Frauen erobern die Aufsichtsräte

Unter den zehn mächtigsten Dax-Kontrolleuren ist allerdings erst eine Dame

Frauen erobern die Aufsichtsräte

ds Frankfurt – “Male, stale, frail”, also männlich, fad, gebrechlich: So waren Boards und Aufsichtsräte jahrzehntelang. Doch es tut sich was. War vor einer Dekade nur rund jedes achte Aufsichtsratsmitglied im Dax weiblich, so ist es jetzt schon jedes dritte. Die Aufsichtsratsfrauenquote im deutschen Blue-Chip-Index ist in der Zeit von 2009 bis 2019 (Stichtag 31. August) von 12,9 % auf 35,7 % geklettert. Zu diesem Ergebnis kommt die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) in ihrer jährlichen Aufsichtsratsstudie, die schon in 17. Auflage erscheint.Interessanterweise gehöre mit Wirecard ein Dax-Neuling zu den Gesellschaften mit dem höchsten Frauenanteil im Aufsichtsrat, sagte Christiane Hölz, Landesgeschäftsführerin NRW der DSW, bei der Präsentation der Studie in Frankfurt. Drei der sechs Aufsichtsratsmitglieder von Wirecard sind Frauen. Gleiches gelte auch für das Dax-Schwergewicht SAP, bei dem ebenfalls die Hälfte des 18-köpfigen Kontrollgremiums weiblich ist. Bei SAP hätten Investoren massiv darauf gedrungen, dass der vorige Aufsichtsrat “entaltert” werde und “frisches Blut” hereinkomme, sagte Hölz und fügte schmunzelnd an: “Und es haben sich genug geeignete Damen gefunden.” MännerdomäneMacht konzentriert sich aber immer noch stark bei den Männern. Den Posten als Aufsichtsratschefin hat im Dax mit Simone Bagel-Trah bei Henkel aktuell nur eine Frau inne. Und unter den zehn mächtigsten Aufsichtsräten im Dax, die die DSW nach einem Punktesystem ermittelt, taucht mit Ann-Kristin Achleitner auf Platz 10 gerade einmal eine Frau auf.Mächtigster deutscher Aufsichtsrat ist nach dem DSW-Punkteschema wie im Vorjahr Ex-Merck-Chef Karl-Ludwig Kley, der die Kontrollgremien von Eon und Lufthansa führt sowie ein Mandat bei BMW hat. Paul Achleitner, Aufsichtsratschef von Deutscher Bank und dazu mit Mandaten bei Bayer und Daimler ausgestattet, steigt von Rang 3 auf den zweiten Platz. Einen großen Sprung von Platz 20 auf den dritten Rang macht Nikolaus von Bomhard, der die Kontrollgremien von Deutscher Post sowie Munich Re führt. Ann-Kristin Achleitner auf Rang 10 ist zudem als einzige in der Liste der mächtigsten zehn Aufsichtsräte nicht mit einem Chefkontrolleursposten gesegnet – sie hat lediglich zwei einfache Aufsichtsratsmandate bei Linde und Munich Re. Für kurze Zeit war mit der früheren Bosch-Managerin Martina Merz als Thyssenkrupp-Chefkontrolleurin eine zweite Frau an der Spitze eines Dax-Aufsichtsrats, doch Thyssen stieg gerade in den MDax ab und Merz zur Vorstandschefin bei dem strauchelnden Industriekonzern auf. Achleitner schießt Vogel abIm Schnitt bleiben Dax-Aufsichtsräte unverändert gut fünf Jahre im Amt, hat die Erhebung ergeben, wobei ein Aufsichtsratsvorsitzender im Schnitt 8,2 Jahre durchhält. Das sogenannte “Overboarding”, also die Häufung von Aufsichtsratsmandaten, sieht die DSW kritisch, weil sie zu einer Überlastung führe. Paul Achleitner schießt hier den Vogel ab. Er hatte 2018 insgesamt 77 Sitzungen zu bewältigen, bei denen er laut Protokoll an 76 präsent war. Immerhin sei es für ihn nicht erneut zu einer derart hohen Belastung gekommen wie 2016, als er insgesamt 104 Termine zu bewältigen hatte. Mit insgesamt 858 000 Euro für 2018 strich Achleitner die höchste Vergütung im Dax ein – vor Norbert Reithofer (BMW) mit 640 000 und Gerd Krick (Fresenius) mit 620 000 Euro.