Der Countdown für die Kohlekommission läuft
cru Düsseldorf – Für die Kohlekommission tickt die Uhr. Die Bundesregierung wird nicht mit leeren Händen zum COP24-Klimagipfel der UN vom 2. bis 14. Dezember im polnischen Kattowitz fahren wollen. Wenn sich die Verhandlungsführer nicht auf die Annahme der Umsetzungsrichtlinien für das Pariser Klimaabkommen einigen, dann wird dies als Scheitern Polens angesehen werden. Es schwände die Hoffnung, die Erderwärmung auf 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit vor 150 Jahren zu begrenzen, indem die CO2-Emissionen bis 2030 um 45 % reduziert werden.Die Kohlekommission unter Vorsitz von Matthias Platzeck, Ronald Pofalla, Barbara Praetorius und Stanislaw Tillich hat bereits erste strukturpolitische Empfehlungen vor allem für die Braunkohlereviere beschlossen. Der wichtigste Punkt: Im Bundeshaushalt sind schon 1,5 Mrd. Euro bis 2021 für die Strukturpolitik eingeplant, die “im Sinne eines Sofortprogramms” genutzt werden und “ein erster Schritt” sein sollen. “Daneben wird sich die Kommission dazu verständigen, welche zusätzlichen Mittel und für welchen Zeitraum erforderlich sind, um den Strukturwandelprozess auch über diese Wahlperiode hinaus zu begleiten”, heißt es im Entwurf. Die Kommission tagt nun wieder am 15. und 16. November in Berlin. Dann wird es ernst: In dieser zweitägigen Sitzung wird – nach den Subventionen für den Strukturwandel – intensiv über klima- und energiepolitische Fragen beraten. Bis zum 11. Dezember soll der Abschlussbericht fertig werden. Danach ist die Politik am Zug. 2019 soll es das erste deutsche Klimaschutzgesetz geben, das auch für den Verkehr und Heizungen verbindliche Ziele festschreibt. Ausstiegsdatum offenAlle warten derzeit auf Kapitel 4 des Berichts der Kohlekommission. In diesem Kapitel will die Kohlekommission aufschreiben, wann Schluss sein soll mit den Kohlekraftwerken in Deutschland. Aber Kapitel 4 besteht bisher nur aus hellgrauen Überschriften. Bisher ging es nur um Jobs, Geld, Straßen, Schienen für das rheinische Revier und die Lausitz mit den Braunkohletagebauen.”Die Energiewende beschreibt einen Pfad einer politisch getriebenen, strukturellen Veränderung des Energiesystems”, heißt es zu Beginn des 39-seitigen Entwurfs, der dem Staatssekretärsausschuss der beteiligten Ministerien übermittelt worden ist. Laut dem Kohlekommissionsvorsitzendem Pofalla, der als Bahn-Manager auch die Interessen von Nordrhein-Westfalen in dem Gremium vertritt, soll der Ausstieg ohne betriebsbedingte Kündigungen auskommen. Bevor die Kommission den Kohlekumpeln in der Lausitz, im rheinischen Revier und im mitteldeutschen Revier sagt, wann es ihren Arbeitsplatz nicht mehr gibt, zeigen sie ihnen, wie es weitergehen könnte. Ein “Revierbonus” soll dafür sorgen, dass in den vier Revieren schneller geplant und gebaut werden kann.”Jahrzehnte nach dem Beginn des Endes des Kohlebergbaus liegt beispielsweise im Ruhrgebiet die Wirtschaftskraft weiter deutlich hinter der gesamtdeutschen Entwicklung zurück”, steht im Berichtsentwurf, und: “Der Zusammenbruch großer Teile der ostdeutschen Industrie nach der Deutschen Einheit hat Wunden hinterlassen.”Deshalb soll der Strukturwandel unterstützt werden. In der zweiten und wichtigeren Arbeitsgruppe der Kommission für Klimapolitik könnte es nun auf einen Kompromiss hinauslaufen, über den seit Mitte September gesprochen wird – dann wäre, wie Kohlekommissar Pofalla bereits ausplauderte, spätestens 2038 Schluss mit der Stromgewinnung aus Kohle, und bis 2020 würden 5 bis 7 Gigawatt Kohlekraftwerkskapazität abgeschaltet, um dem deutschen Klimaziel näher zu kommen.An genau dieser Stelle wird hart verhandelt. Denn für Stromerzeuger wie RWE, Uniper und Steag oder EnBW und Leag werfen die größtenteils längst amortisierten Kohlekraftwerke bei wieder steigenden Strompreisen bedeutende Gewinne ab. Im Streit um den Ausstieg hofft RWE-Chef Rolf Martin Schmitz auf eine Entscheidung noch vor dem UN-Klimagipfel in Polen. Endspurt zum 12. Dezember”Ich hoffe, die Kommission kommt auf ihrer letzten Sitzung am 12. Dezember zu einem Ergebnis, das dieses Thema insgesamt befriedet”, sagte Schmitz kürzlich. “Beschäftigte, Politik, Wirtschaft und Regionen brauchen endlich Planungssicherheit.” Die Pläne von RWE mit der Kohle gehen jedoch bis 2045.”25 Jahre für einen Ausstieg aus der Kohleverstromung sind nicht besonders lang.” Der Ausstieg aus dem Steinkohlebergbau, der 2018 mit der Schließung der beiden letzten Zechen in Bottrop und Ibbenbüren vollzogen wird, habe 30 Jahre gebraucht. “Sollte die Politik einen abrupten Ausstieg beschließen, würde ich geltend machen, was man uns da antut”, sagte der Manager. “Die Unternehmen würden enteignet – wie bei der Kernenergie. Und man müsste sie dafür entschädigen.”