Deutsche Mittelständler stehen für China hoch im Kurs

EY: Immer häufiger auch in Milliarden-Transaktionen involviert - Akquisitionen zur Modernisierung stehen jetzt oben auf der Agenda

Deutsche Mittelständler stehen für China hoch im Kurs

wb Frankfurt – Hauck & Aufhäuser oder KraussMaffei: Das Interesse chinesischer Investoren an deutschen Zielen ist ungebrochen. Im vergangenen Jahr kauften Interessenten aus der Volksrepublik 36 deutsche Firmen und damit so viel wie 2014, hat die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft EY ermittelt. In keinem anderen EU-Staat waren die Bieter aus dem Reich der Mitte so aktiv wie in der Bundesrepublik.Das Interesse der Asiaten an deutschen Hidden Champions, in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannten Weltmarktführern in Nischenmärkten, bleibe auch künftig hoch, sagt EY-Expertin Yi Sun. “Deutsche Industrie- und Technologieunternehmen genießen in China höchsten Respekt.” Zwar sei bisher die Bereitschaft im Mittelstand, ausländische Investoren ins Boot zu holen, gering.Im Ranking ausländischer Investoren hierzulande ist das asiatische Land um einen Rang auf Platz 5 gestiegen. Spitzenreiter sind die USA mit 159 Akquisitionen vor Großbritannien mit 77. Insgesamt gingen den Angaben zufolge 652 deutsche Firmen komplett oder teilweise in ausländische Hände über.In Europa steht nach der Bundesrepublik Großbritannien oben, wo es 34 Deals von Chinesen gab. Ein Jahr zuvor war der Abstand deutlich größer, als sich Chinesen sich in 36 Unternehmen hier und bei 26 britischen eingekauft hatten. Hinter Deutschland und Großbritannien folgten zuletzt mit Abstand, aber steigender Tendenz Frankreich (20), Italien (17) sowie Spanien mit zwölf.Der mit Abstand größte M & A-Deal des Jahres wurde in London angekündigt: der Verkauf der britischen Telefónica-Tochter O2 an Hutchison im Volumen von 15,4 Mrd. Dollar. Für diese Transaktion steht allerdings noch die Genehmigung der Behörden aus. Auf dem zweiten Platz der größten chinesischen Zukäufe in Europa rangiert die Übernahme des italienischen Reifenkonzerns Pirelli durch Chemchina für 8,9 Mrd. Dollar, gefolgt vom Kauf des Schweizer Flugzeug- und Airportdienstleisters Swissport durch HNA für 2,8 Mrd. Dollar. Andere LigaDie in Deutschland getätigten Zukäufe spielten durchweg in einer anderen, deutlich kleineren Liga, zudem seien für nur 12 der 36 Deals Preisangaben verfügbar. Die größte Transaktion war die Übernahme der Hauck & Aufhäuser Privatbank durch Fosun für 210 Mill. Dollar. Die Transaktion steht noch unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörden. Bei der BHF-Bank blitzte Fosun hingegen ab. Anfang dieses Jahres fand die bisher größte Komplettübernahme eines deutschen Unternehmens durch einen Bieter aus der Volksrepublik statt: Chemchina zahlt für den Maschinenbauer KraussMaffei 925 Mill. Euro.Insgesamt kauften sich im vergangenen Jahr chinesische Investoren europaweit bei 179 Unternehmen ein, im Turnus zuvor wurden 163 Deals gezählt. Zum Vergleich: 2005 wurden 34 europäische Unternehmen in die Volksrepublik veräußert, im Vorkrisenjahr 2007 waren es 51 derartige M & A-Deals in Europa. Auch Mega-Deals”Inzwischen sind chinesische Unternehmen immer öfter in Mega-Deals involviert und zahlen Milliardensummen für europäische Konzerne”, beobachtet Yi Sun, die die China Business Services von EY im deutschsprachigen Raum leitet. Das 2015 nur noch leichte Plus chinesischer Übernahmen in Deutschland führt Sun auf den Mangel an Kaufgelegenheiten zurück, nicht auf stagnierendes Interesse.Der Kurssturz an den chinesischen Börsen und die nachlassende Dynamik der Wirtschaft werden nach Einschätzung der EY-Partnerin nicht zum Nachlassen der Investitionsaktivitäten chinesischer Unternehmen im Ausland führen. “Gerade jetzt wird klar, dass die chinesische Volkswirtschaft weiter modernisiert werden muss. Akquisitionen ausländischer Unternehmen stehen dabei ganz oben auf der Agenda.” Es gehe vielen Investoren nicht mehr in erster Linie um den Zugang zu Auslandsmärkten, wo sie längst einen Fuß in der Tür haben. Jetzt beabsichtigten sie, neue Geschäfte mit höhermargigen Produkten, etwa in der Hochtechnologie, aufzubauen und so die heimische Wirtschaft auf ein höheres Niveau zu hieven. Eine wichtige Säule dieser Strategie seien Akquisitionen. Etliche chinesische Unternehmen haben inzwischen eine Vielzahl an Akquisitionen in Europa durchgeführt. So haben im vorigen Jahr 19 chinesische Unternehmen mindestens zwei Zukäufe in Europa getätigt. Chemchina hat Pirelli und Krauss-Maffei gekauft und sich zuletzt 12 % am Schweizer Rohstoffhändler Mercuria zugelegt.Für Private Equity und Konzerne, die sich von Randaktivitäten trennten, seien Investoren aus der Volksrepublik ein wichtiger Exitkanal. Auch börsennotierte Unternehmen dürften Übernahmeangebote aus China erhalten. Je nach Land setzen die Investoren Schwerpunkte. In Großbritannien investierten sie in Infrastruktur wie Eversholt Rail oder in den Reise-, Freizeit- und Unterhaltungssektor (Thomas Cook, City Football Group, Les Ambassadeurs Club). In Frankreich konzentrierten sie sich vor allem auf Weingüter und Hotels.