Prognose gesenkt

Evotec im freien Fall

Nach einer Prognosesenkung stürzten die Papiere des Pharmawirkstoffforscher und -entwicklers Evotec ab. Der Frust der Investoren steigt.

Evotec im freien Fall

Der Pharmawirkstoffforscher und -entwickler Evotec hat nach einer enttäuschenden Umsatzentwicklung und hohen Kosten vor einem überraschend starken Gewinneinbruch gewarnt. „Wir stehen vor Herausforderungen, die dringend angegangen werden müssen“, sagte Konzernchef Christian Wojczewski laut Mitteilung vom Dienstagabend. An der Börse wurde die Nachricht am Mittwoch mit Schrecken aufgenommen.

Die Aktie brach im frühen Handel bis zu fast 40% ein. Zuletzt stand ein Minus von 34% auf 5,46 Euro auf dem Kurszettel. Damit beschleunigte sich die jüngste Talfahrt noch einmal. In diesem Jahr büßte die Aktie rund drei Viertel ihres Werts ein. Im Vergleich zum Mehrjahreshoch von fast 46 Euro im September 2021 sackte der Börsenwert um fast 90% auf zuletzt nur noch 995 Mill. Euro.

Umsatz und Gewinn unter Erwartung

Die neuen Erwartungen an Umsatz und Gewinn liegen klar unter den Prognosen von Experten. Der Fachmann Benjamin Jackson vom Analysehaus Jefferies rechnete vor: „Das neue Umsatzziel liegt um 6 bis 9% unter den Erwartungen. Das Ziel für das bereinigte operative Ergebnis unterbietet die Markterwartung sogar um 60 bis 80%.“ Die Verschiebung eines für Oktober angesetzten Kapitalmarkttages dürfte den Frust der Investoren noch erhöhen.

Angekratzte Glaubwürdigkeit

Analyst Charles Weston von der kanadischen Bank RBC schrieb etwas ratlos: „Warum hat es bis August gedauert, um den Ausblick derart stark zu senken?“ Die bereits angekratzte Glaubwürdigkeit des Managements nach mehrfachen Kürzungen nehme weiteren Schaden. Investoren dürften jedenfalls nicht davon ausgehen, dass sich ihre Fähigkeit zu Vorhersagen oder Ausblicken verbessert habe.

Die Investmentbank Oddo BHF reagierte mit Blick auf die Einstufung der Evotec-Aktien prompt und stufte die Papiere von „Outperform“ auf „Neutral“ ab. Mit der Einstufung „Neutral“ rechnen die Analysten von Oddo BHF auf Sicht von zwölf Monaten nur noch damit, dass sich die Anteilsscheine ähnlich entwickeln wie ein Vergleichsindex, der zum Beispiel den Sektor widerspiegeln kann. Das Kursziel wurde von 13,50 Euro auf 7,50 Euro eingedampft.

Wie das im MDax notierte Unternehmen mitteilte, soll der Umsatz 2024 nur noch auf 790 bis 820 Mill. Euro steigen. Gegenüber dem Vorjahreswert von gut 781 Mill. entspräche dies einem Plus im niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentbereich. Bisher hatte der Vorstand ein niedriges, zweistelliges Wachstum versprochen.

Der Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) soll dagegen deutlich kleiner ausfallen als ein Jahr zuvor. Statt eines mittleren zweistelligen Wachstums geht Evotec jetzt von einem mittleren zweistelligen Rückgang aus. Mit 15 bis 35 Mill. Euro dürfte es deutlich unter dem Vorjahreswert von gut 66 Mill. liegen.

Weniger Forschungsausgaben

Evotec argumentierte, dass das Forschungssegment in einem „herausfordernden Umfeld“ weniger Umsatz gemacht habe. Der Erlösrückgang liege im hohen einstelligen Prozentbereich. Zugleich drückten die Kosten für den Kapazitätsaufbau bei der Biologika-Tochter Just-Evotec Biologics auf den operativen Gewinn.

Zugleich fährt Evotec seine Forschungsausgaben stärker zurück als gedacht. Diese sollen im laufenden Jahr nur noch 50 bis 60 Mill. Euro liegen. Bislang war von einer mittleren einstelligen bis niedrig zweistelligen Reduzierung die Rede, nachdem Evotec im vergangenen Jahr knapp 65 Mill. Euro dafür aufgewendet hatte.