Evotec im freien Fall
Der Pharmawirkstoffentwickler Evotec hat nach einer enttäuschenden Umsatzentwicklung und hohen Kosten vor einem überraschend starken Gewinneinbruch gewarnt. „Wir stehen vor Herausforderungen, die dringend angegangen werden müssen“, sagte Konzernchef Christian Wojczewski laut Mitteilung vom Dienstagabend. An der Börse wurde die Nachricht mit Schrecken aufgenommen. Die Aktie brach am Mittwoch im Handelsverlauf 37% ein.
In diesem Jahr büßte die Aktie bereits rund drei Viertel ihres Werts ein. Im Vergleich zum Mehrjahreshoch von fast 46 Euro im September 2021 sackte die Notierung um fast 90% ab. Der Börsenwert schrumpfte auf zuletzt weniger als 1 Mrd. Euro.
Umsatz und Gewinn unter Erwartung
Die neue Guidance für Umsatz und Gewinn bleibt klar hinter den Prognosen von Experten zurück. Der Analyst Benjamin Jackson von der Investmentbank Jefferies rechnet vor: „Das neue Umsatzziel liegt um 6 bis 9% unter den Erwartungen. Das Ziel für das bereinigte operative Ergebnis unterbietet die Markterwartung sogar um 60 bis 80%.“ Die Verschiebung eines für Oktober angesetzten Kapitalmarkttages dürfte den Frust der Investoren noch erhöhen.
Angekratzte Glaubwürdigkeit
Der Analyst Charles Weston von der kanadischen Bank RBC schreibt etwas ratlos: „Warum hat es bis August gedauert, um den Ausblick derart stark zu senken?“ Die nach mehrfachen Kürzungen bereits angekratzte Glaubwürdigkeit des Managements nehme weiteren Schaden. Investoren dürften jedenfalls nicht davon ausgehen, dass sich ihre Fähigkeit zu Vorhersagen oder Ausblicken verbessert habe.
Die Bank Oddo BHF reagierte mit Blick auf die Einstufung der Evotec-Aktien prompt und stufte die Papiere von „Outperform“ auf „Neutral“ ab. Mit der Einstufung „Neutral“ rechnen die Analysten von Oddo BHF auf Sicht von zwölf Monaten nur noch damit, dass sich die Anteilsscheine ähnlich entwickeln wie ein Vergleichsindex, der zum Beispiel den Sektor widerspiegeln kann. Das Kursziel wurde von 13,50 Euro auf 7,50 Euro eingedampft.
Wie das im MDax notierte Unternehmen mitteilte, soll der Umsatz 2024 nur noch auf 790 Mill. bis 820 Mill. Euro steigen. Gegenüber dem Vorjahreswert von gut 781 Mill. Euro entspräche dies einem Plus im niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentbereich. Bisher hatte der Vorstand ein niedriges, zweistelliges Wachstum versprochen.
Weniger Forschungsausgaben
Der Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) soll dagegen deutlich kleiner ausfallen als ein Jahr zuvor. Statt eines mittleren zweistelligen Wachstums geht Evotec jetzt von einem mittleren zweistelligen Rückgang aus. Mit 15 Mill. bis 35 Mill. Euro dürfte es deutlich unter dem Vorjahreswert von gut 66 Mill. liegen. Evotec argumentiert, dass das Forschungssegment in einem „herausfordernden Umfeld“ weniger Umsatz gemacht habe.
Der Erlösrückgang liege im hohen einstelligen Prozentbereich. Zugleich drückten die Kosten für den Kapazitätsaufbau bei der Biologika-Tochter Just-Evotec Biologics auf den operativen Gewinn.
Zugleich fährt Evotec seine Forschungsausgaben stärker zurück als gedacht. Diese sollen im laufenden Jahr nur noch 50 bis 60 Mill. Euro liegen. Bislang war von einer mittleren einstelligen bis niedrig zweistelligen Reduzierung die Rede, nachdem Evotec im vergangenen Jahr knapp 65 Mill. Euro dafür aufgewendet hatte.