„Die Profitabilitätszahlen sind sehr gut“
Im Gespräch: Karsten Wöckener
„Die Profitabilitätszahlen sind sehr gut“
Der Deutschlandchef der Kanzlei White & Case rechnet auch im Jubiläumsjahr 2025 mit einer starken Umsatzentwicklung
Von Sabine Wadewitz, Frankfurt
Die US-Kanzlei White & Case feiert 2025 in Deutschland ihren 25. Geburtstag. Das Geschäft soll auch im laufenden Turnus kräftig wachsen − mit steigender Profitabilität. Treiber sind Litigation, Restrukturierung und Finanzierungen, erläutert Managing Partner Karsten Wöckener im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.
Die US-Kanzlei White & Case will in den deutschen Büros auch 2025 mit Schwung vorankommen. Managing Partner Karsten Wöckener nennt keine Zielgröße, stellt aber „ein gesundes Wachstum“ in Aussicht, nachdem die Kanzlei im vergangenen Turnus den Umsatz im deutschen Markt um 9,8% auf 247 Mill. Euro ausgebaut hat.
In der Personalstärke soll es zunächst weniger stark nach oben gehen als im Vorjahr. Priorität hat ein „Sprung in der Profitabilität“, erläutert Wöckener im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.
Eigene Mandantenbasis
White & Case verfolgt global strategisch einen „fokussierten Full-Service-Ansatz“. Weltweit hat die Kanzlei den Umsatz zuletzt um 12,5% auf 3,32 Mrd. Dollar gesteigert. Der Gewinn pro Partner kletterte global um 27% auf 4 Mill. Dollar. Diese Erfolgskennzahl hält White & Case für Deutschland unter Verschluss. Der Wert sei 2024 aber auch hierzulande „gesund gewachsen“, zumal sich die Anzahl der Equity-Partner nicht erhöht habe. „Neben dem reinen Umsatz sind die Profitabilitätszahlen auch in Deutschland sehr gut“, versichert Wöckener.
Mit mehr als 270 Anwälten hierzulande hat White & Case eine Mandantenbasis, die aus Deutschland heraus „strategisch entwickelt“ werde. „Das unterscheidet die Kanzlei von anderen US-Kanzleien, die sehr stark oder ausschließlich auf Netzwerkgeschäft setzen“, sagt Wöckener. „Unser Anspruch war und wird es immer sein, Mandantenbeziehungen und Mandate aus dem deutschsprachigen Raum zu etablieren und in unser Netzwerk zu exportieren. Das ist uns 2024 erneut sehr gut gelungen mit steigender Tendenz“, ergänzt der Anwalt, der seit eineinhalb Jahren als Deutschlandchef der Kanzlei tätig ist.
Fokus auf Massenverfahren
Bei den Wachstumstreibern aus Deutschland heraus steche unter anderem die Prozessführung hervor. „Wir haben eines der stärksten Arbitration-Teams im deutschen Markt mit mittlerweile vier Partnern.“ Dazu komme eine in der Organisation abgetrennte Commercial Litigation Gruppe. Ein Steckenpferd der Kanzlei sei es, strategisch wichtige Massenverfahren aus Deutschland heraus zu begleiten.
Verlässlicher Ertragsbringer sei auch das Geschäft mit Insolvenzverwaltung und Restrukturierung, das in Deutschland rund ein Viertel von Umsatz und Anwälten ausmache. Auch dieses Segment stehe für das internationale Zusammenspiel. White & Case habe in der Region Americas und in London ebenfalls eine sehr starke Restrukturierungspraxis und generiere zudem eigene Insolvenzverwaltungs- sowie Restrukturierungsmandate in Deutschland wie etwa bei der Restrukturierung der Meyer Werft, der Baywa oder dem französischen Pflegeheimkonzern Orpea. Die Restrukturierungspraxis lobt Wöckener als eine „unheimlich gut integrierte Einheit“.
