Corona hält Luftverkehr am Boden
Reuters Frankfurt
Die Reisebeschränkungen in der Corona-Pandemie haben den Passagierluftverkehr im ersten Halbjahr in Deutschland stärker getroffen als in anderen Ländern. Die Nachfrage bei den deutschen Fluggesellschaften habe um 85 Prozent unter dem Vorkrisenniveau von 2019 gelegen, erklärte der Bundesverband der deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL).
Europaweit war das Minus mit 78% etwas niedriger, der weltweite Rückgang belief sich auf 67%. „So wenige Passagiere an den deutschen Flughäfen hatten wir zuletzt im Jahr 1971“, erklärte BDL-Geschäftsführer Matthias von Randow. Die Ticketpreise für Europa-Flüge stiegen im Vergleich zu 2019 deutlich.
Die besonders schwache Entwicklung in Deutschland lag nicht nur am schleppenden Fortschritt bei Corona-Impfungen, mit denen Reisende harte Auflagen zur Pandemiebekämpfung wie Quarantäne vermeiden können. Auch Inlandsflüge erholten sich langsamer als in anderen europäischen Ländern, da sich der britische Billigflieger Easyjet aus dem Markt zurückzog und es mehr alternative Reisemöglichkeiten mit der Bahn gibt. Von Juni bis September wurden nur 28% der Sitzplätze im Vergleich zu 2019 angeboten – im europäischen Schnitt sind es 70%. Zudem ist der Marktführer Lufthansa stark von internationalen Langstreckenflügen abhängig, die noch immer stärker eingeschränkt sind als Europa-Verbindungen.
Bei der Luftfracht ergab sich ein anderes Bild: Das Frachtvolumen stieg von Januar bis Juni gegenüber dem ersten Halbjahr 2019 um 11% und damit deutlicher als der europäische Durchschnitt von 5%. Die Umsätze der vom BDL vertretenen Airlines und Flughäfen gingen mit 63% im Halbjahr nicht so stark zurück wie die Verkehrsleistung. Die Zahl der Beschäftigten liege mittlerweile 10% unter dem Niveau von 2019. „Positiv ist: Seit dem Sommer zieht die Nachfrage deutlich an“, sagt von Randow. Von Juni bis September seien wieder 48% des Flugangebots von 2019 im Markt, im September allein sogar 61%. Insbesondere Passagierflüge in die Reiseländer Türkei, Griechenland, Portugal und Spanien nähmen zu. In Erwartung einer Öffnung der USA wird im September fast wieder die Hälfte der Sitzplätze bei Transatlantikflügen angeboten. Das Angebot für China-Flüge liegt dagegen erst bei 27%.
Wenn sich die aktuelle Entwicklung fortsetzt, würden 2021 laut BDL rund 33% der Verkehrsleistung von 2019 erreicht werden. Im kommenden Jahr könnte sich das Volumen auf 80% erholen – vorausgesetzt, die Impfkampagnen seien erfolgreich, Reisebeschränkungen etwa der USA würden aufgehoben und die Wirtschaft entwickele sich weiterhin robust. Dann sei auch kein weiterer massiver Personalabbau zu erwarten. Das Vorkrisenniveau werde aber erst 2024 oder 2025 erreicht.