Covid verhilft Businessjets zu Renaissance
wü Paris
Es sei ein neuer Meilenstein in der Geschichte des Unternehmens, erklärte Eric Trappier, kaum war das Flugzeug gelandet. Dieser sei umso bemerkenswerter, als er die Widerstandsfähigkeit von Dassault Aviation gegenüber der Covid-19-Pandemie deutlich vor Augen führe. Trotz der Krise hält der französische Flugzeugbauer an dem Zeitplan für seinen neuesten Businessjet Falcon 6X fest, der Ende 2022 erstmals den Dienst aufnehmen soll. Er absolvierte Mittwoch seinen Erstflug in Bordeaux. Damit nicht genug, denn trotz der Krise will Dassault noch in den kommenden Monaten, vielleicht schon in den kommenden Wochen den Startschuss für ein neues Businessjet-Modell geben.
Während die Luftfahrtindustrie wie kaum eine andere Branche von der Pandemie getroffen wird, kommt die private Geschäftsfliegerei vergleichsweise glimpflich davon. Besser noch, denn Covid-19 verhilft ihr sogar zu einer Renaissance. Da Fluggesellschaften angesichts der Coronabeschränkungen in vielen Ländern ihr Angebot drastisch reduziert haben, weichen vermögende Privatleute und Unternehmen verstärkt auf sie aus. Privatjet-Betreiber wie ASL Group, Lunajets und Private Fly berichten von einer gestiegenen Nachfrage. Lunajets beispielsweise hat letztes Jahr 15% mehr Flüge als 2019 verkauft. Der Markt für Gebrauchtflugzeuge, ein traditioneller Indikator für die Entwicklung der gesamten Businessjet-Branche, hat sich ebenfalls deutlich belebt.
Zwar ist sie 2020 anfangs genau wie der gesamte Luftfahrtsektor hart getroffen worden, doch sie hat sich schneller wieder erholt. So ist die Zahl der von Linienfluggesellschaften durchgeführten Flügen letztes Jahr um 49% eingebrochen, die von Privatjets jedoch nach Angaben der Flugdatenfirma Wing X nur um 24%, in Europa laut der Vereinigung European Business Aviation Association (EBAA) um 25%. Bei den Flugzeugauslieferungen sieht der Trend ähnlich aus. Während die Auslieferungen von Airbus 2020 um 34% einbrachen und die von Boeing um 59%, fielen die Auslieferungen von Business- und Privatjets nach Angaben der General Aviation Manufacturers Association (GAMA) nur 9,7% niedriger als 2019 aus. Gulfstream Aerospace (General Dynamics) Auslieferungen sanken um 15,7% auf 127 Maschinen und die von Bombardier von 142 auf 114.
Dassault Aviation wiederum lieferte 34 Falcon-Exemplare statt 40 wie im Vorjahr aus. In diesem Jahr dürften die Auslieferungen sogar noch weiter zurückgehen, auf 25 Exemplare, erwartet Dassault-Chef Trappier. Die Zahl der Bestellungen für Falcon-Jets brach von 40 auf 15 ein. Dennoch ist Trappier zuversichtlich, was die Aussichten für das Segment angeht. „Auch wenn wir nicht viele neue Flugzeuge verkauft haben, läuft der Gebrauchtmarkt für Businessjets gut“, sagte er bei der Vorstellung der Bilanz. „Neue Käufer interessieren sich erstmal für gebrauchte Modelle, dadurch steigt die Zahl potenzieller Kunden.“
Trappier ist überzeugt, dass es in Zukunft zwar weniger Geschäftsreisen geben wird, da Unternehmen seit Ausbruch der Pandemie merken, wie einfach sich Videokonferenzen durchführen lassen. „Aber der direkte Kontakt bleibt wichtig“, meint er. Dabei gäbe es jedoch den Wunsch, Geschäftsreisen künftig wesentlich effektiver zu organisieren. Dafür seien Businessjets das perfekte Mittel, da sich Flüge mit ihnen an die Zeitpläne von Unternehmen anpassen lassen.
Außerdem böten Businessjets Kunden gerade jetzt während der Pandemie auch eine gewisse Sicherheit. Passagiere hätten Angst, sich mit hunderten unbekannten Fluggästen in überfüllten Flughafenterminals wiederzufinden, meint auch Patrick Gallagher von dem Betreiber Netjets. Sie hätten zudem keine Lust, die dafür erforderlichen Sicherheitsprotokolle zu durchlaufen. Deshalb würden Passagiere, die vor Covid-19 in der Business Class oder der ersten Klasse gereist seien, inzwischen lieber mit dem Privatjet fliegen.
Die Coronavirus-Krise habe klar den Mehrwert von Businessjets gegenüber der kommerziellen Luftfahrt gezeigt, urteilt Marie-Laure Gassier von der auf Jet- und Yacht-Finanzierungen spezialisierten Einheit von BNP Paribas. Das habe der Branche neue Kunden gebracht. Rebecca Johnson vom Flugzeugbroker Jet HQ bestätigt den Trend: „Wir haben eine Menge Erstkunden.“ Viele von ihnen haben keine Lust, abzuwarten, bis Fluggesellschaften mit ihrem Angebot wieder das Vorkrisenniveau erreichen. Denn das könnte nach Ansicht von Experten Jahre dauern.