Die Auftragspipeline in der Bauindustrie muss gefüllt bleiben
Im Vergleich zu vielen anderen Branchen, die auf massive staatliche Hilfe angewiesen waren und sind, ist die Bauindustrie bisher solide und annähernd ohne Kurzarbeit und Sonderkredite durch die Coronakrise gekommen. Unter Einhaltung hoher Hygienestandards und unter großer Einsatzbereitschaft von Unternehmen und Beschäftigten konnten fast alle Baustellen im Hoch- und Tiefbau fortgeführt werden. Die Politik auf Ebene von Bund, Ländern und Kommunen hat dies mit zweckmäßigen und zeitgerechten Maßnahmen unterstützt. Stabilisator der KonjunkturDie Bauindustrie war, nach einem besonders guten Jahr 2019, mit vollen Auftragsbüchern in das Jahr 2020 gestartet. Mittlerweile ist aufgrund von Stornierungen – vor allem gewerblicher Auftraggeber – und einer Zurückhaltung bei öffentlichen Ausschreibungen erkennbar, dass die wirtschaftliche Lage auch bei den Unternehmen der Bauindustrie im kommenden Jahr negativ beeinflusst wird.In der Krise hat die Baubranche ihre besondere Rolle als Motor und Stabilisator der deutschen Konjunktur eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Damit sie diese Funktion weiterhin ausfüllen kann, dürfen im Bereich der öffentlichen Investitionen im nächsten Jahr und auch in den Folgejahren weder Einsparungen vorgenommen noch die Verkehrsträger – insbesondere Straße und Schiene – gegeneinander ausgespielt werden. Als wichtiges Signal an die Branche ist es erforderlich, dass der Hochlauf der Investitionslinie Verkehr wie geplant fortgesetzt wird und dies auch im Bundeshaushalt 2021 seinen deutlichen Niederschlag findet.Leistungsfähige Straßen, Schienen und Wasserstraßen spielen weiterhin eine zentrale Rolle bei der Bewältigung der künftigen Herausforderungen der Verkehrspolitik. Daher ist es, auch zum Erreichen der hoch gesteckten Klimaziele, erforderlich, weiterhin in die Verkehrsinfrastruktur zu investieren. Nur durch klare und verlässliche Zusagen hinsichtlich künftiger Investitionsvolumen erhalten die Unternehmen der Bauindustrie Planungssicherheit und werden ihre Kapazitäten langfristig entsprechend organisieren. Kürzungen von Investitionen oder eine Neuverteilung der geplanten Mittel wären für die Unternehmen der Bauindustrie ein verheerendes Signal. Gesetz zur richtigen Zeit Seit jeher behindern bürokratische Hürden einen schnelleren Planungs- und Bauprozess. Die Erkenntnisse der Corona-Pandemie haben hier längst überfällige Entwicklungen in Gang gebracht. Daher ist das jüngst vom Bundeskabinett verabschiedete Investitionsbeschleunigungsgesetz ein wichtiges Signal zur richtigen Zeit in die richtige Richtung. Um die Wirtschaft anzukurbeln, die Infrastruktur zu modernisieren, Deutschland als attraktiven Wirtschaftsstandort zu erhalten und die politischen Ziele einer klimafreundlichen Mobilität zu erreichen, muss zügiger geplant und gebaut werden können. Gerichtsverfahren verkürzenBesonders wichtig ist dabei ein schnelleres Bauen bei der Schiene, das bei bestimmten Baumaßnahmen durch Wegfall der Genehmigung durch ein Planfeststellungsverfahren erreicht werden soll. Im Sinne der Verkürzung gerichtlicher Verfahren ist es zudem richtig, die erstinstanzliche Zuständigkeit bei den Oberverwaltungsgerichten oder Verwaltungsgerichtshöfen anzusiedeln.Zudem soll – wie von der Bauindustrie schon lange gefordert – gesetzlich der sofortige Vollzug von Baurecht bei überregional wichtigen Infrastrukturprojekten angeordnet werden, zum Beispiel bei Projekten aus dem Bundesverkehrswegeplan oder dem Mobilfunkausbau. In den Fällen, in denen keine entsprechenden Konflikte zu erwarten sind, soll in Zukunft auf ein Raumordnungsverfahren verzichtet werden. Die geplanten Maßnahmen, denen im Sinne von noch mehr Verwaltungseffizienz weitere Maßnahmen folgen müssen, sollten nun schnell verabschiedet und in die Praxis umgesetzt werden. Konjunkturpaket setzt ImpulsDie konjunkturelle Lage der bauindustriellen Unternehmen wird wesentlich von der Investitionstätigkeit ihrer Auftraggeber im öffentlichen wie auch im privaten Sektor bestimmt. Insofern ist das mit dem Konjunkturpaket gesetzte Signal der Bundesregierung richtig, vor allem die durch große Gewerbesteuerausfälle belastete Finanzlage der Kommunen zu stabilisieren und damit deren Investitionsfähigkeit in dringend erforderliche Infrastrukturvorhaben aufrechtzuerhalten.Ein wichtiges weiteres Signal ist zudem der Zukunftspakt Schiene mit einem Investitionsvolumen von 86 Mrd. Euro über die nächsten zehn Jahre. Wichtig sind aber auch die vielfältigen staatlichen Konjunkturpakete zugunsten der gewerblichen Wirtschaft. Nur wenn die Unternehmen ebenfalls finanziell stabilisiert werden, können diese weiter am Standort Deutschland investieren und Bauaufträge vergeben. Bauindustrie steht bereitDer nun erforderliche Neustart der deutschen Wirtschaft nach Corona braucht starke Branchen, deren Wertschöpfung vor allem im Inland stattfindet und die qualifizierte Arbeitsplätze und Nachwuchsförderung in Deutschland dauerhaft garantieren. Die Bauindustrie steht bereit, ihre Rolle bei diesem Neustart verantwortungsvoll zu übernehmen. Damit dies gelingt, muss die Politik einen glaubwürdigen und nachhaltigen Regulierungs- und Finanzierungsrahmen schaffen. Dazu gehört in erster Linie die Einhaltung zugesagter Investitionsvolumina für den Bau öffentlicher Infrastrukturvorhaben vor allem bei Straße und Schiene. Peter Hübner ist Präsident des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie und Mitglied des Vorstands der Strabag AG in Köln. In dieser Rubrik veröffentlichen wir Kommentare von führenden Vertretern aus der Wirtschafts- und Finanzwelt, aus Politik und Wissenschaft.——-Von Peter HübnerUm Deutschland als attraktiven Wirtschaftsstandort zu erhalten und die Infrastruktur zu modernisieren, muss zügiger geplant und gebaut werden können.——