Frauen im öffentlichen Sektor gesucht

Familienministerin Giffey: Reine Männerclubs sind nicht mehr zeitgemäß

Frauen im öffentlichen Sektor gesucht

br Frankfurt – Die gesetzliche Frauenquote für die Privatwirtschaft zeigt Wirkung. Im öffentlichen Sektor dagegen stagniert die Vergabe von Spitzenpositionen an Frauen weiterhin, wie der vom Frauen in die Aufsichtsräte e.V. (Fidar) veröffentlichte WoB-Index (Public Women ob Board) zeigt. Der Frauenanteil in den Aufsichtsgremien der größten öffentlichen Unternehmen ist Stand Januar 2019 zwar erstmals über die 30-Prozent-Marke gestiegen – und liegt mit dem Frauenanteil in den Aufsichtsräten der Dax-Unternehmen nunmehr gleichauf. Allerdings stieg der Anteil von Frauen nur geringfügig um 1,8 Prozentpunkte auf 30,8 %. Bei Topmanagement-Positionen sank der Frauenanteil zum Vorjahr indes leicht auf 18 %. VorbildfunktionEntsprechend alarmierend waren die Stimmen auf dem Fidar-Forum, wo die Ergebnisse vorgestellt wurden. “Die Unternehmen der öffentlichen Hand sind dabei, ihren Vorsprung in Diversity-Fragen gegenüber der Privatwirtschaft einzubüßen”, warnte die Präsidentin des Fidar, Monika Schulz-Strelow. In der Privatwirtschaft habe die gesetzliche Quote für den notwendigen Druck gesorgt – aber die Quote greife bei den öffentlichen Unternehmen nicht. So werde der öffentliche Sektor “seiner Vorbildfunktion nicht gerecht”. Schulz-Strelow fordert Unternehmen dazu auf, Zielgrößen sowie die seit vier Jahren bestehende gesetzliche Vorgabe endlich ernst zu nehmen, konkrete Ziele für den Frauenanteil in Führungspositionen zu definieren, zu veröffentlichen und deren Umsetzung voranzutreiben.Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Franziska Giffey, betonte: “Reine Männerclubs sind nicht mehr zeitgemäß.” Das Gesetz zur Gleichstellung müsse nicht evaluiert werden, vielmehr hake es in der Umsetzung, weswegen man auch über “Sanktionen nachdenken” müsse. Bundesfinanzminister Olaf Scholz ermahnte die Verantwortlichen des öffentlichen Sektors an ihre Vorbildfunktion, die gleichberechtigte Teilhabe durchzusetzen.Das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (FüPoG) vom Mai 2015 habe bei 105 untersuchten Dax-, MDax- und SDax-Unternehmen dafür gesorgt, dass der Frauenanteil in den Aufsichtsräten signifikant gestiegen sei. Im öffentlichen Sektor sei hingegen noch kein wesentlicher Impuls für eine Verbesserung des Frauenanteils im Gesamtgremium ausgegangen. Durch das Gesetz sollten eigentlich seit dem vergangenen Jahr 50 % der vom Bund in die Aufsichtsgremien entsendeten Vertretungen Frauen sein.Positiv hervorgehoben wurde der Dax-Konzern SAP, der “den Frauenanteil in Führungspositionen seit vielen Jahren nachhaltig gesteigert hat”. Dafür bekam das Unternehmen den diesjährigen WoB-Award. Nord-Süd-GefälleVon den 263 untersuchten Unternehmen mit Bundes- und Landesbeteiligungen erreichen 42 (16 %) einen Frauenanteil in den Aufsichtsgremien von 50 % oder höher. Allerdings haben 25 Unternehmen (9,5 %) einen ausschließlich männlich besetzten Aufsichtsrat. Zu den analysierten Unternehmen gehören unter anderem die Deutsche Bahn und ihre Töchter sowie verschiedene Stadt- und Wasserwerke oder auch Wohnungs- und Lottogesellschaften. Erstmals umfasste die Studie auch ein Ranking der gleichberechtigten Teilhabe nach Bundesländern. Spitzenreiter beim durchschnittlichen Frauenanteil in den Aufsichtsgremien sind Berlin, Brandenburg und Hamburg. Die Schlusslichter waren Bayern, Saarland und Sachsen.