IM GESPRÄCH: ANDREAS EWALD

"Der Hotelmarkt an sich ist gesund"

Der Geschäftsführer von Engel & Völkers Investment Consulting zu Transaktionsgeschäft, Pachtstundungen und Branchenaussichten

"Der Hotelmarkt an sich ist gesund"

Die Schockstarre, in die der Hotelimmobilienmarkt nach Ausbruch der Corona-Pandemie gefallen ist, löst sich allmählich. “Aktuell belebt sich der Transaktionsmarkt wieder”, berichtet Andreas Ewald, Geschäftsführer von Engel & Völkers Investment Consulting. Die Nachfragedelle sei durch einen externen Schock entstanden. “Der Hotelmarkt an sich ist gesund.”Von Helmut Kipp, FrankfurtWährend des Lockdowns waren die meisten Hotels wochenlang geschlossen. Inzwischen haben viele Betriebe wieder geöffnet, aber die Auslastung bei den führenden Unternehmen ist mit 10 bis 15 % gering. “Damit kann man kein Hotel profitabel führen”, sagt Andreas Ewald, Geschäftsführer von Engel & Völkers Investment Consulting, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung “Man braucht mindestens 40 bis 45 % Zimmerauslastung, um die operativen Betriebskosten zu decken.” Ketten mit mehreren Hotels in einer Stadt öffneten deshalb zum Teil nur einen Standort und ließen die anderen geschlossen. Bei kleineren Betreibern stelle sich die Frage, ob sie überhaupt öffnen sollen: “Viele tendieren dazu, da die Gäste ansonsten woanders hingehen könnten.”Die Mieten würden überwiegend gestundet. “Die volle Pacht wird derzeit nur in Ausnahmefällen gezahlt”, weiß Ewald, der auch Geschäftsführer der Engel & Völkers Hotel Consulting ist und institutionelle Investoren, Banken, Private-Equity-Fonds und Family Offices berät. Die Stundungen erstreckten sich meist auf drei bis maximal neun Monate. Vereinbarungen über Pachtverzichte gebe es bislang kaum.Spannend werde es im Herbst, dann laufe die Pacht wieder hoch. Dann werde sich zeigen, welche Hotels tragfähig seien und welche nicht. Das lockt risikobereite Investoren an: “Die Opportunisten, die bei einem größeren Abschlag sofort zuschlagen, liegen bereits auf der Lauer”, berichtet der Immobilienökonom. Das treffe für Private-Equity-Firmen, die Teams für Deutschland und Europa aufbauen, und auch für opportunistisch agierende vermögende Einzelpersonen und Institutionen zu. Einen generellen Preiseinbruch erwartet der Geschäftsführer, der seit Ende 2016 diese Position ausübt, aber noch nicht. “Verkäufer und Käufer belauern sich vielmehr, keiner traut sich aus der Deckung. Das hat dazu geführt, dass viele Transaktionen auf Eis liegen.” Zu Abwicklungen und Notverkäufen sei es bisher nicht gekommen.Im ersten Quartal war von der Hotelkrise wenig zu spüren, obwohl der Lockdown im März einsetzte. Das Transaktionsgeschäft florierte, der Immobiliendienstleister BNP Paribas Real Estate sprach von einem fulminanten Start in das Jahr 2020. Mit knapp 1,1 Mrd. Euro habe das Transaktionsvolumen auf dem Niveau des Rekordjahres 2017 gelegen.Im Bürobereich gebe es nach wie vor zahlreiche Transaktionen, berichtet Ewald: “Bei soliden Mietern, guten Mietverträgen und intakter Lage geht viel.” Der Berater veranschlagt die mutmaßlichen Preisrückgänge über alle Assetklassen hinweg auf 10 bis 15 %. Die Schere zwischen soliden und spekulativen Investments gehe weiter auseinander. Im Core-Segment, also bei voll vermieteten Beständen an Top-Standorten in Großstädten, dauerten Transaktionen länger, doch die Preise seien stabil. “Bei guter Lage, langfristigen Mietverträgen und unzweifelhafter Bonität wie der öffentlichen Hand als Mieter ist das Interesse investorenseitig sogar noch gewachsen, was in diesem Segment zu steigenden Preisen führt. Da gibt es keinen Abschlag im Vergleich zu der Zeit vor Corona.” Auch einzelne Wohnanlagen würden mit Aufschlag verkauft. Projektentwicklungen seien aber nicht mehr so leicht zu finanzieren wie bisher.”Der Hotelmarkt hat das Gröbste noch nicht hinter sich”, befürchtet der Berater, der gut 15 Jahre bei Ernst & Young Real Estate arbeitete. Gerade bei Ketten und Betreibern mit hohem Mietexposure sei eine angespannte Lage zu erwarten. Die Rückzahlung der gestundeten Beträge müsse über einen längeren Zeitraum gestreckt werden. Unter den Eigentümern sei die Bereitschaft zu Zugeständnissen gestiegen, doch seien institutionelle Bestandshalter restriktiver als Mittelständler, da sie treuhänderisch für Dritte agierten. Sie nutzten Stundungsvereinbarungen, um Verträge zu optimieren. Bereinigung wird beschleunigtEin wichtiger Faktor für die künftige Geschäftsentwicklung sei die Gästestruktur. “München und Hamburg haben eine gute Balance aus Geschäfts- und Freizeitgeschäft. Frankfurt hingegen hängt stark von Geschäftsreisen, Konferenzen und internationalem Tourismus ab”, sagt Ewald. Erste Profiteure einer Erholung seien Hotels, die deutsche Freizeittouristen beherbergen. “Der Münchner fährt jetzt an den Tegernsee, der Hamburger an die Nord- oder Ostsee. Bis Chinesen und Amerikaner wieder nach Deutschland kommen, wird es eine Weile dauern.”Auf längere Sicht bleibt Ewald optimistisch: “Wir glauben nach wie vor an den deutschen Hotelmarkt.” Die Attraktivität Deutschlands als Investitionsstandort sei ungebremst. Investoren achteten aber genauer auf Lage, Mieter und Miethöhe. “Hotels, die grundsätzlich solide geplant wurden, werden die Corona-Zeit überstehen. Was bisher schon gewackelt hat, steht vor einer Bereinigung.” Corona sei der Katalysator, der diesen Prozess beschleunige.