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Erbitterter Kampf um die Pole-Position bei Fahrdiensten

Von Andreas Hippin, London Börsen-Zeitung, 4.12.2019 Seit der US-Fahrdienstanbieter Uber Technologies im Juni 2012 in London an den Start gegangen ist, hat er sich eine dominante Stellung in der britischen Metropole erkämpft. Großbritannien ist für...

Erbitterter Kampf um die Pole-Position bei Fahrdiensten

Von Andreas Hippin, LondonSeit der US-Fahrdienstanbieter Uber Technologies im Juni 2012 in London an den Start gegangen ist, hat er sich eine dominante Stellung in der britischen Metropole erkämpft. Großbritannien ist für das Unternehmen der größte Markt in Europa (siehe Grafik). Der Großteil des Geschäfts findet in der Hauptstadt statt. Um die 45 000 Fahrer bieten auf der Plattform ihre Dienste an. Die App haben 3,5 Millionen potenzielle Kunden heruntergeladen. Für sie besteht der Hauptanreiz in den im Vergleich zu Black Cabs deutlich niedrigeren Fahrpreisen. Die Firma kassiert von den Fahrern 25 % Kommission – eine Lizenz zum Gelddrucken.Doch Ende November entschied Transport for London (TfL), die Verkehrsbehörde der Stadt, die Betriebsgenehmigung für Uber nicht zu verlängern. TfL hatte Sicherheitsbedenken geltend gemacht. Unter anderem hätten entlassene Uber-Fahrer neue Accounts anlegen und weiter Passagiere befördern können. Nicht zugelassene Fahrer hätten ihre Fotos in die Accounts zugelassener Fahrer hochladen und Fahrten übernehmen können. Uber will Rechtsmittel einlegen. Solange die juristischen Auseinandersetzungen anhalten, kann der Geschäftsbetrieb uneingeschränkt fortgesetzt werden.Seit der Londoner Entscheidung bläst Uber jedoch der Wind ins Gesicht. Manchester gehört zu einer Reihe von Kommunen, die ebenfalls über ein Verbot der App nachdenken. Die wie London von Labour regierte Stadt wirft dem Unternehmen vor, die lokalen Standards für die Lizenzvergabe zu unterminieren, indem es Manchester mit Fahrzeugen überflute, die in anderen Gemeinden zugelassen wurden. Dort sind die Anforderungen oft niedriger. Bolt wirbt mit RabattenEine ganze Reihe von Wettbewerbern würde Uber gerne Geschäft abnehmen. Im Sommer kam Bolt aus Estland in London auf den Markt – allerdings erst im zweiten Anlauf. Das zuvor als Taxify bekannte Unternehmen wurde vor sechs Jahren von Markus Villig gegründet und hatte bereits vor zwei Jahren versucht, in Großbritannien Fuß zu fassen. Zu den Investoren gehören Daimler, Didi Chuxing, Korelya Capital und Taavet Hinrikus, einer der Gründer der Fintechfirma Transferwise. Bolt wirbt mit Kampfpreisen. Auf die ersten zehn Fahrten gab es einen Rabatt von 50 %. Angeblich wurde die App bereits 1,5 Millionen Mal heruntergeladen. Der Website zufolge berechnet die Plattform ihren Fahrern eine Kommission von 15 % des Fahrpreises. Rund 30 000 hat sie bereits überzeugt. Allerdings demonstrierten Ende Oktober in der Gewerkschaft UPHD (United Private Hire Drivers) organisierte Fahrer vor der Firmenzentrale im Londoner Hipster-Viertel Shoreditch. “Als Bolt Anfang des Jahres in Großbritannien ankam, behauptete das Unternehmen, die ethische Alternative zu Uber zu sein”, sagte der UPHD-Gewerkschafter James Farrar. “Die Flitterwochen waren äußerst kurz. Wenn es um die Skrupellosigkeit bei der Ausbeutung von prekär Beschäftigten geht, hält das Unternehmen inzwischen mühelos mit Uber mit.”Kapten gehört ebenfalls zu den Neuankömmlingen dieses Jahres. Dahinter verbirgt sich der französische Fahrdienstanbieter Chauffeur Privé, an dem Daimler im Dezember 2017 die Mehrheit erwarb. Später brachten die Stuttgarter die Beteiligung in ein Joint Venture mit BMW ein. Auch Kapten zwackt ihren 20 000 Fahrern 15 % ab und wirbt mit niedrigen Preisen. Eine Wartezeit von weniger als fünf Minuten gehört zum Leistungsversprechen. Bislang sollen 900 000 Downloads erfolgt sein.Wenn Wettbewerb das Geschäft belebt, können sich die Londoner nicht beklagen. Mittlerweile verfügt auch die indische Ola über eine Betriebserlaubnis für die britische Metropole. Das Unternehmen, das – wie Uber – die japanische Softbank zu seinen Investoren zählt, sucht bereits Fahrer. Der offizielle Markteintritt dürfte in den kommenden Wochen erfolgen. Und es gibt noch viele andere. Von Wheely, Xoox oder Zareou werden die wenigsten bereits gehört haben.Vor Uber und Konsorten fürchteten Londons Taxifahrer den 1975 gegründeten Fahrdienstanbieter Addison Lee. Das Unternehmen bot eine respektable Alternative zu den zahllosen Minicab-Firmen, von denen viele keinen besonders vertrauenserweckenden Eindruck machen. Addison Lee befördert nach eigenen Angaben jährlich zehn Millionen Menschen in der britischen Metropole und gehört seit 2013 dem Finanzinvestor Carlyle, der das Geschäft gerne noch vor Jahresende verkaufen würde. Wie Sky News berichtet, hat Cerberus Capital Management Interesse gezeigt.Es gibt auch Apps, mit denen man sich ein Black Cab rufen kann. Allerdings führen sie im Vergleich zu Uber & Co. ein Schattendasein, denn die traditionsreichen schwarzen Taxen sind wesentlich teurer als die Konkurrenten aus der Gig Economy. Free Now ging aus My Taxi hervor und ist Teil des bereits erwähnten “Ride-Hailing”-Gemeinschaftsunternehmens von BMW und Daimler. My Taxi hatte zuvor Hailo übernommen. Die 2010 von Shahar Waiser und Roi More in Israel an den Start gebrachte Gett ist eine weitere Plattform, die Black Cabs vermittelt. Volkswagen investierte mehr als 300 Mill. Dollar in das Unternehmen.