Corporate Governance

Eon-HV 2022 – Innovation im Kleinen

Der Dax-Konzern hat die technischen Möglichkeiten ausgeschöpft und sein virtuelles Aktionärstreffen in weniger als zwei Stunden absolviert. Eon hofft, dass dies auch künftig gesetzlich ermöglicht wird.

Eon-HV 2022 – Innovation im Kleinen

Einmal ist keinmal. Zweimal ist eine Wiederholung – dreimal eine Tradition. In diesem Jahr hat die ordentliche Hauptversammlung der Eon SE zum dritten Mal im virtuellen Format stattgefunden. Rechtsgrundlage war wie in den beiden Vorjahren die Regelung des §1 Absatz 2 des Gesetzes über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie.

Spätestens im Herbst des vergangenen Jahres war vor dem Hintergrund des anhaltenden Pandemiegeschehens allen Verantwortlichen klar, dass auch im Jahr 2022 das Format der virtuellen Hauptversammlung wieder zum Einsatz kommen könnte. Nach den durchweg positiven Erfahrungen in den beiden Vorjahren war sich der Eon-Vorstand schnell einig, die Möglichkeiten eines digitalen Formats vollumfänglich auszuschöpfen, um eine lebendige und für die Aktionäre attraktive und zugleich zeitgemäße Veranstaltung durchzuführen.

Dafür war es erforderlich, sich gedanklich von der Präsenzhauptversammlung zu lösen und so begannen unter dem Eindruck des zu der Zeit gerade veröffentlichten Referentenentwurfs für ein Gesetz zur Einführung virtueller Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften die Planungen.

Am Ende stand eine Veranstaltung, die sowohl die Interessen von Eon an einer rechtssicheren Durchführung als auch das Auskunftsrecht der Aktionäre sowie deren Interesse an einer sachgerechten Behandlung der Themen angemessen berücksichtigt hat. Zugleich war sie modern und aussagekräftig und bot damit den Aktionären einen echten inhaltlichen Mehrwert. Kernelemente waren die schriftliche Beantwortung der Fragen im Vorfeld der Hauptversammlung, die Möglichkeit zu Live-Redebeiträgen per Videozuschaltung, die Möglichkeit zur Einreichung von schriftlichen Stellungnahmen zur Tagesordnung, die Möglichkeit für die Aktionäre Nachfragen zu stellen sowie ein Live-Gespräch auf der Bühne zwischen Vorstandsvorsitzendem und Finanzvorstand.

Die Fragen der Aktionäre wurden im Online-Service vor Beginn der Hauptversammlung veröffentlicht und schriftlich beantwortet. In der Hauptversammlung wurden die veröffentlichten Fragen und Antworten nicht noch einmal verlesen. Die Fragen konnten innerhalb von zwei Wochen vor der Hauptversammlung über den Online-Service eingereicht werden und wurden in zwei Tranchen beantwortet. Die Fragen und Antworten der zweiten Tranche wurden am Vorabend der Hauptversammlung im Online-Service veröffentlicht. Insgesamt gab es 151 Frageeinreichungen, die zum Teil eine Vielzahl von Unterfragen beinhal­teten.

Live-Redebeiträge per Video

Die Vorabveröffentlichung der Fragen und Antworten gewährleistete eine vollumfängliche Transparenz und zugleich ein Höchstmaß an Komfort, weil jeder angemeldete Aktionär seine und die für ihn weiteren relevanten Fragen und Antworten im Online-Service anschauen konnte. Damit entfiel zugleich das langwierige Verlesen von Fragen und Antworten, was die meisten Beteiligten ermüdet und inhaltlich keinen echten Mehrwert bietet. Der Dialog bzw. der Austausch zwischen Verwaltung und Aktionären war über die Nachfragen und Live-Redebeiträge gewährleistet.

Die zur Hauptversammlung angemeldeten Aktionäre hatten zudem die Möglichkeit, während der Hauptversammlung in einem Live-Redebeitrag per Video zu sprechen. Fragen und Nachfragen konnten während eines Live-Redebeitrags nicht gestellt werden, da der Teilnehmerkreis zahlenmäßig beschränkt war. Der Redebeitrag war aus organisatorischen und technischen Gründen im Vorfeld anzumelden.

Für die Live-Redebeiträge war insgesamt ein Zeitraum von 75 Minuten und pro Redner eine Redezeit von 5 Minuten vorgesehen. Sofern mehr als 15 Redebeiträge angemeldet worden wären, wäre ein notarielles Losverfahren zum Einsatz gekommen. Da insgesamt nur zwei Live-Redebeiträge angemeldet wurden, konnte auf das Losverfahren verzichtet werden.

Nachfragen ermöglicht

Die zur Hauptversammlung angemeldeten Aktionäre konnten ferner durch Textbotschaften zur Tagesordnung Stellung nehmen. Die Stellungnahmen waren im Online-Service für alle zur Hauptversammlung angemeldeten Aktionäre einsehbar. Auf die Möglichkeit, vorab Stellungnahmen per Video einzureichen, hat Eon zugunsten der Möglichkeit von Live-Redebeiträgen per Videozuschaltung, die deutlich interaktiver sind, verzichtet.

Zudem wurde den zur Hauptversammlung angemeldeten Aktionären die Möglichkeit eingeräumt, während der virtuellen Hauptversammlung über den Online-Service bis zu zwei Nachfragen zu stellen. Die Nachfragen durften sich nur auf Antworten der Verwaltung beziehen, die zu den Fragen des nachfragenden Aktionärs erteilt wurden. Durch die Begrenzung sollte die zeitliche Entschlackung der Hauptversammlung gewährleistet werden, durch die Bezugnahme auf Fragen anderer Aktionäre eine unstrukturierte und gegebenenfalls ausufernde Fragerunde entstünde.

Die Tatsache, dass insgesamt nur drei Nachfragen gestellt worden sind, zeigt, dass eine Beantwortung von Fragen im Vorfeld der Hauptversammlung zur Zufriedenheit der Aktionäre erfolgen kann und ein umfassendes Nachfragerecht nicht erforderlich ist.

Der sogenannte Board Chat war ein Dialog zwischen dem Vorstandsvorsitzenden und dem Finanzvorstand, in dessen Rahmen die beiden die Themenschwerpunkte aus den Aktionärsfragen ausführlich diskutiert haben. Über die Beantwortung der konkreten Fragen hinaus haben sie dabei auch den Kontext, die Hintergründe und verwandte Gebiete zu den eingereichten Fragen beleuchtet. Ferner sind die beiden auch auf einzelne Themen eingegangen, die von den Aktionären in ihren Live-Redebeiträgen angesprochen worden waren.

Im Anschluss an den Board Chat folgten die Abstimmung, die Auszählung der Stimmen und die Verkündung der Abstimmungsergebnisse. Aufgrund des engen rechtlichen Korsetts war dieser Prozess identisch zur Präsenzhauptversammlung.

Gesetzgeber am Drücker

Mit einer Gesamtdauer von unter zwei Stunden war es ein gelungenes Format, mit dem wir unser Ziel, die Hauptversammlung nicht einfach nur virtuell umzusetzen, sondern sie noch digitaler, frischer und kompakter zu gestalten, erreicht haben. Es gibt intelligente Formate für Hauptversammlungen! Und das haben wir gezeigt. Hoffen wir, dass der Gesetzgeber dies ebenfalls so sieht und ein ausgewogenes Gesetz beschließt, dass sowohl den Interessen der Aktionäre als auch den der Unternehmen Rechnung trägt und eine moderne, zeitgemäße, digitale Hauptversammlung ermöglicht.

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