EU-Feinstaubziele sorgen für Ärger

Automobilverband VDA übt heftige Kritik: Hier wäre ein Veto der Bundesregierung nötig gewesen

EU-Feinstaubziele sorgen für Ärger

Das regulatorische Umfeld wird in der EU für die Automobilindustrie immer schwieriger. Im Nachgang zur VW-Dieselaffäre wird das Abgas- und Verbrauchsverhalten der angebotenen Fahrzeuge zunehmend kritisch beäugt. Die von EU-Experten für Benziner festgelegten künftigen Feinstaubziele lassen die Hersteller in Harnisch geraten.po/igo Frankfurt/Stuttgart – Mit Zustimmung deutscher Vertreter hat das Technical Committe on Motor Vehicles (TCMV) der EU auch für Benzinautos schärfere Feinstaubgrenzwerte vorgeschrieben. Eine konkrete Pflicht für die Einführung von Filtern wurde am Dienstag aber nicht beschlossen. Die Obergrenzen gelten aber als so streng, dass sie sich laut EU-Kommission nur mit dieser Technologie einhalten lassen.Die Neuregelung sieht vor, dass von September 2017 an neue Modelle den gleichen Grenzwert wie schon mit Partikelfilter ausgestattete Dieselmotoren erfüllen müssen. Ein Jahr später soll die Neuregelung für alle Fahrzeuge auch aus laufender Produktion gelten. Nach Angaben von Diplomaten stimmte auch Deutschland den neuen Auflagen zu. Noch vor wenigen Tagen wurde berichtet, Deutschland werde die Pläne in Brüssel blockieren. Umweltschützer begrüßten die dem Gesundheitsschutz dienenden Vorgaben. Produktionsausfälle drohenDie deutsche Automobilindustrie sieht sich dagegen als überfordert an. Die Folgen der TCMV-Entscheidung seien so weitreichend, dass eine Umrüstung bestehender Modellreihen in der vorgegebenen Zeit nicht möglich sei, kritisiert der Verband der Automobilindustrie (VDA). “Bis zu 500 000 Fahrzeuge deutscher Konzernmarken könnten so in Europa weniger gebaut werden.” Ein Einführungszeitraum bis September 2019 hätte diese Gefahr vermieden. “Produktionsausfälle kann niemand wollen”, rüffelt der VDA. “Hier wäre ein Veto der Bundesregierung nötig gewesen.” Es dränge sich der Eindruck auf, “dass die EU-Kommission vor dem Hintergrund der Ereignisse im vergangenen Jahr Handlungsfähigkeit zeigen will und dabei das Augenmaß verloren hat”. Die EU-Staaten und das Europaparlament haben nun drei Monate Zeit, um Widerspruch gegen die Entscheidung einzulegen.Die Feinstaubbelastung ist in der jüngeren Vergangenheit in immer mehr Kommunen zu einem Thema geworden, weil die davon ausgehende Gesundheitsgefährdung der Einwohner zu Fahrverboten führen kann. In Stuttgart beispielsweise wurde in diesem Jahr schon mehrfach Feinstaubalarm mit der Aufforderung ausgerufen, dass Auto stehen zu lassen und dafür Busse und Bahnen zu benutzen. Porsche ermöglicht es Beschäftigen, bei Feinstaubalarm den öffentlichen Nahverkehr kostenfrei zu benutzen.Der laut EU-Recht zulässige Feinstaub-Grenzwert beträgt 50 Mikrogramm je Kubikmeter Luft. Feinstaub resultiert allerdings nicht nur aus Autoabgasen, sondern zu Feinstaub gehören auch Schwebteile aus Abrieb von Reifen und Bremsen im Fahrbetrieb, Emissionen von Heizungen und der Industrie, aber auch Luftverschmutzungen von Druckern und Kopierern in Büros.Vor allem die Deutsche Umwelthilfe versucht seit langem, hierzulande auf dem Klageweg Fahrverbote insbesondere für Diesel-Pkw durchzusetzen. In Düsseldorf war die Organisation vor Gericht wegen der Überschreitung von Stickoxidgrenzwerten erfolgreich. Die Bezirksregierung hat nun bis Oktober 2017 Zeit, ihren Luftreinhalteplan so zu überarbeiten, dass die Stickoxid-Grenzwerte eingehalten werden können. In der Verhandlung hatten die Richter auch begrenzte Dieselfahrverbote angeregt. Das Urteil kann noch vor höheren Gerichten angefochten werden.