Flugverkehr kommt zögernd in Gang
Mehr Reisende zögern inzwischen wieder zu fliegen als noch im April. Das vergrößert die Unsicherheit für Fluggesellschaften, von denen viel ihr Geld vor allem im Sommer verdienen. Die IATA warnt deshalb vor einem harten Winter. Sie appelliert an Regierungen, Airlines weiter finanziell zu unterstützen. wü Paris – Die Covid-19-Pandemie hinterlässt tiefe Spuren in den Ergebnissen der weltweiten Fluggesellschaften – und es ist bisher kein Ende in Sicht. Der globale Flugverkehr kommt nach den starken Einbrüchen im April nur schleppend wieder in Gang. Deshalb dürften Airlines in diesem Jahr weltweit die Hälfte ihrer Umsätze einbüßen und einen Verlust von zusammen 84,3 Mrd. Dollar verbuchen, erwartet der Branchenverband IATA. Er warnt, dass die Luftverkehrsindustrie vor einem harten Winter steht, da die meisten Fluggesellschaften ihr Geld im Sommer verdienen und viele selbst in normalen Zeiten in den Wintermonaten zu kämpfen hätten, um profitabel zu bleiben.Bisher ziehen die Buchungen nach den Lockerungen der Reisebeschränkungen nur zögerlich wieder an. Sie lägen im Juni noch immer 82 % unter dem Niveau des Vorjahresmonats, erklärte IATA-Chefökonom Brian Pearce. Inzwischen scheinen Verbraucher weniger Lust zu haben, wieder ein Flugzeug zu besteigen, als es während des Höhepunkts der Pandemie geäußert wurde. So gaben in einer Anfang Juni von dem Branchenverband durchgeführten Umfrage nur 45 % der befragten Flugreisenden an, innerhalb weniger Monate nach Rückgang der Covid-19-Pandemie wieder ein Flugzeug besteigen zu wollen. 36 % erklärten, dass sie sechs Monate warten wollten. Noch im April hatten 61 % der von der IATA Befragten gesagt, innerhalb weniger Monate nach Abklingen wieder fliegen zu wollen. Damals wollten nur 21 % ein halbes Jahr damit warten.Reisende seien eher vorsichtiger geworden, meint Chefökonom Pearce. Auch buchten inzwischen sehr viel mehr Reisende relativ kurzfristig, was daran liegen dürfte, dass bisher nur schwer abzusehen war, wie einzelne Länder ihre Reisebeschränkungen für Fluggäste aus dem Ausland lockern wollen. Laut Pearce wurden im Mai 41 % der Flugtickets innerhalb von drei Tagen vor dem Abflugdatum gebucht, während es vor einem Jahr nur 18 % waren. Das mache es schwierig für Fluggesellschaften, den Bedarf einzuschätzen und ihre Flugpläne zu erstellen, sagte Pearce. Gleichzeitig ist die Nachfrage nach Langstreckenflügen noch immer nahezu null. Harter Winter steht bevorReisende würden wieder fliegen, doch gleichzeitig stiegen die durch die Covid-19-Krise ausgelösten Unsicherheiten, erklärte IATA-Chef Alexandre de Juniac. Gerade Fluggesellschaften der nördlichen Hemisphäre benötigten jedoch eine starke Sommersaison und eine vorhersehbare Buchungskurve, um die schwachen Wintermonate überstehen zu können. “Aber keine dieser Bedingungen ist gegeben, und so werden Fluggesellschaften weiterhin Hilfe von den Regierungen benötigen, um einen harten Winter zu überleben.”Entsprechend appellierte der Branchenverband nun an Regierungen, Fluggesellschaften finanziell weiter zu unterstützen, ohne den stark gestiegenen Schuldenstand weiter zu erhöhen. Er plädierte zudem dafür, Airlines länger als geplant Flexibilität bei zugeteilten Slots zu gewähren. Normalerweise müssen Airlines 80 % der genehmigten Slots nutzen. Die Europäische Union hat diese Regel bis Ende Oktober gelockert. Diese Lockerung müsse in die Wintersaison hinein gelten, fordert IATA-Chef de Juniac nun. “Das wird ihnen die Flexibilität geben, die sie brauchen, um sich darauf konzentrieren zu können, die sich verändernde Passagiernachfrage zu bedienen.”