RECHT UND KAPITALMARKT

Die neue Erlaubnis-Checkliste der BaFin

Mit EZB abgestimmt: Gemeinsames Verständnis deutschen Rechts - Auch für Inhaberkontrollverfahren ist Übersicht wünschenswert

Die neue Erlaubnis-Checkliste der BaFin

Von Mathias Hanten, Thomas Peek und Nadine Forstmann *)Am 7. Juli 2017 hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eine Authorisation as a Credit Institution – Checklist veröffentlicht. In diesem Dokument wird das Erlaubnisverfahren nach § 32 Kreditwesengesetz (KWG) in Verbindung mit § 14 der Verordnung über die Anzeigen und die Vorlage von Unterlagen nach dem Kreditwesengesetz (AnzV) dargestellt.Die Veröffentlichung, eine Nachfolgerin des gemeinsamen Merkblatts der Bundesbank und BaFin vom 31. Dezember 2007, war veranlasst durch eine Vielzahl von Erlaubnisanträgen, die die BaFin gegenwärtig von Brexit-Flüchtlingen entgegennehmen muss. Darunter sind viele Unternehmen, die zur weiteren Nutzung der vielfältigen European Passports eine neue, mit lokaler Erlaubnis versehene Tochtergesellschaft in einem der 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union gründen müssen. Viele Banken und Finanzdienstleister haben sich, nach umfassender Standortanalyse, für eine neue Tochtergesellschaft mit Sitz in Deutschland entschieden. An Konvergenz gelegenEine weitere Überlegung kann bei der Lektüre der Checklist und ähnlicher, künftiger Dokumente angestellt werden: Sowohl der Europäischen Zentralbank (EZB) als auch der European Banking Authority (EBA) ist daran gelegen, für aufsichtsrechtliche Konvergenz zu sorgen. Hierzu hat sich die EBA in ihrem Arbeitsplan für 2017 ausdrücklich verpflichtet. Damit soll ein aufsichtsrechtlicher Abwärtswettlauf vermieden werden. Denn soweit die relevanten Rechtsakte in Gestalt von Richtlinien von den nationalen Gesetzgebern umzusetzen waren, dies gilt insbesondere für Fragen der Erlaubnisverfahren, der Inhaberkontrolle, der Behandlung von Drittstaatenzweigstellen und auch des Outsourcing, bleibt ein beachtlicher Raum für nationale Besonderheiten. Darüber, ob diese nationalen Besonderheiten unter dem Aspekt der europarechtlich geforderten Subsidiarität geradezu geboten sind oder dem Konzept des Single Rule Book und einer Vollharmonisierung zuwiderlaufen, lässt sich streiten. Ausschließlich englischDie ausschließlich englische Fassung der Checklist macht deutlich, dass die BaFin sich dazu bereitfand, von § 23 Abs. 1 VwVfG, der emblematisch bestimmt, dass die Amtssprache Deutsch sei, abzuweichen. Vielleicht auch ein Aspekt unserer Willkommenskultur.Die neue Veröffentlichung hat noch einen anderen Hintergrund, über den es sich nachzudenken lohnt. Nach Art. 4 Abs. 1 der Verordnung zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank (SSM-VO) liegt die Zuständigkeit für die Erteilung von Erlaubnissen für CRR-Kreditinstitute als Teil der sogenannten Common Procedures bei der EZB.Zu den Common Procedures zählt zunächst die Erteilung der Bankerlaubnis. Darüber hinaus ist die EZB auch dann zuständig, wenn Kreditinstitute der Eurozone Leistungen im Wege des European Passport in einem Mitgliedstaat außerhalb der Eurozone erbringen wollen. Schließlich ist auch das Inhaberkontrollverfahren in Bezug auf CRR-Kreditinstitute Gegenstand der Alleinentscheidung der EZB; in diesen Verfahren entscheidet die EZB über die Eignung von Erwerbsinteressenten, die eine wesentliche Beteiligung an einem CRR-Institut mit Sitz in der Eurozone erwerben wollen.Die BaFin hat der konsistenten Gestaltung der Common Procedures schon vor längerer Zeit durch die Einrichtung eines neuen Referats – BA 15 – Rechnung getragen, das die Zuständigkeit für alle Gegenstände der Common Procedures innehat. Materiell interessant ist, dass sich die Vorschriften über diese Procedures, also etwa über die Erlaubnisverfahren, nach jeweils geltendem nationalen Recht richten, das auf Richtlinienrecht beruhend teilharmonisiert ist, aber immer noch zahlreiche nationale Besonderheiten aufweist. Hieraus ergeben sich, wie erwähnt, Konvergenzprobleme. Wir sehen hier den seltenen Fall, dass eine europäische Behörde nationales