Europas Luftfahrt will Rettungsplan
Die deutsche und französische Luft- und Raumfahrtindustrie fordert einen europäischen Rettungsplan für die Branche, die von einer Krise nie gekannten Ausmaßes getroffen wird. Vor allem Zulieferer sind bedroht. In Frankreich könnten ohne Hilfe in ein paar Monaten zehn bis 15 Firmen pleitegehen. wü Paris – Die Luft- und Raumfahrtindustrie Frankreichs und Deutschlands demonstriert angesichts der Coronavirus-Krise Einigkeit. Die Vorsitzenden der Branchenverbände Gifas (Groupement des industries françaises aéronautiques et spatiales) und BDLI (Bundesverband der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie), Eric Trappier und Dirk Hoke, forderten während einer gemeinsamen Videokonferenz am Mittwoch einen europäischen Rettungsplan für die Branche, allen voran für die Zulieferer. “Diese Unternehmen sind einzigartig”, sagte BDLI-Chef Hoke, der auch an der Spitze von Airbus Defence and Space steht. “Wir müssen sie schützen. Wir müssen sicherstellen, dass sie Zugang zu Bargeld, zu Kreditlinien haben.” Denn die Covid-19-Pandemie führe zur größten Krise, die die Branche je gesehen habe.Ohne finanzielle Hilfen könnten in ein paar Monaten zehn bis 15 Unternehmen in Frankreich pleitegehen, erklärte Gifas-Chef Trappier. Sein Verband vertritt mehr als 400 Unternehmen mit einem Umsatz von 65,4 Mrd. Euro. “Wir müssen Insolvenzen vermeiden und Wege finden, die Firmen zu erhalten.” Die von der französischen Regierung beschlossenen Hilfsmaßnahmen wie Kurzarbeit und staatliche garantierte Kredite hätten bereits geholfen. Doch kritischer wird es nach Angaben Trappiers, der auch den Flugzeugbauer Dassault Aviation leitet, in ein paar Monaten, wenn sich die Produktionskürzungen bemerkbar machen. Trappier verhandelt deshalb gerade mit dem französischen Wirtschaftsministerium über ein Hilfspaket für die Zulieferindustrie im Umfang von mindestens 1 Mrd. Euro. FinanzierungssorgenDer BDLI, der rund 250 Unternehmen mit einem Umsatz von 40 Mrd. Euro vertritt, baut seinerseits auf den Wirtschaftsstabilisierungsfonds. Nach Angaben Hokes darf die Kfw nur 80 bis 90 % finanzieren. Viele Unternehmen hätten aber Schwierigkeiten, die restliche Finanzierung zu bekommen. Gifas-Chef Trappier deutete an, dass die großen Unternehmen der Branche ebenfalls bereit sind, den Zulieferern unter die Arme zu greifen. Er hat seit Ausbruch der Krise eine Taskforce der vier größten Konzerne der Branche in Frankreich (Airbus, Dassault, Safran und Thales) eingerichtet. Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire hat die Luft- und Raumfahrtindustrie letzte Woche aufgefordert, Vorschläge zu machen, wie die Branche wieder angekurbelt werden kann.Die meisten Unternehmen reagieren mit Produktionskürzungen. So hat Airbus Anfang April angekündigt, die Produktion um rund ein Drittel kürzen zu wollen. Der Flugzeugbauer will die neuen Produktionsraten regelmäßig überprüfen und anpassen. Das von Airbus und Leonardo betriebene Joint Venture ATR senkt die Produktion ebenfalls, genau wie Triebwerkshersteller Safran. Trappier und Hoke, die sich eigentlich heute anlässlich der Luftfahrtmesse ILA in Berlin hätten treffen sollen, betonten, dass die Verteidigungsbranche weniger stark von der Krise getroffen wird und sie deshalb abfedern helfen kann. Sie forderten, dass die nächsten Schritte des geplanten europäischen Luftkampfsystems FCAS (Future Combat Air System) nun nicht verzögert werden dürften. Der Erstflug des sogenannten Demonstrator-Prototyps des Kampfjets ist für 2026 geplant. Dassault ist gemeinsam mit Airbus bei dem FCAS-Projekt federführend.