Die schwierige Suche nach deutschen Unicorns

IoT-Start-up Smartfrog möchte Beispiel werden - E.ventures vermisst M&A im Mittelstand

Die schwierige Suche nach deutschen Unicorns

Von Heidi Rohde, FrankfurtDer erwartete globale Take-off beim Internet der Dinge (IoT) rückt Deutschland zunehmend in den Fokus von Investoren, die hoffen, dass die traditionell hochgeschätzte Ingenieurskunst hierzulande in innovative Produkte und Geschäftsideen für eine industrielle Plattform-Ökonomie umgemünzt werden kann. Jedoch gestaltet sich der “IoT-Wake-up Call” schwierig, wie es Andreas Haug, Partner und Mitgründer des Wagniskapitalgebers E.ventures formuliert. Obwohl insbesondere in Berlin inzwischen eine lebhafte Start-up-Szene entstanden ist, macht der erfahrene Investor eine Reihe von grundsätzlichen Defiziten aus, die Deutschland bremsen: zu wenig Finanzierung, zu wenig Toptalente, viele junge Firmen sind “zu technikgetrieben und zu wenig marktorientiert”. Auch aufgrund dieser Gemengelage ist Deutschland für Risikokapitalgeber nach wie vor ein schwieriger Markt.E.ventures, zu deren Investoren einige deutsche Konzerne zählen, allen voran die Otto Group, aber auch Porsche, Metro, Rewe, Haniel, Oetker sowie einige Family Offices, engagiert sich mit ihren Fonds schwerpunktmäßig in der frühen Phase von Unternehmen im Bereich Consumer Internet und Mobile Internet, wobei jährlich in rund 30 Firmen weltweit investiert wird, “darunter 2 bis 3 in Deutschland, 5 in ganz Europa”, so Haug gegenüber der Börsen-Zeitung. E.ventures hat derzeit Beteiligungen an rund 140 Start-ups über 13 Fonds und hofft mit dem Berliner IoT-Unternehmen Smartfrog eines der seltenen Unicorns gefunden zu haben. Auch hier ist die Venture-Capital-Firma in der Frühphase eingestiegen, zusammen mit Target Ventures. Smartfrog wurde erst 2015 gegründet und ist mit einer internet-verbundenen Überwachungskamera im Smart-Home-Markt gestartet. Dahinter steht jedoch eine universelle IoT-Plattform, die zahlreiche digitale Produkte ermöglicht, wie CEO Charles Fränkl betont.Abgesehen von einem rasanten Wachstum überzeugt die Kapitalgeber das einfache, kundenfreundliche Produkt, die Skalierbarkeit des Geschäfts und nicht zuletzt die Erfahrung des Teams. “Wir investieren nicht in ,Jugend forscht”`, betont Haug, der viel Wert auf die richtige Mischung aus erfahrenen Fachleuten und “jungen Wilden” legt. Smartfrog sammelte bisher etwa 28 Mill. Euro an Kapital in drei Finanzierungsrunden ein, davon ca. 23 Mill. Euro Equity Funding und etwa 5 Mill. Euro an Kreditfazilität. “Letzteres haben wir nicht in Anspruch genommen”, erläutert Fränkl. Venture Debt verfügbarDas Unternehmen hat die 5-Mill.-Euro-Fazilität als Venture Debt erhalten, was eine “interessante Finanzierungsform” für junge Unternehmen darstellt, die bereits ein funktionierendes Geschäftsmodell vorweisen können. In Niedrigzins-Zeiten ist Venture Debt zwar immer noch teurer als ein gewöhnlicher Bankkredit, aber im Vergleich zu anderen Zeiten dennoch günstig, und günstiger auch als eine reine teure Eigenkapitalfinanzierung. Die Angebotsseite ist bisher weitgehend in der Hand von US-Finanzfirmen, denn Venture Debt ist auch als Assetklasse hierzulande noch wenig bekannt bzw. anerkannt.Wie andere Branchenmanager vermisst Haug ein Engagement der deutschen Wirtschaft im Hinblick auf die Nachwuchsszene. Als Risikokapitalgeber hat er naturgemäß ganz speziell das Exit-Risiko im Blick, das sich hierzulande gänzlich anders darstellt als in den USA. Und dies nicht nur, weil der dortige IPO-Markt viel aufnahmefähiger ist. Auch der Corporate-Exit-Markt wird durch eine gänzlich andere M & A-Dynamik gerade im Technologiebereich getrieben. Zu wenig AkquisitionenDer “deutsche Mittelstand kauft zu wenig”, lautet der Befund von Haug. Während Google den Innovationsnachschub u.a. durch den Kauf einer Vielzahl junger Unternehmen jedes Jahr sichere, tue sich bei deutschen Firmen in diesem Bereich zu wenig. Der Manager setzt dennoch für Exits in Deutschland und Europa stärker auf die Nachfrage von Corporates, auch weil diese in den nächsten Jahren stärker unter Druck kommen dürften, ihre Digitalisierung zu beschleunigen.Das neue Börsensegment Scale, das von der Deutschen Börse u.a. im Zuge der Diskussion über den schwierigen Kapitalmarktzugang für junge Wachstumsunternehmen geschaffen worden war, wird von Haug ausdrücklich begrüßt, kann aber als Exit-Kanal für Venture Capital nicht die zentrale Rolle spielen.