Optimistisch für Finanzierungen
Wachstumsträger sei zudem die Corporate Finance Praxis, die zu den größten am deutschen Kanzleimarkt zähle. In dem Segment verfolge White & Case seit gut fünf Jahren einen „sehr strategischen, holistischen Ansatz“, indem die gesamte Klaviatur der Unternehmensfinanzierung bespielt werde. Für das Geschäft bleibt Wöckener zuversichtlich nicht nur auf der Fremdkapitalseite, sondern auch für Eigenkapitaltransaktionen sowie eigenkapitalnahe Transaktionen, wie Wandelschuldverschreibungen und Hybridanleihen. Hier könne die Kanzlei insbesondere „mit ihrem starken US-Team aus Frankfurt heraus glänzen und sich von ihren Wettbewerbern absetzen, und zwar nicht nur bei High Yield Bonds sondern gerade auch im Bereich des Investmentgrade und bei Eigenkapitaltransaktionen“, so Wöckener.
„Wir werden im Tech-Bereich einige Mandate sehen sowie in Energy-Transition. Das Geschäft gelingt uns auch, weil wir im Bereich Energie und Infrastruktur mit Thomas Burmeister in Düsseldorf sowie den auf M&A und Joint Venture spezialisierten Partnern Thyl Hassler in Düsseldorf und Hans-Georg Schulze in Berlin sowie Florian Degenhardt in Hamburg in der Projektfinanzierung marktführende Praxen vorweisen können. Diese Industrieexpertise ist insbesondere auch für den Bereich Unternehmensfinanzierung sehr hilfreich.“
„Das Geschäft in Deutschland verteilt sich sehr gesund auf verschiedene Säulen“, resümiert Wöckener. Auch die Altersstruktur in der Kanzlei sei ausgewogenen in durchmischten Teams über die Standorte hinweg. White & Case hat die Standortleitungen Ende 2023 aufgelöst und führt Deutschland seitdem als einheitlichen Markt. „Das teilweise noch vorhandene standortbezogene Denken hat sich aufgelöst. Wir denken nur noch in den Größen EMEA und global und was wir aus Deutschland heraus für die Kanzlei international beitragen können.“
Rückendeckung für Expansion
Für die strategische Weiterentwicklung der Kanzlei gebe es international Rückendeckung, weiter in Deutschland zu investieren. Wöckener sieht keine akuten Baustellen in der Besetzung der Teams, man schaue sich aber immer „opportunistisch“ um. „Wir können Praxen wie Private Equity oder Corporate-M&A nochmal strategisch ausgesucht ergänzen.“ Wöckener nennt Infrastruktur-Experten oder ausgewiesene Fachleute in der Projektfinanzierung. Erwogen werde zudem, die bislang auf Insolvenzrecht fokussierte Münchner Niederlassung zu vergrößern, auch wenn es dafür noch keine konkreten Überlegungen oder Planungen gebe.
White & Case feiert in diesem Jahr in Deutschland den 25. Geburtstag. Wenn man die beiden Ursprungskanzleien in Hamburg heranzieht, sind es sogar mehr als 150 Jahre. Damit übertrifft das erste deutsche Büro an der Alster sogar die 1901 gegründete US-Einheit.
Die Ursprünge des Hamburger Büros von White & Case datieren im Jahr 1858, als der Anwalt Simon Israel seine erste Kanzlei in der Hansestadt eröffnete. Es war die Keimzelle von Scherzberg & Undritz, eine der beiden Ursprungskanzleien des Hamburger Büros. Ohle Hansen Ewerwahn bildete den anderen Ursprungszweig. Diese Kanzlei wurde in den 1920er Jahren gegründet. Das 1992 fusionierte Hamburger Büro bildete einen Teil der überörtlichen Sozietät Feddersen Laule Ewerwahn Scherzberg Finkelnburg Clemm, die im Jahr 2000 mit White & Case zusammenfand.