Druck auf Chinas Immobilienfirmen
nh Schanghai
Chinas verschuldungshungrige Immobilienentwickler sehen nach Einschätzung der US-amerikanischen Investmentbank Morgan Stanley härteren Zeiten entgegen. In einem neuen Researchbericht zur chinesischen Immobilienbranche werden die Aussichten für Investoren von attraktiv auf neutral zurückgestuft. Die Experten von Morgan Stanley gehen davon aus, dass auf zentraler und lokaler Regierungsebene weitere Anstrengungen unternommen werden dürften, den Anstieg der Wohnimmobilienpreise in chinesischen Ballungsgebieten zu verlangsamen. Abgesehen davon plant Peking die Einführung eines Pilotprogramms für eine Besteuerung von Gewinnen auf Immobilientransaktionen, um die Spekulationstätigkeit mit Wohnobjekten einzudämmen.
Hingucker Evergrande
In den letzten Monaten sind zahlreiche börsennotierte Immobilienentwickler an den Märkten verstärkt unter Druck geraten, weil sie angesichts hoher Verschuldungsrelationen latent in Refinanzierungsschwierigkeiten zu geraten drohen. Bestes Beispiel ist Chinas führender Wohnimmobilienentwickler Evergrande Group, der gegenwärtig akute Finanzierungsschwierigkeiten aufweist und reichlich Mühe hat, Zahlungsausfälle auf seine heimischen und internationalen Bonds zu vermeiden. Dabei kommt der Zahlungsfähigkeit von Evergrande eine besondere Signalwirkung für die gesamte Branche zu.
So geht es zunehmend um die Frage, ob große private chinesische Immobilienfirmen als „Too big to fail“ gelten und im Ernstfall durch staatliche Eingriffe aufgefangen würden oder aber tatsächlich pleitegehen könnten. Zuletzt sind die Risikoaufschläge am Bondmarkt für chinesische Immobilienfirmen – die das Gros des Emissionsvolumens bei hochverzinslichen Anleihen (Junk Bonds) ausmachen, wieder steil nach oben gegangen und erschweren die Refinanzierungsmöglichkeiten in der Branche.
Verschuldungsgrenzen
Die chinesische Regierung hatte insbesondere mit Blick auf die Marktirritationen im Zusammenhang mit Evergrande im vergangenen Jahr eine Reihe von neuen Regeln aufgestellt, die die Immobilienkonzerne bis Jahresende 2022 zur Einhaltung von bestimmten Verschuldungsobergrenzen zwingen sollen. Morgan Stanley rechnet damit, dass die Regierung hochverschuldeten Immobilienentwicklern Grenzen für Fremdfinanzierungen aufzeigt und die Genehmigung zur Emission von Bonds und Commercial Papers an die Einhaltung der Verschuldungsnormen knüpft.
Firmen suchen Ausweg
Morgan Stanley hat in der Folge die Kursziele für insgesamt 27 chinesische Immobilienunternehmen zurückgestutzt, dabei wurden die Zielmarken für führende Adressen wie Evergrande, Sunac China Holdings und China Vanke um 15 bis 30% zurückgenommen. China Vanke, die eigentlich zu den solideren Branchenadressen zählt, hat die Anleger zuletzt auf der Hauptversammlung in Shenzhen gewarnt, dass das Ertragsprofil im Kerngeschäft mit Wohnimmobilienprojekten zunehmend unter Druck steht. Die Gesellschaft ist denn auch um eine stärkere Diversifikation hin zu weniger kapitalintensiven Geschäftszweigen wie Property Management und anderen branchenverwandten Diensten bemüht.