebnis von “Test to Release” vorweisen können. Jubiläum ohne FeierlauneAm größten Londoner Flughafen Heathrow hätte man sich zu Beginn des 75. Jubiläumsjahrs des ersten kommerziellen Flugs bessere Nachrichten gewünscht. Am 1.1.1946 hatte sich ein umgebauter Lancaster-Bomber namens “Starlight” auf den Weg nach Buenos Aires gemacht. Seitdem hat die Fliegerei jeden Hauch von Exklusivität verloren. Abermillionen Passagiere werden alljährlich durch die Korridore von Heathrow geschleust. Doch die Zahl der beförderten Passagiere brach wegen der Pandemie im vergangenen Jahr um 73 % auf 22,1 Millionen ein – den geringsten Wert seit 1975. Immerhin, Heathrow ging mit einem Erfolg ins Jubiläumsjahr, der die Pandemie überdauern dürfte: Der Supreme Court hob im Dezember ein Urteil auf, das den Bau einer dritten Start-und-Lande-Bahn für illegal erklärt hatte.Seit Anfang des Jahres befindet sich Großbritannien erneut im Lockdown. Die Luftfahrtbranche hatte gehofft, dass die Regierung bei Einreisenden einen Test vor dem Abflug für ausreichend befindet und die Quarantänepflicht aufheben würde. Doch es kam anders. Die ab der kommenden Woche geltenden Regeln könnten “nur eine zeitlich befristete Notstandsmaßnahme” sein, sagte Tim Alderslade, der Chef der Lobby Aviation UK. “Wir können es uns nicht leisten, dass sich das über den ganzen Sommer hinweg fortsetzt.” Ryanair-Chef Michael O’Leary klagte, die Maßnahmen zerstörten jedes Vertrauen in Vorabbuchungen von Flügen oder Fähren und schnitten das Land von der Welt ab. Kritik kam auch von Alexandre de Juniac, dem Generaldirektor der International Air Transport Association (Iata). Die britische Regierung strebe offenbar eine “Null-Covid-Welt” an. Das sei jedoch nicht erreichbar. Die Konsequenzen seien schwerwiegend. Die Reisebranche werde sich nicht erholen. Mehr Arbeitsplätze verschwänden. Ryanair strich bereits ihren Flugplan zusammen. Der Billigflieger rechnet für den laufenden Monat mit weniger als 1,25 Millionen Passagieren. Im Februar und März könnten es jeweils weniger als eine halbe Million sein. Die Airlines appellierten an die Regierung, ihre Impfkampagne zu beschleunigen, doch ihr politischer Einfluss ist begrenzt.Zudem ist die Situation unübersichtlich. Obwohl sich Innenministerin Priti Patel wiederholt für die Schließung der Außengrenzen aussprach, wurden trotz des Auftretens einer neuen Virusvariante in Brasilien zunächst nicht einmal die Flugverbindungen dorthin unterbrochen. Ab heute ist die Grenze jedoch für Reisende aus weiten Teilen Süd- und Mittelamerikas sowie Portugal geschlossen.