IM BLICKFELD

Das Leiden der Pariser Luxushotels

Von Gesche Wüpper, Paris Börsen-Zeitung, 2.9.2020 An der Seine entlangschlendern, Ausstellungen im Louvre und dem Musée d'Orsay besichtigen, später in den Nobelkaufhäusern Galéries Lafayette, Le Printemps oder Bon Marché shoppen, Kunstgalerien in...

Das Leiden der Pariser Luxushotels

Von Gesche Wüpper, ParisAn der Seine entlangschlendern, Ausstellungen im Louvre und dem Musée d’Orsay besichtigen, später in den Nobelkaufhäusern Galéries Lafayette, Le Printemps oder Bon Marché shoppen, Kunstgalerien in Saint-Germain-des-Près besuchen und in einem Gourmetlokal essen: Wie keine andere Stadt steht Paris für Luxus, raffinierte Lebensart und Kultur. Eine Reise nach Paris steht deshalb bei Gästen aus aller Welt hoch im Kurs. Normalerweise. Denn die Coronaviruskrise hat die Tourismusindustrie der französischen Hauptstadt stark getroffen, allen voran die Luxushotels, deren Klientel oft zu 80 % oder mehr aus Übersee stammt. Steigende Infektionszahlen und neue Reisewarnungen wie die von Belgien und Deutschland für den Großraum Paris machen nun die Hoffnungen auf eine rasche Erholung zunichte. Der Pariser Flughafenbetreiber ADP etwa rechnet nicht vor 2024 mit einer Normalisierung des Flugverkehrs.Vor Ausbruch der Covid-19-Pandemie war Frankreich letztes Jahr mit 82,6 Millionen Besuchern das meistbesuchte Land der Welt. Paris und die umgebende Region Ile-de-France fanden sich bisher ebenfalls regelmäßig in den Top Ten der meistbesuchten Städte der Welt. Normalerweise kommen in der Zeit von April bis Oktober rund die Hälfte aller Touristen, die Frankreich besuchen, dorthin. Diesmal jedoch ist der Großraum Paris die Region Frankreichs, die den stärksten Besucherrückgang hinnehmen musste. So sind im ersten Halbjahr nach Angaben der regionalen Tourismusbehörde 14,3 Millionen Touristen weniger gekommen als im Vorjahreszeitraum, was einen Einnahmeverlust von 6,4 Mrd. Euro bedeutet. 2019 noch sorgten die 50,6 Millionen Touristen im Großraum Paris für 196,4 Millionen Übernachtungen in Hotels und Einnahmen in Höhe von 21,9 Mrd. Euro.Die Auslastungszahlen der Hotels dort sind nun laut dem Statistikamt Insee im Juni im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 88 % eingebrochen, landesweit dagegen “nur” 67 %. Wegen der strengen Ausgangssperre, die Frankreich Mitte März für zwei Monate verhängte, sowie den Reisebeschränkungen zahlreicher Länder blieben mehr als die Hälfte der fast 2 500 Hotels im Großraum Paris im Sommer geschlossen. Gleichzeitig mussten zahlreiche Messen und Kongresse abgesagt werden. Entsprechend brachen die Hotelübernachtungen in der Ile-de-France in den ersten sechs Monaten um 61 % ein. Dabei hatte das Jahr für die dort ansässigen Hotels eigentlich gut begonnen, da ihre Auslastungszahlen laut Insee im Januar und Februar um 5 und 6 % zugelegt hatten.Von den Lockerungen der Coronabeschränkungen profitierten zunächst die günstigsten Hotels der unteren Kategorien. Dagegen blieben viele Luxushotels auch im Sommer geschlossen. Eigentlich wollten sie nun zum Herbst hin wieder durchstarten. Doch just wo berühmte Häuser wie das Ritz wieder ihre Pforten für Gäste öffnen, steigen die Infektionsraten im Großraum Paris wieder sprunghaft an, so dass erste Länder eine Quarantäne für Rückkehrer aus diesen Gebieten verhängen.Bereits jetzt sind es die Luxushotels, die am stärksten gelitten haben. Laut Insee ist ihre Kundschaft im Juni im Vergleich zum Vorjahresmonat um 83 % eingebrochen. Von den zwölf sogenannten Palasthotels, wie die oberhalb von fünf Sternen angesiedelte Top-Kategorie heißt, sind derzeit nur das Ritz, das Crillon, das Plaza Athénée, das Bristol, das Meurice, das George V, das Park Hyatt Paris Vendôme und La Réserve wieder geöffnet. Das Lutétia soll Ende September folgen, das Shangri-La am 1. Oktober. Wann das Mandarin Oriental, das Royal Monceau und das Peninsula wieder Übernachtungsgäste empfangen werden, steht dagegen noch nicht fest. Nur La Réserve, mit 40 Zimmern das kleinste der Palasthotels, ist bereits wieder geöffnet, seit die Ausgangssperre in Frankreich gelockert wurde. Das hat sich ausgezahlt. So lag die Auslastungsrate im Juni auf eine Auslastungsrate bei 60 bis 70 % und im Juli bei 80 %, berichtet Generaldirektor Romain Meiran.Andere Hotels versuchen, die Umsatzeinbrüche wenigstens etwas abzufedern. So hat Peninsula zwei seiner Restaurants und eine Bar wieder geöffnet, das Ritz bietet Patisserien zum Mitnehmen an, das Crillon hausgemachtes Eis und die Terrasse einer Suite als Rooftopbar. Auch die Dachbar des Mama Shelter an der gegenüber dem Messegelände Porte de Versailles kann nicht über mangelnde Gäste klagen. Doch die Auslastungsrate der Zimmer liegt gerade mal bei 10 %, da 80 % der Kundschaft des Hauses aus Geschäftsreisenden besteht.Das Restaurant helfe, das Schlimmste zu verhindern, sagt Serge Trigano, der Chef der Mama-Shelter-Kette. Bis die Messeaktivitäten wieder anziehen, dürften jedoch noch Monate vergehen. Ohne Geschäftsreisende wird es jedoch schwer für die Hotels, sich von der Krise zu erholen. Denn sie sorgen für die Pariser Herbergen für 50 % des Umsatzes, sagt Vanguelis Panayotis von der Unternehmensberatung MKG Group. Rund 20 % der unabhängigen Hotels in Paris hätten große Schwierigkeiten mit ihren Bargeldreserven, sagt Eric Jeunemaître, der Vorsitzende des Tourismusverbandes des Großraums Paris. Damit drohen schon bald Pleiten.