Einzelhandel rechnet trotz Krise mit Wachstum

HDE erwartet Umsatzplus von 1,5 Prozent - Online-Geschäft blüht - Genth: Mieten in 1-A-Lagen zu hoch

Einzelhandel rechnet trotz Krise mit Wachstum

md Frankfurt – Trotz der Erlöseinbußen infolge der Coronakrise – insbesondere durch den Lockdown – rechnet der Handelsverband Deutschland (HDE) für dieses Jahr mit einem Umsatzplus von 1,5 % auf fast 552 Mrd. Euro. Der Branchenverband weist jedoch darauf hin, dass viele Läden in Innenstädten noch unter den Folgen der Pandemie leiden. Anstieg um 15 Prozent Als Krisengewinner erweist sich in diesen Zeiten, in denen allerorts zum Abstandhalten und zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung aufgefordert wird, der Online-Handel, der 2020 gemäß der HDE-Vorhersage um knapp 15 % wachsen wird. Davon profitieren nicht nur große Anbieter, sondern auch zahlreiche Geschäfte, die ihre Waren im eigenen Online-Shop, vor allem aber auch auf Marktplätzen im Internet anbieten. “Als Folge der Krise wird sich die Entwicklung des Einzelhandels zu einer Technologiebranche mit höherem Tempo fortsetzen”, prognostiziert der Verband.Angesichts geschlossener Geschäfte sei der Online-Anteil in den Lockdown-Wochen im Frühjahr im Nichtlebensmittelbereich zeitweise auf fast 50 % gestiegen, teilt der HDE mit. Auch in den Folgemonaten habe sich bisher ein überdurchschnittliches Umsatzwachstum fortgesetzt, getrieben vor allem durch höhere Einkaufsbeträge, so der HDE. “Die Krisenstimmung, die während des Lockdowns herrschte, liegt weitgehend hinter uns.”Auch die befristete Mehrwertsteuersenkung und der Kinderbonus von 300 Euro pro Kind hätten für einen “kleinen Nachfrageeffekt” gesorgt. Weil Kurzarbeit und andere soziale Sicherungssysteme funktionierten, steige die Kaufkraft der Kunden wieder, sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. “Damit sind die Voraussetzungen für den Konsum gegeben.”Neben dem Online- und Versandhandel hätten auch Baumarktbetreiber die Einnahmen deutlich steigern können. Im Fahrradhandel seien die Erlöse in den ersten sieben Monaten im Vergleich zur Vorjahreszeit um fast 30 % gestiegen.”Nach dem dramatischen Umsatzrückgang im Nonfood-Handel im ersten Halbjahr hat sich die Geschäftslage im Einzelhandel insgesamt deutlich erholt.” Doch schränkt der HDE ein, es gebe Licht und Schatten. So dürften die vom Lockdown betroffenen Teilbranchen 11 % an Umsatz einbüßen: “Das sind 21 Mrd. Euro, die verloren gehen und auch nicht wieder einzuholen sind für den Einzelhandel – das ist dramatisch insgesamt”, erklärte Genth in Berlin. Mode wenig gefragtInsbesondere die Bekleidungshändler habe es hart getroffen: Über 90 % klagten im ersten Halbjahr über eine Verschlechterung ihrer Geschäftslage. Kein Wunder – zwischen Januar und Ende Juli büßten die Mode- und Schuhgeschäfte nach der HDE-Erhebung etwa 30 % des Vorjahresumsatzes ein. Im Lebensmittelhandel sprachen hingegen rund 60 % von einer Verbesserung der Geschäftslage. “So eine diametral gegensätzliche Gegenüberstellung hatten wir noch nie im Einzelhandel”, betonte Genth. In vielen Branchen erreichen die Umsätze laut dem HDE auch jetzt noch nicht das Niveau der Vorjahre.Besonders an den innerstädtischen Standorten seien die Herausforderungen groß. Ein Schlaglicht auf die Entwicklung wirft die Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof, die bereits vor der Covid-19-Krise angeschlagen war. Der Sanierungsplan für den Konzern sieht zahlreiche Filialschließungen und den Abbau von rund 4 000 Stellen vor. Genth betonte, dass das Geschäftskonzept der Kauf- und Warenhäuser Zukunft habe. Es funktioniere nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen europäischen Ländern.Mehr als drei Viertel der Händler in den Hauptgeschäftslagen der Stadtzentren beurteilten ihre Situation gemäß der HDE-Umfrage in den ersten sechs Monaten des Jahres schlechter als im Vorjahr. Angesichts der Umsatzrückgänge könnten viele Händler ihre Mieten nicht in voller Höhe bezahlen. “Wir haben gesehen, dass über die letzten Jahrzehnte eine absolute Spitzenmiete in den 1-A-Lagen überschritten wurde. Wir müssen von diesen Topmieten herunterkommen”, sagte Genth. Um den vielerorts weiter voranschreitenden Niedergang der Innenstädte aufzuhalten, erneuert der HDE seine Forderungen nach einem Innenstadtfonds und einem staatlichen Förderprogramm zur Digitalisierung des mittelständischen Einzelhandels.