Essensdienst

Delivery Hero setzt auf die Wachstumskarte

Der Essenslieferdienst Delivery Hero stellt für 2021 einen Umsatzsprung um rund 80% in Aussicht, bleibt aber tief in operativ roten Zahlen. Im ersten Quartal wurde das Geschäft in etwa verdoppelt.

Delivery Hero setzt auf die Wachstumskarte

Der Essenslieferdienst Delivery Hero will sein forsches Wachstumstempo fortsetzen. Den Bruttowarenwert (GMV), der das gesamte Verkaufsvolumen angibt, veranschlagt der Dax-Konzern auf 31 Mrd. bis 34 Mrd. Euro im Jahr 2021, nachdem im Vorjahr auf vergleichbarer Basis 21,8 Mrd. Euro erreicht wurden. Der Umsatz soll von 3,5 Mrd. Euro auf 6,1 Mrd. bis 6,6 Mrd. Euro vorankommen, teilt das Unternehmen mit. Den operativen Verlust, gemessen am adjustierten Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda), siedelt das Management zwischen 1,5 und 2% des GMV an. Im vergangenen Jahr waren es laut der Pro-forma-Rechnung minus 2,7%.

Die südkoreanische Woowa ist im Ausblick seit Jahresanfang enthalten. Die Übernahme, deren Volumen von 3,6 Mrd. Euro infolge des Kursanstiegs von Delivery Hero auf 5,7 Mrd. Euro angeschwollen ist, wurde am 4. März abgeschlossen. Die Pro-forma-Angaben für 2020 berücksichtigen Woowa ebenfalls. Delivery Hero Korea ist dagegen nicht enthalten, da der Konzern die Tochter auf Verlangen der südkoreanischen Wettbewerbsbehörde abgeben muss.

An der Börse kam der Ausblick gut an. Die im vergangenen Jahr in den Dax aufgestiegene Aktie legte am Mittwoch bis zu 11% zu. Für die US-Bank Morgan Stanley sind die Quartalszahlen durch die Bank besser ausgefallen als von Analysten im Schnitt erwartet. Zudem liege der Umsatzausblick für 2021 deutlich über den Erwartungen. Das Startquartal und die Jahresprognose seien typisch für ein Unternehmen, das alles auf Wachstum setze, meint das Analysehaus Jefferies.

Wann Delivery Hero die Gewinnzone erreicht, lässt CEO Niklas Östberg offen. Das Unternehmen werde nicht unter diesem Aspekt gesteuert, sagte er in der Telefonkonferenz. Die Profitabilität hänge davon ab, in wie viele neue Geschäfte das Unternehmen investiere. Entscheidend sei, dass die einzelnen Bestellungen zum Ergebnis beitrügen.

Umgerechnet in absolute Werte ergibt die Prognose einen um Sondereinflüsse bereinigten Verlust auf Ebitda-Basis zwischen 465 Mill. und 680 Mill. Euro nach 568 Mill. Euro im Jahr 2020. Im Geschäftsbericht ist die Rede davon, dass ein „etwas besseres Adjusted Ebitda der Segmente als 2020“ erwartet werde. Ergebniswirksame Investitionen von 550 Mill. Euro vor allem für eigene Lagerhäuser (Dmarts) und den Geschäftsausbau in neuen Märkten wie Japan, Vietnam, Peru und Ecuador seien in den Ausblick eingearbeitet, erläutert Östberg. Das bedeute, dass das bestehende Geschäft nahe am Break-even sei.

Die Angaben zur Marge bezieht Delivery Hero jetzt nicht mehr auf den Umsatz, sondern auf den sehr viel höheren GMV. Diese Betrachtung sei international üblich, heißt es, und trage der steigenden Bedeutung des Geschäfts mit der schnellen Auslieferung von Fertigwaren (Quick Commerce) Rechnung.

Das in Berlin ansässige Unternehmen, das in Deutschland kein eigenes Geschäft mehr betreibt, profitiert nach wie vor davon, dass sich viele Menschen aus Angst vor einer Corona-Ansteckung Essen nach Hause liefern lassen. Östberg ist aber zuversichtlich, dass der Konzern sein Wachstum in der Nach-Corona-Zeit fortsetzen wird. Man erwarte „keinen allzu großen Einfluss“ durch die Zurückdrängung der Pandemie. In Regionen wie Asien, wo die Coronakrise bereits eingedämmt ist, habe das Wachstumsmomentum Bestand, berichtet Östberg.

Im ersten Quartal 2021 verzeichnete Delivery Hero 663 Millionen Bestellungen, ein Anstieg um 88% zum Vorjahreszeitraum. Knapp die Hälfte der Orders hätten eigene Fahrer ausgeliefert, ein Anstieg um 10 Prozentpunkte zum Vorjahresquartal. Der GMV legte um 83% auf 7,8 Mrd. Euro zu, während die Segmentumsätze sogar um 116% auf 1,4 Mrd. Euro nach oben schossen. Das Berichtsquartal sei das neunte in Folge mit einem Umsatzplus von etwa 100%, betont Östberg. Keine Angaben macht Delivery Hero zum Quartalsergebnis. Ertragszahlen nennt der Konzern nur halbjährlich.

Große Hoffnung hegen Östberg und Finanzvorstand Emmanuel Thomassin im Quick Commerce, bei dem Kuriere Lebensmittel und Waren des täglichen Gebrauchs aus lokalen Lagerhäusern binnen weniger als einer Stunde zu Kunden bringen sollen. Q-Commerce gewinne immer mehr an Fahrt, sagt Thomassin. Inzwischen steuert die Sparte ein Zehntel zum Gesamtumsatz bei. Im ersten Quartal hätten die Bestellungen im Jahresvergleich um gut 400% zugenommen. Im April seien pro Tag im Schnitt mehr als 400000 Orders hereingekommen. Delivery Hero habe im ersten Quartal mehr als 600 Dmarts in 35 Ländern in Asien, Europa, Lateinamerika und Nahost/Nordafrika betrieben.

Das vergangene Jahr schloss Delivery Hero mit 1,4 Mrd. Euro Nettoverlust ab. Der Fehlbetrag entspricht mehr als der Hälfte des Konzernumsatzes von 2,47 Mrd. Euro. In Japan wollen Delivery Hero und Woowa das Geschäft unter der Delivery-Hero-Marke Foodpanda bündeln.

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