Recht anzuwenden und über dessen Auslegung zu entscheiden hat.Die Checklist ist zwischen BaFin und EZB abgestimmt und offenbart ein bei den Behörden gemeinsames Verständnis deutschen Rechts. Diese Art der Abstimmung ist aktuell besonders wichtig, weil sich das Europäische Gericht in einem am 16. Mai 2017 (Az.: T 122/15) verkündeten, nicht rechtskräftigen und umstrittenen Urteil umfassend zur Zuständigkeitsverteilung zwischen national zuständiger Aufsichtsbehörde (NCA), also für Deutschland die BaFin, und der EZB eingelassen hat (vgl. BZ vom 3. Juni und BZ vom 27. Mai).Bei einer derart schwierigen Rechtslage besteht die Notwendigkeit einer zwischen NCA und EZB, also nach außen, abgestimmten Behandlung der relevanten Rechtsfragen. Im Einzelnen beschreibt die Checklist das Erlaubnisverfahren und den notwendigen Inhalt des Erlaubnisantrages. Der Inhalt des Erlaubnisantrages wird insoweit wie folgt untergliedert:- Kurze allgemeine Einleitung, unter anderem Gegenstand des Erlaubnisverfahrens- Einzelheiten über den Antragsteller- Tragfähiger Geschäftsplan, der für mindestens drei Wirtschaftsjahre Planbilanzen und Plangewinn-und-Verlust-Rechnungen umfassen muss- Einzelheiten zur Geschäftsorganisation, zum Risikomanagement, zur internen Kontrolle sowie zu personellen und technischen Ressourcen der Antragstellerin- Einzelheiten zur Geschäftsleitung- Einzelheiten zum Aufsichtsorgan, soweit ein solches gesetzlich erforderlich ist- Inhaber bedeutender Beteiligungen, mit detaillierten Anforderungen an die Informationen über die Inhaberkette- Eigenmittelanforderungen- Einzelheiten zum Liquiditätsmanagement.Diese Gliederung entspricht den Vorgaben des § 14 AnzV. Strukturell ist die Checklist so gestaltet, dass sie sich zugleich gut als Gliederung des Erlaubnisantrages und seiner Dokumentation eignet.Die Checklist, obwohl sie sich auf die Erlaubnisverfahren für CRR-Kreditinstitute bezieht, kann auch für die entsprechenden Verfahren für Zweigstellen nach § 53 KWG und für die Erlaubnisverfahren für Finanzdienstleistungsinstitute genutzt werden. Es wäre sicher sinnvoll, wenn einige zentrale Punkte der Dokumentation zu den Erlaubnisverfahren noch genauer beschrieben würden und etwa das Format der Planbilanzen sowie Plangewinn-und-Verlust-Rechnungen vorgegeben würde. Materiell zählen dazu auch die Anforderungen an das Outsourcing. Europaweit ist ein Papier der Vorgängerin der European Banking Authority, des Committee of European Banking Supervisors (CEBS) von 2006, die letzte europäische Stellungnahme zum Thema. Die EBA hat deren Überarbeitung im Arbeitsplan für dieses Jahr ebenfalls vorgenommen.Für die Auslagerungsfragen ist besonders interessant, dass die zentrale deutsche Auslagerungsnorm für Institute, also § 25b KWG, die auch im Erlaubnisverfahren zu beachten ist, in einer kodexförmigen Verwaltungsauffassung der BaFin, den Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk), dort AT 9, ausgelegt wird. Die MaRisk, deren Neufassung von der BaFin seit langer Zeit versprochen wurde, haben im Markt nahezu Bibelstatus erreicht und rangieren in der Praxis der Anwendung deutlich vor dem Wortlaut der gesetzlichen Auslagerungsvorschrift. Weiter so!Es wäre spannend zu sehen, ob sich die EZB der von der BaFin veröffentlichten Auslegung anschließen kann oder ob BaFin und EZB sich vorab über die Formulierung der AT 9 einigen werden. Nachdem sich die BaFin nun entschieden hat, eine Checklist zu den Erlaubnisverfahren zu veröffentlichen, wäre eine ähnliche Liste für die Inhaberkontrollverfahren wünschenswert. Ein Ansatz findet sich zwar bereits im Abschnitt 2.7 der Checkliste. Eine vollständige Übersicht wäre dennoch sinnvoll. Denn in den laufenden Inhaberkontrollverfahren verfestigt sich der Eindruck, dass die Anforderungen der EZB deutlich über die bisherigen Anforderungen der Inhaberkontrollverordnung hinausgehen. Hier sollte Rechtsklarheit geschaffen werden. Weiter so, BaFin!—-*) Dr. Mathias Hanten, Partner bei Deloitte Legal, Thomas Peek, Director bei Deloitte, und Nadine Forstmann, Associate bei Deloitte Legal, sind Mitglieder der Brexit Taskforce.