Technologiekonzern

Diehl finanziert sich aus eigener Kraft

Das familiengeführte Unternehmen Diehl plant ein starkes Wachstum nach der Coronakrise. Die Investitionen sollen aus dem Cashflow bezahlt werden.

Diehl finanziert sich aus eigener Kraft

mic Nürnberg

Nach den Turbulenzen infolge der Coronakrise sieht das Konglomerat Diehl keinen Bedarf, den Kapitalmarkt anzuzapfen. „Wir sind stark genug, um uns selber zu finanzieren“, sagte Finanzvorstand Jürgen Reimer, der auch stellvertretender Vorstandschef ist, auf der Bilanzpressekonferenz in Nürnberg über das Technologieunternehmen im Familienbesitz.

Diehl hat den Umsatz zwar im vergangenen Jahr um 6,3 % auf 3,2 Mrd. Euro gesteigert. Doch nach einem Verlust von 172 Mill. Euro im Vorjahr fielen mit −85 Mrd. Euro erneut rote Zahlen an (siehe Tabelle). Die Sparte Aviation litt unter der Krise der Luftfahrt, allein 2021 sank der Umsatz um 14% auf 757 Mill. Euro. Infolge der Belastungen flossen im zweiten Jahr in Folge Mittel aus Diehl ab. Der Free Cashflow betrug −72,6 Mill. Euro nach −166 Mill. Euro im Vorjahr. Die Eigenkapitalquote sank von 26,4% auf 21,8%. Im Jahr 2019 hatte sie noch 30,5% betragen.

„Wir sind finanziell stark in die Krise gegangen“, stellte Reimer fest. Diehl habe daher die Kraft, durch die Verlustphase zu gehen. Der Konzern habe im Jahr 2021 mit 114 (i.V. 116) Mill. Euro sogar mehr investiert als abgeschrieben. Reimer wies zudem darauf hin, dass Diehl Ende vergangenen Jahres mehr Liquidität als Bankschulden ausgewiesen habe. Die Nettoliquidität habe 35 Mill. Euro betragen: „Das kann nicht jedes Unternehmen von sich behaupten, dass es so gut finanziert ist.“ Ende 2019 habe die Nettoliquidität noch bei mehr als 300 Mill. Euro gelegen.

Nettoverlust wahrscheinlich

Vorstandsvorsitzender Klaus Richter sagte, Diehl sei im Elektromobilitätsmarkt hervorragend positioniert und werde langfristig auch von der Mobilitätssteigerung in den Entwicklungsregionen sowie von der Erhöhung der Verteidigungsbereitschaft profitieren: „Wenn Diehl an der Börse wäre, würde ich sagen: Kaufen.“ Kurzfristig kämpfe Diehl mit den Auswirkungen des Ukraine-Konflikts. Trotz der Chancen im Verteidigungsgeschäft gelte für Diehl: „Auch für uns überwiegen die Risiken, was die Ukraine-Krise angeht.“ Denn das Geschäft sei zu dreiviertel zivil.

Richter erklärte mit Blick auf das Jahr 2022: „Wir lassen die Krise sehr deutlich hinter uns, der Ausblick ist positiv.“ Er prognostizierte ein Umsatzplus von 10 bis 15%: „Das bringt uns fast auf Vorkrisenniveau.“ Wenn alles gut gehe, werde Diehl im Jahr 2023 auf dem Vorkrisenniveau oder darüber landen. Für den Teilkonzern Luftfahrt dauere es länger.

Im laufenden Jahr komme der Schwung vor allem aus der Luftfahrt-Sparte, sagte Richter. Aber auch die Sparte Controls, die kundenspezifische Elektronikkomponenten entwickelt und fertigt, werde stark zulegen. Das China-Geschäft mit Haushaltsgroßgeräten habe angezogen.

Das Ergebnis will Diehl deutlich verbessern. Man nähere sich der Nulllinie von unten, sagte Reimer. In dieser Prognose habe der Vor­stand eine  verstärkte Teileknappheit, er­höhte Energiepreise und eine eingeschränkte Fähigkeit der Preiswei­tergabe an die Kunden berücksichtigt. Die Auswirkungen einer eventuell reduzierten Energieverfügbarkeit auf die Gesamtwirtschaft könne man allerdings nicht abschätzen. Der Free Cashflow solle positiv sein.

Die größte Investition sei im Bereich Defence geplant, die zuletzt 660 Mill. Euro erlöste, sagte Richter. Im Dezember sei ein Großauftrag aus Ägypten für Luftverteidigungssysteme über 3 Mrd. Euro genehmigt worden: „Es ist ein gewaltiger Ausbau der Aktivitäten in diesem Bereich erforderlich.“ Ende 2021 wurden 2900 Menschen beschäftigt. Die Sparte Controls werde in neue Standorte für Inverter für Wärmepumpen investieren, sagte Richter.

Auf das 100-Mrd.-Euro-Programm der Bundesrepublik für die Verteidigung setzt Diehl nicht. Er nehme an, dass relativ viel in die Basisausrüstung für das Heer gehe, sagte Richter. Er hoffe aber auch, dass in den nächsten zwölf bis 18 Monaten große Systeme angeschoben würden, um die Verteidigungsfähigkeit zu erhöhen.

Diehl-Kernprodukt ist das Luftabwehrsystem Iris-T, das um ein Produkt für das Segment großer Reichweite ergänzt wird. Ein Abwehrsystem gegen Hyperschallwaffen sei Zukunftsmusik für die nächsten fünf bis zehn Jahre, so Richter. Die Überlegungen zu dem zweistufigen Flugkörper Iris-T Hydef wurden kürzlich auf der ILA Berlin ausgestellt.

Diehl
Konzernzahlen nach HGB
in Mill. Euro20212020
Umsatz31672979
Ebit19–31
Nettoergebnis–85–172
Eigenkapitalquote (%)21,826,4
Mitarbeiter1613516866
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