Evergrande findet aus Börsenloch
nh Schanghai
− Beim krisengeschüttelten chinesischen Immobilienkonzern China Evergrande Group zeichnet sich ein zumindest vorläufiger Befreiungsschlag ab, der leidgeprüfte Aktien- und Bondanleger wieder etwas Hoffnung schöpfen lässt. In einer Mitteilung an die Hongkonger Börse hat die von hoher Überschuldung und allfälligen Zahlungsschwierigkeiten geprägte Evergrande wissen lassen, dass sie sich in Gesprächen mit Drittparteien befindet, um ihre Beteiligungen an zwei separat in Hongkong gelisteten Tochtergesellschaften herunterzufahren. Dabei handelt es sich um das Start-up-Unternehmen für den Bau von Elektrofahrzeugen Evergrande New Energy Vehicles und den Gebäudemanager Evergrande Property Services. Bereits zu Wochenbeginn waren konkrete Spekulationen aufgekommen, dass Evergrande mit dem partiellen Verkauf dieser beiden Einheiten neue Wege geht, um sich aus der akuten Liquiditätskrise zu befreien.
Kräftige Kursrally
Die Aktie des größten Wohnimmobilienentwicklers in China, Evergrande Real Estate Group, zog am Mittwoch um weitere 7,8% an und hat nun binnen drei aufeinanderfolgender Handelstage knapp 22% an Boden gutgemacht. Auch bei Evergrande NEV legte der Kurs in den vergangenen drei Tagen kräftig um gut 17% zu. Die Aktie des erst im Dezember an die Börse gekommenen Gebäudedienstleisters Evergrande Property Service wiederum ist seit Wochenbeginn um gut 32% in die Höhe geschnellt, nachdem sie am vergangenen Freitag auf ein Allzeittief gesunken war. Dem Vernehmen nach dürfte Evergrande bemüht sein, ihre Kontrollmehrheit bei den beiden nach einem Spin-off an die Börse gebrachten Einheiten nicht einzubüßen. Nach Analystenberechnungen würde das bedeuten, dass die vom Milliardär Hui Ka Yan gegründete und geführte Konzernmutter China Evergrande Group in etwa 3,2 Mrd. Dollar über die beiden Transaktionen vereinnahmen kann und dennoch in Sachen unternehmerischer Führung im Sattel bleibt.
Fokus auf Schuldenquote
Evergrande sieht sich wegen verschärfter Auflagen der chinesischen Regierung gezwungen, ihren Schuldenberg deutlich abzutragen und dabei das Verhältnis der Nettoverschuldung zum Eigenkapital unter die mittlerweile höchstzulässige Grenze von 100% zu drücken. Ende Juni hatte Evergrande bekannt gegeben, erstmals wieder unter der sogenannten roten Linie zu stehen, und kam laut Analysten dabei auf eine Quote von 99%. Bei Realisierung der nun angedeuteten Beteiligungsreduzierung könnte die Quote auf einen speziell für Bondanleger beruhigenderen Wert von 90% sinken.