Firmen fürchten Liquiditätsklemme

Umfrage von Boston Consulting: Ein Drittel der Befragten hält nicht länger als drei Monate durch

Firmen fürchten Liquiditätsklemme

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie lassen Unternehmen das Schlimmste befürchten. Zahlreiche Unternehmen sehen einen Liquiditätsengpass auf sich zukommen, wie aus einer Umfrage der Boston Consulting Group hervorgeht. ab Düsseldorf – Es sind erschreckende Zahlen, die eine Umfrage der Boston Consulting Group (BCG) zutage fördert: Mehr als die Hälfte der Unternehmen gehen davon aus, dass die Viruskrise die Wirtschaft länger als sechs Monate in Atem halten wird. Zudem gab ein Drittel der Befragten an, den Shutdown nicht länger als drei Monate auszuhalten, ohne selbst in eine Liquiditätsklemme zu geraten, wie Matthias Tauber, Deutschlandchef von Boston Consulting, im Pressegespräch sagte. Mehr als die Hälfte wünschen sich finanzielle oder regulatorische Unterstützung. Seit April habe etwa ein Viertel der Großunternehmen, die vornehmlich befragt wurden, damit begonnen, Unternehmen aus der eigenen Lieferkette zu unterstützen.Wenngleich sich die Berater bewusst sind, dass die Umfrage keineswegs repräsentativ ist – kumuliert haben bis 1. April 274 Unternehmen weltweit teilgenommen -, gibt die Befragung doch ein recht anschauliches Bild der Stimmung in der Wirtschaft wieder. Das zeigt sich daran, dass in ersten Woche der Befragung – begonnen wurde am 7. März – erst 24 % der Befragten mit einer Beeinflussung über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten rechneten. Diese Krise unterscheide sich fundamental von den Krisen der jüngeren Vergangenheit. Das liege an der Geschwindigkeit, mit der sich das Virus ausbreite und sich die Lage verschlechtere, sowie der damit Hand in Hand gehenden Unsicherheit, ist Tauber überzeugt.Wie schnell diese überwunden wird, dafür hat BCG vier Szenarien entworfen. Unterschiede gibt es in allen Szenarien zwischen China auf der einen Seite und Europa und den USA auf der anderen Seite, wie Nikolaus Lang, Leiter der Praxisgruppe “Global Advantage”, ausführte. In dem etwas optimistischeren Szenario kommt es in China in diesem Jahr mit einem Plus von lediglich 2,3 % zu einem deutlich geringeren Wachstum als bislang projiziert (5,9 %), dem im kommenden Jahr aber eine rasante Erholung – Wachstum von 7 % – folgt. In Europa und den USA wird die Wirtschaft 2020 dagegen um 0,7 % bzw. 0,5 % schrumpfen, bevor sie 2021 wieder auf den vorherigen Wachstumspfad zurückkehrt.Im anderen Szenario wird die chinesische Wirtschaft 2020 ebenfalls leicht schrumpfen (- 0,2 %), gefolgt von einem Wirtschaftswachstum von 5,9 % im kommenden Jahr. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass es im Reich der Mitte nicht zu einer weiteren Infektionswelle kommt.Für Europa und die USA wäre in diesem Fall dagegen im laufenden Zyklus mit einem tieferen Rückgang von -1,8 % bzw. -1,6 % des Bruttoinlandsprodukts zu rechnen, bevor es 2021 wieder auf den Wachstumspfad der vor der Krise erwartet wurde, zurückgeht. Im Endeffekt wird der Wirtschaftseinbruch in Europa und den USA mindestens so groß ausfallen wie in der Finanzkrise 2008, glauben die Unternehmensberater. Vorbereitung auf RezessionDass China einen deutlichen Vorsprung hat, liegt nicht nur daran, dass die Volksrepublik als Erste in die Krise geriet, sondern dass die dort ergriffenen Maßnahmen deutlich restriktiver ausfielen. Inzwischen sei das Wirtschaftsleben wieder angesprungen, sagte Lang mit Verweis auf den Kohleverbrauch, der wieder 80 bis 90 % des Vorkrisenniveaus erreicht habe, die Anzahl der Immobilientransaktionen, die über dem Niveau von vor der Krise liege, und die Nutzung der U-Bahnen, auch wenn hier erst wieder 60 % des Vorkrisenniveaus erreicht seien.Inzwischen erwarteten mehr als 92 %, dass die Weltwirtschaft einer Rezession gegenübersteht. Etwa 60 % der Befragten haben nach Taubers Angaben bereits mit Vorbereitungen für dieses Szenario begonnen. Ganz oben auf der Agenda stehen das Cash-Management, die Anpassung der Investitionspläne und Maßnahmen zur Eindämmung der Kosten. Die Notwendigkeit, die Dividendenpolitik oder Aktienrückkaufpläne anzupassen, wird dagegen mehrheitlich (53 %) nicht gesehen. Übernahmemöglichkeiten, die sich womöglich auch aus dem globalen Abschwung ergeben, neu zu bewerten, halten 60 % der Befragten für angezeigt, 40 % verfolgen keine entsprechenden Pläne.Je länger der Shutdown anhält, desto intensiver beschäftigen sich die Unternehmen auch mit der Frage, wie es nach der Krise weitergeht. Erst vergangene Woche gab mehr als die Hälfte der Befragten an, sich mit entsprechenden Szenarien zu beschäftigen. Mit einer raschen Rückkehr zur Normalität ist allerdings nicht rechnen, wie Alexander Türpitz, Leiter der Praxisgruppe “Public Sector”, ausführte. Bevor mit der schrittweisen Lockerung der Maßnahmen begonnen werden könne, müsse die Zahl der Neuinfektionen deutlich zurückgehen. Da es zwischenzeitlich aber mehr Transparenz gebe und Maßnahmenkataloge vorlägen, könne die schrittweise Öffnung zielgenau und regional differenziert angegangen werden.